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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2018

eigenwillig

Der Südelefant
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Der Südelefant ist ein ausgestorbenes Exemplar, dem Mammuth verwandt. Ein ungewöhnlicher, origineller Titel, der deswegen zu Archil Kikodze Text passt, der das Leben in der georgischen Stadt Tbilissi auf ...

Der Südelefant ist ein ausgestorbenes Exemplar, dem Mammuth verwandt. Ein ungewöhnlicher, origineller Titel, der deswegen zu Archil Kikodze Text passt, der das Leben in der georgischen Stadt Tbilissi auf eigenwillige Weise zeigt.
Wild, intellektuell, unangepasst ist der Protagnonist auf der Suche nach dem Lebensgefühl der Stadt. Dabei schwingt mit den Erinnerungen auch die Geschichte des Landes mit. Überwiegend sind es die Gedanken und Reflektionen der Hauptfigur, die den Roman bestimmen.
Die Hauptfigur ist Filmemacher. Einflüsse von Außen sind daher häufig Filme, über die gesprochen oder an die gedacht werden: Akira Kurosowa, Tarkowski, Ingmar Bergmann, oder auch Bogart. Ich kann damit viel anfange, aber es wird auch Leser geben, denen das nichts sagt. Den ganzen Text kann man lesen wie man einen Arthouse-Film sehen würde.
Man folgt dem Protagonisten, der ziellos durch die Stadt wandert, kommt zum Beispiel zum Marjanischwilli-Platz, überquert die Galaktioni-Brücke oder erreicht Sololaki, einem Stadtviertel im historischen Zentrum. Erwähnenswert auch der Woronzow-Platz, die Art nouveau, den Jugendstilhäuser und das Ufer des Flusses Mtkvari, dieverse Parks und Gärten etc.
Archil Kikodze schreibt teilweise sehr detailreiche Ortsbeschreibungen. Das erzeugt eine eigenwillige Atmosphäre.

Der Südelefant ist ein Buch, dass es dem deutschen Leser erlaubt, einen etwas anderen Blick auf Georgien zu werfen.

Veröffentlicht am 07.09.2018

zurückhaltend

Ein Start ins Leben
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Ein Start ins Leben ist der erste Roman der britischen Autorin Anita Brookner. Diese Autorin hat wirklich Klasse, sie schreibt elegant und mit Understatement, ziemlich zurückhaltend. Dadurch hebt sie sich ...

Ein Start ins Leben ist der erste Roman der britischen Autorin Anita Brookner. Diese Autorin hat wirklich Klasse, sie schreibt elegant und mit Understatement, ziemlich zurückhaltend. Dadurch hebt sie sich ab von anderen Schriftstellern.
Bemerkenswert auch die lange Einleitung von Julian Barnes in das Buch, wobei er von seinen Begegnungen mit Anita Brookner und ihren Qualitäten berichtet.

Wie der Stil der Autorin sind auch die Figuren, zurückhaltend, nicht ohne Emotionen, doch diese behalten sie größtenteils für sich. Diese inneren Konflikte sind das große Thema von Anita Brookner.

Die Handlung erzählt von einer Frau, Ruth, wie sie aufwächst und schließlich als junge Frau nach Paris geht, doch die Erkrankungen ihrer Eltern zwingt sie zur Rückkehr nach England.
Viele Spannungsmomente gibt es nicht, der Plot bleibt immer dicht an der Figur und ist realistisch geschildert.
Man braucht Geduld und Ausdauer für den Roman, aber viele gute Beschreibungen und ausgearbeitet Details entschädigen dafür.

Veröffentlicht am 04.09.2018

hypersensibel

Hysteria
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Hysteria ist einer der Romane, die auf der Longlist zum deutschen Buchpreis 2018 stehen. Den Anfang kennt man auch schon durch den Auszug den Eckhart Nickel beim Bachmann-Wettbewerb 2017 in Klagenfurt ...

Hysteria ist einer der Romane, die auf der Longlist zum deutschen Buchpreis 2018 stehen. Den Anfang kennt man auch schon durch den Auszug den Eckhart Nickel beim Bachmann-Wettbewerb 2017 in Klagenfurt las und mit dem er sogar den Kelag-Preis gewann.

Ich mag Romane gerne, in denen die Figuren ungewöhnliche Menschen sind. Richtige Typen oder auch Unglücksvögel, den meist ist es interessant zu erfahren, wie sie dazu wurden und es macht Spaß, ihren skurrilen Gedanken zu folgen.
Der Protagonist Bergheim gehört aufgrund seiner Nervösität und Hypersensibilität dazu. Sein Blick auf die Umgebung nimmt er erschreckend war. Aber wenn wirklich genau hinsieht, schaut manches alltägliches bedrohlicher aus als man erwarten würde.Manches zu ausführlich für meinen Geschmack.

Bergheim trauert auch noch seiner großen Liebe Charlotte nach, obwohl die ihn schon vor vielen Jahren verlassen hat und sie trifft er jetzt wieder.
Eckhart Nickel schreibt genau und präzise, sprachlich wirklich ein Fest. Er ist offenbar einen weiten Weg gegangen seit er in seinen Anfängen der Popliteratur zugeordnet wurde. Die positiven Aspekte dieses Genres hat er behalten, sich aber literarisch weiterentwickelt. Obwohl es kein explizit spannendes Buch ist, findet man einige originelle Passagen.

Veröffentlicht am 02.09.2018

nett und harmlos

Redwood Love – Es beginnt mit einem Blick
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Die Handlung von „Redwood love – Es beginnt mit einem Blick“
dürfte aufgrund des Klappentextes und vieler Rezensionen bereits mehr als bekannt sein, daher gleich zu meinem Eindruck. Es ist ein harmloser, ...

Die Handlung von „Redwood love – Es beginnt mit einem Blick“
dürfte aufgrund des Klappentextes und vieler Rezensionen bereits mehr als bekannt sein, daher gleich zu meinem Eindruck. Es ist ein harmloser, sehr amerikanischer Roman, der das Genre nicht neu erfindet. Bekannte Versatzstücke werden verwendet, doch gut zusammengefügt und es funktioniert auch ein weiteres mal. Man kann sich Redwood Love gut als US-amerikanischer Fernsehserie für die Familie vorstellen, das Niveau ist im Prinzip vergleichbar. Das ist nicht negativ gemeint, da ich solche Serien manchmal ganz gerne sehe. Genau wie mein Eindruck, dass es sich um einer Verherrlichung des Kleinstadtlebens handelt, in dem Werte zählen, die Menschen sich alle kennen und zusammenhalten.
Für Avery, die aus San Francisco kommt, müsste der Kulturschock im verschneiten Oregon eigentlich noch größer sein, aber da sie mit ihrer kleinen autistischen Tochter einen Bedarf an Hilfestellung und Zusammenhalt hat, ist sie hier in Redwood ganz richtig.
Manche Figuren sind leicht karikaturhaft, so etwa Rosa, die Tante der Tierärzte. Rosa wirkt als wäre sie direkt aus der Serie Gilmore Girls entliehen. Gleichzeitig sorgt sie und ein paar andere Figuren für die nötige Portion Humor.
In der zweiten Hälfte dominieren die Beschreibungen der Liebesbeziehung, was leicht langweilen kann.

Das Buch setzt sehr auf Emotionen, überzeugt durch die sympathsichen Figuren und einen warmherzigen, wenn auch vorhersehbaren Plot.

Veröffentlicht am 02.09.2018

In Zeiten der Wirtschaftskrise

Alligatoren
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Schon der Anfang beschwört ein mächtiges Bild hervor, der Zweikampf einer Frau und einem Alligator ist sinnbildlich für den Kampf ums überleben.
Auch die nachfolgenden Kapitel verfügen über große Bildsprache.
Im ...

Schon der Anfang beschwört ein mächtiges Bild hervor, der Zweikampf einer Frau und einem Alligator ist sinnbildlich für den Kampf ums überleben.
Auch die nachfolgenden Kapitel verfügen über große Bildsprache.
Im Mittelpunkt stehen Frauen und ihre notleidenden Familien. Ab und zu wechseln die Erzähler, man muss als Leser auf die Kapitelangaben dazu achten.

Es ist die zweifelhafte Atmosphäre des amerikanischen Südens Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Beim Lesen spürt man die Hitze und Schwüle, die Armut und Not wird drastisch vermittelt, z.B. durch den schlechten körperlichen Zustand der ausgehungerten Kinder.
Das ist bedrückend und hier muss ich eine Warnung aussprechen: Der Roman kann den Leser schon etwas herunterziehen.
Aber in diesem Buch ist es ein Kampf der Frauen in einer wirtschaftlich schweren Zeit und es sind starke Persönlichkeiten. Ein Buch, dass mir als Leser nahe geht!