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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2018

hartes Buch, zu aufgesetzt

Bungalow
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Helene Hegemanns Bungalow ist ein relativ hartes Buch, das ein düsteres Weltbild zeigt.
Die Erzählerin ist eine Schülerin, im Zeitraum der Handlung ca. 14 - 17 Jahre alt. Challie lebt mit ihrer alkoholkranken, ...

Helene Hegemanns Bungalow ist ein relativ hartes Buch, das ein düsteres Weltbild zeigt.
Die Erzählerin ist eine Schülerin, im Zeitraum der Handlung ca. 14 - 17 Jahre alt. Challie lebt mit ihrer alkoholkranken, gewalttätigen und unberechenbaren Mutter im sozialen Abseits.
Manche Passagen sind ziemlich krass, umso irriterender, das einige Szenen dann wieder auch so banal und aufgesetzt wirken. Zu dem Mädchen findet man über die bloße Oberfläche hinaus wenig Zugang.
Ihre Situation der Verwahrlosung kann einem als Leser nur leid tun. Die gewalttätigen Passagen sind tatsächlich prägend, viel Perspektive hat Charlie aber auch im alltägllichen nicht. Sie wehrt sich dagegen mit Sarkasmus, aber das bewahrt sie auch nicht vor Verzweiflung, wenn ihre Pschomutter mal wieder abstürzt.

Charlie wohnt mit ihrer Mutter in einer Wohnung, auf der anderen Straßenseite gibt es Bungalows,
da wohnen die Leute mit Geld. Die neuesten Nachbarn sind Marie und Georg, ein exzentrisches Paar, mit denen ich als Leser nicht viel anfangen kann. Sie wirken auf mich nicht real.

Das nebenbei eine ökologische Katastrophe und Krieg die Welt bedroht nimmt man nur nebenbei wahr. Eigentlich läuft das nach meiner Lesart ins Leere, das war aber auch schon bei Juli Zehs noch neuen Roman "Leere Herzen" so, weil man das Thema Apokalypse nicht mal eben so bringen kann.

Manche der gelungenen Passagen bleiben sicher länger im Gedächtnis.
Dennoch, am Ende bleibe ich mit dem Buch überwiegend ratlos zurück.

Veröffentlicht am 25.08.2018

Lesefest

Sültzrather
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Der Roman Sültzrather, wenn man dieses Buch überhaupt als Roman bezeichnen kann, ist ein literarisches Lesefest.
Es ist ein Buch mit experimentellen Einschlägen, konsequent wird außer Namen alles klein ...

Der Roman Sültzrather, wenn man dieses Buch überhaupt als Roman bezeichnen kann, ist ein literarisches Lesefest.
Es ist ein Buch mit experimentellen Einschlägen, konsequent wird außer Namen alles klein geschrieben, aber dennoch eigentlich ganz gut lesbar.
Es ist ein Werk über einen fiktiven Österreichischen Dichter namens Vitus Sültzrather und dessen Leben und seine Literatur, die nach seinem Tod vom Autor untersucht und analysiert wird, soweit sie noch vorhanden ist. Dazu gibt es z.B. häufig einen Blick in die Notizbücher und es gibt die Biographie, die der Neffe des Dichters geschrieben hat.

Im Buch nehmen Zitate und Fußzeilen einen großen Raum ein. Es gibt so viele Fußzeilen, dass diese selbst Teil des Textes werden und man sollte nicht versäumen sie tatsächlich zu lesen.
Friederike Mayröcker hat einmal ein ganzes Buch geschrieben, das nur aus Fußzeilen bestand. So weit geht Josef Oberhollenzer nicht, sein Text bleibt leicht und verspielt. Mit der Zeit bildet sich ein spezifischer Ton heraus.
Ich würde mir wünschen, dass dieses originelle Buch es auf die Short List des Deutschen Buchpreis schafft!

Veröffentlicht am 24.08.2018

sensibel erzähltes Buch

Das Vogelhaus
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Das Vogelhaus der niederländischen Autorin Eva Meijer ist ein kleiner, aber feiner Roman über eine reale Frau, die sich für Vögel interessierte und über sie schrieb. Len Howard.

Man könnte sich wundern, ...


Das Vogelhaus der niederländischen Autorin Eva Meijer ist ein kleiner, aber feiner Roman über eine reale Frau, die sich für Vögel interessierte und über sie schrieb. Len Howard.

Man könnte sich wundern, warum diese Frau sich für Vögel wohl mehr interessierte als für Menschen, doch schnell wird klar, welche Persönlichkeiten die Vögel doch haben. Mit den Meisen Glatzköpfchen und Sternchen folgt man über Jahren den intelligenten Tieren.

Der Text wechselt kapitelweise ab zwischen dem Leben von Len Howard,ab 1900 über viele Jahrzehnte hinweg und den Passagen dazwischen, die sich der Entwicklung der Tiere widmet und ihre Zutraulichkeit zeigt, die Len Howard letztlich als Freundschaft empfindet.

Ich habe das ruhig und sensibel geschriebene Buch sehr genossen!

Veröffentlicht am 20.08.2018

Die Cazalets

Die Jahre der Leichtigkeit
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Ein gewaltiges Taschenbuch mit bemerkenswert gut gezeichneten Cover.
Was für ein enormes Buch schon dieser erste Teil der englischen Familiensaga wird, das zeigt schon der Stammbaum und die umfangreiche ...

Ein gewaltiges Taschenbuch mit bemerkenswert gut gezeichneten Cover.
Was für ein enormes Buch schon dieser erste Teil der englischen Familiensaga wird, das zeigt schon der Stammbaum und die umfangreiche Liste mit dem Romanpersonal.Davon wird man am Anfang nahezu erschlagen. Geübte Leser von Büchern dieser Art werden damit umgehen können. Es sind vier Geschwister in der reichen Familie Cazalet (Hugh, Edward, Rachel und Rupert) und ihre Frauen und Kinder. Abwechselnd werden verschiedene Figuren gezeigt. Richtig sympathsich wirken sie zunächst nicht, da sie in ihrem Auftreten manchmal herrisch gezeigt werden, am sensibelsten kommen mir die Kinder vor, Louise und Polly.
Mit der Zeit beginnt man sich für die Figuren zu interessieren.
Ein Ueitgefühl der späten dreißiger jahre entsteht schnell, zum Beispiel auch, indem Filme mit Schauspielerinnen wie Norma Searer oder Bücher von Somerset Maugham, A.J.Cronin, Margaret Mitchell und anderen erwähnt werden. Aber auch detailreiche Beschreibungen der Häuser und Zimmer, der Kleider, wie gekocht und gegessen wird und natürlich wie miteinander geredet wird.
Diese Detailbeschreibungen gehören zu den Stärken von Elizabeth Jane Howard.
Geschrieben hat sie das Buch 1990, doch der Stil kommt mir gewollt altmodischer vor. So ähnlich hat schon ein Schriftsteller wie John Galsworthy (Die Forsyte-Saga) geschrieben. Der hat immerhin den Literaturnobelpreis bekommen.

Im zweiten Teil sind die Jahre der Leichtigkeit schon bald am Schwinden, den der zweite Weltkrieg kündigt sich schon an. Das beunruhigt auch die Familie.
Eigentlich bin ich keine großer Leser von Familiensagas, aber wenn der nächste Roman der Reihe erscheint lese ich vielleicht weiter.

Veröffentlicht am 18.08.2018

Mathinna

Begehren
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Booker-Award-Preisträger Richard Flanagan geht in seinem Roman Begehren in das 19 Jahrhundert zurück und stellt es in zwei Handlungssträngen sehr intensiv und streckenweise düster-atmosphärisch dar.

Eine ...

Booker-Award-Preisträger Richard Flanagan geht in seinem Roman Begehren in das 19 Jahrhundert zurück und stellt es in zwei Handlungssträngen sehr intensiv und streckenweise düster-atmosphärisch dar.

Eine der Hauptfiguren ist erstaunlicherweise der englische Schriftsteller Charles Dickens, berühmt durch seine Romane David Copperfield und Oliver Twist. Er ist in London.
In der anderen Handlungsebene sind in Tasmanien Sir John Franklin und Lady Jane, die ein Kind adoptieren. Das Waisenkind Mathinna wollen sie nach ihren Vorstellungen formen und beachten nicht ihre kulturelle Herkunft als Aborigine.
Eine schlimme Nebenerscheinung des Kolonialismus.

Weder der britische Konteradmiral und Polarforscher John Franklin noch Charles Dickens sind in diesem Buch besonders sympathsiche Figuren, im Gegenteil.
Das macht das Lesen des Buches nicht immer einfach, zumal die Handlung auch in den Zeiten oft wechselt.
Auch Mathinna war eine realistische Figur. Ihr Schicksal tut mir sehr leid, leider wird fast nie aus ihrer Sicht geschrieben. Das Lesen ist daher nicht unbedingt ein Genuß, aber die Form funktioniert und das Thema ist wichtig genug, dass darüber geschrieben wird.