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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2018

beißende Satire

Der aufblasbare Engel
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Zaza Burchuladze hat eine beißende Satire über die Verführbarkeit der Menschen geschrieben.
Dabei zielt er weniger auf den Scharlatan und Verführer Gurdjieff, der immerhin viel Ausstrahlung hat, als auf ...

Zaza Burchuladze hat eine beißende Satire über die Verführbarkeit der Menschen geschrieben.
Dabei zielt er weniger auf den Scharlatan und Verführer Gurdjieff, der immerhin viel Ausstrahlung hat, als auf die Menschen, die so leicht verführbar sind, die fast darauf zu warten scheinen.
Das Paar Nino und Niko haben Gurdjioff bei einer Geisterbeschwörung herbeigerufen. Jetzt haben sie ihn am Hals. Gurdjieff fühlt sich wohl bei ihnen, mag auch ihren kleinen Hund Foucault, aber sein Hang zum beeinflussen lässt ihn schließlich wieder tätig werden.
Zaza Burchuladzes Spott wirkt, weil man als Leser sich ggf. fragt, wie man selbst sich verhalten würde, wenn ein heraufbeschworener Scharlatan Reichtum ermöglichen kann.

Veröffentlicht am 13.09.2018

Menschen im Hotel, und ein Frettchen

Abigail
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Hotel California ist ein heller Roman. Zwar haben die Protagonisten auch ihre Sorgen, aber es herrscht ein optimistischer Grundton vor. Das wird auch durch die patente Hauptfigur Abigal, die in einem Hotel ...

Hotel California ist ein heller Roman. Zwar haben die Protagonisten auch ihre Sorgen, aber es herrscht ein optimistischer Grundton vor. Das wird auch durch die patente Hauptfigur Abigal, die in einem Hotel arbeitet, getragen.
Der Name Abigal wunderte mich. Ist der nicht etwas altmodisch? Welche junge Frau heißt denn heute noch so? Aber das sollte einen nicht stören.
Ich liebe Romane, Filme oder Fernsehserien über Hotels und das Leben der Gäste und des Personals. Das gilt umso mehr, wenn es sich um traditionsreiche, familiär geführte Hotels handelt.

Beim Personal hat Abigal gute Freunde und Kollegen. Unter den Gästen gibt es ganz unterschiedliche Charaktere. Da ist zum Beispiel die siebzigjährige Martha mit ihrem Frettchen. Ein Orignal! Sie wohnt dauerhaft im Hotel.Ein neuer Gast ist William, der schnell sehr wichtig für Abigal wird.
Abigals fürsorgliche und freundliche Art prägt den Roman. Eine starke und sympathsiche Hauptfigur ist wichtig für einen Roman dieser Art.
Mein einziger Kritikpunkt ist das abrupte Ende. Ein paar Seiten mehr hätten dem Finale gut getan.

Eine gute Entscheidung des Moments-Verlags, die Hotel California-Reihe zu bringen.

Veröffentlicht am 12.09.2018

konzentriert und dicht geschrieben

Ein Winter in Paris
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Jean-Philippe Blondel und seine Romane gehören für mich zu den Highlights der aktuellen, zeitgenössischen französischen Literatur, die ich sehr schätze. Einige Romane von dem Autor habe ich bereits gelesen ...

Jean-Philippe Blondel und seine Romane gehören für mich zu den Highlights der aktuellen, zeitgenössischen französischen Literatur, die ich sehr schätze. Einige Romane von dem Autor habe ich bereits gelesen und auch dieses neue Buch sagt mir zu. Das diesmal gewählte Milieu ist ein College in Paris. Blondel kennt sich in diesem Sujet aus, denn er ist auch Lehrer.

Wie am Anfang die zurückblickende Erzählperspektive aufgebaut wird, ist recht kompliziert und wirkt etwas altmodisch. Man denkt an Franz Werfel oder Robert Musil.

Ist man dann erst einmal in der Handlung drin, dominiert der Gemütszustand des Protagonisten und Icherzählers Viktor, der sich als Student aus einer sozial niedrigen Schicht am Elitecollege wie ein Außenseiter vorkommt. Dieses Gefühl macht ihn aber auch unangreifbar, jedoch bleibt er isoliert. Mit einem Freund raucht er regelmäßig mal eine. Und als dieser Freund Suizid begeht, bringt das Viktor aus der Spur.

Blondels Stärke ist es, tief in die Psyche seiner Figur einzutauchen und dem Leser wirklich auf realistische Art die Emotionen zu verdeutlichen. Dabei geht er sensibel vor. Als Leser beginnt man die Figur und ihre Handlungsweise zu verstehen.
Der Roman ist nicht umfangreich, aber durch Blondels konzentrierte Art zu schreiben wird auch nicht mehr Raum benötigt.

Veröffentlicht am 09.09.2018

Tristesse mit Ironie

Amerika
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Das es kleine Dörfer gibt, die am aussterben sind, wo die Jugend verschwindet und wo es keine Zukunft mehr gibt, ist nicht so ungewöhnlich. Sehr wohl aber, dass dann ein Chronist ins Dorf kommt.

In dem ...

Das es kleine Dörfer gibt, die am aussterben sind, wo die Jugend verschwindet und wo es keine Zukunft mehr gibt, ist nicht so ungewöhnlich. Sehr wohl aber, dass dann ein Chronist ins Dorf kommt.

In dem fiktiven Dorf Rillingsbach, das vermutlich in Baden-Württemberg ist das so. Der Chronist sucht nach Tendenzen und Muster und will eine Geschichtserinnerung schaffen. Dazu befragt er die dagebliebenen, meist alten Dorfbewohner. Martha, Alfred, Frieder, Hilde.
Der Chronsiut selbst hat keinen Namen, es geht auch nicht um ihn sondern um die Dorfbewohner.
Sie gehen gedanklich zurück in die Zeit nach dem Krieg, als der gewalttätige Erwin viel Ärger machte und schließlich tot aufgefunden wurde. Mord oder Selbstmord? Marthas Vater jedenfalls reinigt andernstags auffällig sein Gewehr.
Erwin schwangere Frau Elisabeth bleibt im Dorf. Ihre Tochter Hilde wird später ein wildes Leben führen, aber auch ein Buch schreiben.
Auch für Alfred und seine Frau Erna gab es einmal etwas anderes als das Dorf. Das war eine Reise in die USA, die ausführlich geschildert wird. Die USA war Alfreds Leidenschaft und doch konnte er nicht auswandern sondern blieb.
Frieder hingegen hat eine fatalistische Einstellung, die mit dem möglichen Untergang des Dorfes einhergeht.
Überraschungen und Geheimnisse bleiben.

Jede Menge Tristesse könnte man annehmen, aber Kai Wieland mildert das mit leichter Ironie beim Erzählen ab.

Trotz vieler guter Ansätze überzeugt mich der Roman letztlich nicht ganz. Vielleicht will der Autor bei dem großen Aufwand zu wenig, wie auch der Chronist. Der wertet nicht und er reflektiert nicht. Er stellt am Ende nur zu wenig Substanz fest. Als Leser folgt man ihm und damit bleibt einfach zu wenig.

Veröffentlicht am 09.09.2018

Wiedersehen in Wales

Die Sonnenschwestern
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Tracy Rees beschreibt auf sensible Art den Zustand in dem sich die Protagonistin von Die Sonnenschwestern befindet. Nora ist in einer Lebenskrise. Mit fast 40 trennt sie sich von ihrem Freund, kündigt ...

Tracy Rees beschreibt auf sensible Art den Zustand in dem sich die Protagonistin von Die Sonnenschwestern befindet. Nora ist in einer Lebenskrise. Mit fast 40 trennt sie sich von ihrem Freund, kündigt ihren Job und ist von Albträumen geplagt. Gründe dafür mögen in der Vergangenheit zu finden sein. Deswegen reist Nora nach Wales, der ehemaligen Heimat ihrer Mutter Jasmine.

Ein zweiter Handlungstrang ist in den fünfziger Jahren angelegt.
Hier ist die junge Chloe Hauptfigur. Sie ist eine lebhafte Persönlichkeit, die sich entwickelt im Laufe der Jahre. Ich mag sie mehr als die etwas langweilige Nora.
Die Verbindung zwischen den beiden Handlungssträngen wird erst allmählich klar. Verraten möchte ich aber nichts.

Geschickt gemacht sind die Zeitabläufe. Während in der heutigen Zeit nur Monate vergehen, wird Chloes Leben in Jahren dargestellt.

Wales wird voller Atmosphäre, oft regnerisch, dargestellt. Manchmal hätten die Beschreibungen der Umgebung detaillierter sein dürfen.

Der Roman ist gut lesbar, nicht zu flach, nicht zu komplex. Auch nicht sehr spannend! Ein entspanntes Lesen ist möglich. Man kann von einem Frauenroman sprechen, denn es spielen fast nur Frauen die tragenden Rollen.