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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.08.2018

Starkes Buch

Manhattan Beach
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Ein großer Wurf, den die Pulitzerpreisträgerin Jennifer Egan mit Manhattan Beach vorgelegt hat. Ein großer komplexer Roman, dabei geradlinig erzählt.
Jennifer Egans Stil ist noch geschmeidiger geworden ...

Ein großer Wurf, den die Pulitzerpreisträgerin Jennifer Egan mit Manhattan Beach vorgelegt hat. Ein großer komplexer Roman, dabei geradlinig erzählt.
Jennifer Egans Stil ist noch geschmeidiger geworden als in ihren frühen Büchern. Ihre gewohnte Eleganz noch einmal gesteigert.

Anna Kerrigan ist erst 8 Jahre alt, als sie zusammen mit ihrem Vater den reichen, zwielichtigen Dexter Styles kennenlernt, der später eine große Rolle in ihrem Leben spielen wird.
Jahre später hat ihr Vater Eddie die Familie verlassen und Anna kümmert sich um ihre Mutter und die behinderte Schwester. Anna ist ein starker, selbstbewusster Charakter. In Kriegszeiten setzt sie sich in der Männergesellschaft durch und wird fähige Taucherin im Hafen.
Jennifer Egan hat viel recherchiert, ihrer Schreibkunst ist es zu verdanken, dass man als Leser das aber kaum spürt. Wie Selbstverständlich fließen die Fakten in den Text hinein.
Detailreich beschreibt Jennifer Egan ihre Tätigkeit auf der Werft, der Arbeit am Pier und den Tauchvorgängen. Der deutsche Übersetzer Hennig Ahrens, selbst Schriftsteller, folgt in seiner Übersetzung der Dichte von Egans Stil.
Vor dem inneren Auge ragen die imposanten Schiffe auf, man sieht die wartenden Marinesoldaten oder Anna in ihrem schweren Taucheranzug.

Mit Manhattan Beach liest man ein ausdrucksvolles starkes Buch über eine schwierige Zeit in den USA.

Veröffentlicht am 26.08.2018

hartes Buch, zu aufgesetzt

Bungalow
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Helene Hegemanns Bungalow ist ein relativ hartes Buch, das ein düsteres Weltbild zeigt.
Die Erzählerin ist eine Schülerin, im Zeitraum der Handlung ca. 14 - 17 Jahre alt. Challie lebt mit ihrer alkoholkranken, ...

Helene Hegemanns Bungalow ist ein relativ hartes Buch, das ein düsteres Weltbild zeigt.
Die Erzählerin ist eine Schülerin, im Zeitraum der Handlung ca. 14 - 17 Jahre alt. Challie lebt mit ihrer alkoholkranken, gewalttätigen und unberechenbaren Mutter im sozialen Abseits.
Manche Passagen sind ziemlich krass, umso irriterender, das einige Szenen dann wieder auch so banal und aufgesetzt wirken. Zu dem Mädchen findet man über die bloße Oberfläche hinaus wenig Zugang.
Ihre Situation der Verwahrlosung kann einem als Leser nur leid tun. Die gewalttätigen Passagen sind tatsächlich prägend, viel Perspektive hat Charlie aber auch im alltägllichen nicht. Sie wehrt sich dagegen mit Sarkasmus, aber das bewahrt sie auch nicht vor Verzweiflung, wenn ihre Pschomutter mal wieder abstürzt.

Charlie wohnt mit ihrer Mutter in einer Wohnung, auf der anderen Straßenseite gibt es Bungalows,
da wohnen die Leute mit Geld. Die neuesten Nachbarn sind Marie und Georg, ein exzentrisches Paar, mit denen ich als Leser nicht viel anfangen kann. Sie wirken auf mich nicht real.

Das nebenbei eine ökologische Katastrophe und Krieg die Welt bedroht nimmt man nur nebenbei wahr. Eigentlich läuft das nach meiner Lesart ins Leere, das war aber auch schon bei Juli Zehs noch neuen Roman "Leere Herzen" so, weil man das Thema Apokalypse nicht mal eben so bringen kann.

Manche der gelungenen Passagen bleiben sicher länger im Gedächtnis.
Dennoch, am Ende bleibe ich mit dem Buch überwiegend ratlos zurück.

Veröffentlicht am 25.08.2018

Lesefest

Sültzrather
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Der Roman Sültzrather, wenn man dieses Buch überhaupt als Roman bezeichnen kann, ist ein literarisches Lesefest.
Es ist ein Buch mit experimentellen Einschlägen, konsequent wird außer Namen alles klein ...

Der Roman Sültzrather, wenn man dieses Buch überhaupt als Roman bezeichnen kann, ist ein literarisches Lesefest.
Es ist ein Buch mit experimentellen Einschlägen, konsequent wird außer Namen alles klein geschrieben, aber dennoch eigentlich ganz gut lesbar.
Es ist ein Werk über einen fiktiven Österreichischen Dichter namens Vitus Sültzrather und dessen Leben und seine Literatur, die nach seinem Tod vom Autor untersucht und analysiert wird, soweit sie noch vorhanden ist. Dazu gibt es z.B. häufig einen Blick in die Notizbücher und es gibt die Biographie, die der Neffe des Dichters geschrieben hat.

Im Buch nehmen Zitate und Fußzeilen einen großen Raum ein. Es gibt so viele Fußzeilen, dass diese selbst Teil des Textes werden und man sollte nicht versäumen sie tatsächlich zu lesen.
Friederike Mayröcker hat einmal ein ganzes Buch geschrieben, das nur aus Fußzeilen bestand. So weit geht Josef Oberhollenzer nicht, sein Text bleibt leicht und verspielt. Mit der Zeit bildet sich ein spezifischer Ton heraus.
Ich würde mir wünschen, dass dieses originelle Buch es auf die Short List des Deutschen Buchpreis schafft!

Veröffentlicht am 24.08.2018

sensibel erzähltes Buch

Das Vogelhaus
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Das Vogelhaus der niederländischen Autorin Eva Meijer ist ein kleiner, aber feiner Roman über eine reale Frau, die sich für Vögel interessierte und über sie schrieb. Len Howard.

Man könnte sich wundern, ...


Das Vogelhaus der niederländischen Autorin Eva Meijer ist ein kleiner, aber feiner Roman über eine reale Frau, die sich für Vögel interessierte und über sie schrieb. Len Howard.

Man könnte sich wundern, warum diese Frau sich für Vögel wohl mehr interessierte als für Menschen, doch schnell wird klar, welche Persönlichkeiten die Vögel doch haben. Mit den Meisen Glatzköpfchen und Sternchen folgt man über Jahren den intelligenten Tieren.

Der Text wechselt kapitelweise ab zwischen dem Leben von Len Howard,ab 1900 über viele Jahrzehnte hinweg und den Passagen dazwischen, die sich der Entwicklung der Tiere widmet und ihre Zutraulichkeit zeigt, die Len Howard letztlich als Freundschaft empfindet.

Ich habe das ruhig und sensibel geschriebene Buch sehr genossen!

Veröffentlicht am 20.08.2018

Die Cazalets

Die Jahre der Leichtigkeit
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Ein gewaltiges Taschenbuch mit bemerkenswert gut gezeichneten Cover.
Was für ein enormes Buch schon dieser erste Teil der englischen Familiensaga wird, das zeigt schon der Stammbaum und die umfangreiche ...

Ein gewaltiges Taschenbuch mit bemerkenswert gut gezeichneten Cover.
Was für ein enormes Buch schon dieser erste Teil der englischen Familiensaga wird, das zeigt schon der Stammbaum und die umfangreiche Liste mit dem Romanpersonal.Davon wird man am Anfang nahezu erschlagen. Geübte Leser von Büchern dieser Art werden damit umgehen können. Es sind vier Geschwister in der reichen Familie Cazalet (Hugh, Edward, Rachel und Rupert) und ihre Frauen und Kinder. Abwechselnd werden verschiedene Figuren gezeigt. Richtig sympathsich wirken sie zunächst nicht, da sie in ihrem Auftreten manchmal herrisch gezeigt werden, am sensibelsten kommen mir die Kinder vor, Louise und Polly.
Mit der Zeit beginnt man sich für die Figuren zu interessieren.
Ein Ueitgefühl der späten dreißiger jahre entsteht schnell, zum Beispiel auch, indem Filme mit Schauspielerinnen wie Norma Searer oder Bücher von Somerset Maugham, A.J.Cronin, Margaret Mitchell und anderen erwähnt werden. Aber auch detailreiche Beschreibungen der Häuser und Zimmer, der Kleider, wie gekocht und gegessen wird und natürlich wie miteinander geredet wird.
Diese Detailbeschreibungen gehören zu den Stärken von Elizabeth Jane Howard.
Geschrieben hat sie das Buch 1990, doch der Stil kommt mir gewollt altmodischer vor. So ähnlich hat schon ein Schriftsteller wie John Galsworthy (Die Forsyte-Saga) geschrieben. Der hat immerhin den Literaturnobelpreis bekommen.

Im zweiten Teil sind die Jahre der Leichtigkeit schon bald am Schwinden, den der zweite Weltkrieg kündigt sich schon an. Das beunruhigt auch die Familie.
Eigentlich bin ich keine großer Leser von Familiensagas, aber wenn der nächste Roman der Reihe erscheint lese ich vielleicht weiter.