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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.10.2023

Eine Entdeckung

Titan oder Die Gespenster der Vergangenheit
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Es handelt sich um Erzählungen eines russischen Schriftstellers.

Erfreulicherweise erfüllt dieses Buch das angekündigte Thema der nicht aufgearbeiteten Schuld der Vergangenheit, die dadurch auch auf die ...

Es handelt sich um Erzählungen eines russischen Schriftstellers.

Erfreulicherweise erfüllt dieses Buch das angekündigte Thema der nicht aufgearbeiteten Schuld der Vergangenheit, die dadurch auch auf die Gegenwart ausstrahlt.
Das zeigt exemplarisch schon die erste Erzählung Abend eines Richters. Das Winseln eines Hundes bewirkt bei einem korrupten Richter einen Flasback. Er erinnert sich an eine Schandtat seiner Jugend.

Es sind düstere Geschichten. Das verwundert bei dem Thema nicht.
Oft wird das Gefühl der Bedrohung transportiert.

Nicht jede Erzählung hat mir zugesagt, unbedingt erwähnenswert ist aber die brillante Titelgeschichte Titan. Darin bewundert der Icherzähler, ein junger Mann, einen Schriftsteller, der im Gulag war. Der Eindruck einer allumfassenden Verfolgung durch die Diktatur wird beklemmend vermittelt.

Für mich ist Sergej Lebedew eine Entdeckung.

Veröffentlicht am 25.10.2023

Goethe und sein Schwager

Rauch und Schall
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Jetzt hat auch Charles Lewinsky wie vor ihm viele, z.B. Martin Walser, einen Goethe-Roman vorgelegt. Das ist mehr oder weniger risikolos.
Sein Goethe steckt permanent in einer Schreibkrise. Sein Schwager ...

Jetzt hat auch Charles Lewinsky wie vor ihm viele, z.B. Martin Walser, einen Goethe-Roman vorgelegt. Das ist mehr oder weniger risikolos.
Sein Goethe steckt permanent in einer Schreibkrise. Sein Schwager Christian August Vulpius, ein Vielschreiber von Trivialromanen, hilft ihm, aus der Patsche. Vuloius ist für mich sogar die interessantere Figur in diesem Roman, den eine gewisse Ironie begleitet.
Lewinsky ist diesmal vielleicht näher an Vulpius als an Goethe.
Doch dafür wartet er am Ende mit einem ziemlich originellen Einfall auf, der an dieser Stelle aber noch nicht verraten werden darf.

Veröffentlicht am 21.10.2023

Victor

A Quiet Man. Ein schweigsamer Mann ist ein gefährlicher Mann.
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In der Kriminalliteratur gibt es einige großartige Reihen mit Berufsverbrecher in der Hauptrolle, z.B. Wyatt von Garry Disher oder die Parker-Romane von Richard Stark.
Tom Woods Victor-Romane passern ...

In der Kriminalliteratur gibt es einige großartige Reihen mit Berufsverbrecher in der Hauptrolle, z.B. Wyatt von Garry Disher oder die Parker-Romane von Richard Stark.
Tom Woods Victor-Romane passern dazu und sind sogar ein ganz spezieller Fall.
Tom Woods hat schon einige Bücher um Victor gechrieben. Der neue heißt A quiet Man.
Victor, der Berufskiller, befindet sich in Kanada und lernt den jungen Joshua und seine Mutter kennen. Als diese plötzlich verschwinden, macht Victor sich entschlossen auf die Suche. Ansatzweise erinnert er an Rambo.
Das Buch ist nicht realistisch, aber auf primitive Weise sehr unterhaltsam. Tom Woods versteht es, packende Szenen zu schaffen und eine Handlung richtig abgehen zu lassen.

Veröffentlicht am 20.10.2023

Gedämpftes Licht

Diamantnächte
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Diamantnächte ist das Porträt einer Frau, die sich in einer Lebesnkrise an frühere Lebensabschnitte zurückerinnert.
Sie fühlt sich kraftlos, unbehaglich, es gehen ihr die Haare aus. Teilweise beschreibt ...

Diamantnächte ist das Porträt einer Frau, die sich in einer Lebesnkrise an frühere Lebensabschnitte zurückerinnert.
Sie fühlt sich kraftlos, unbehaglich, es gehen ihr die Haare aus. Teilweise beschreibt sie ihren Zustand ausführlich, nennt den Klumpen im Magen. Sie fängt an, darüber zu schreiben.
Man lernt ihre Gedanken und Erinnerungen kennen, doch es bleibt auch eine Distanz. Einge gewisse skandinavische Kühle schwingt mit. Die Autorin Hilde Rød-Larsen macht es den Lesern nicht leicht, aber einige Passagen sind wirklich gut gestaltet und fein ausgefeilt.
Sehr gut gefallen haben mir die fast essayistischen Einschübe zu literarischen Einflüssen. Es wird zum Beispiel Graham Greenes Das Ende einer Aäffäre rwähnt, auch was Rachel Cusk oder Deborah Levysagten. Das bereicherte das Buch, jedenfalls nach meinem Lesegeschmack.
Das Buch ist eher kurz mit auch überwiegedn kurzen Kapiteln. Streckenweise lässt mich der Zustand der Protagonistin etwas ratlos zurück, aber ich habe es nicht bereut, es gelesen zu haben.

Veröffentlicht am 19.10.2023

Die Geschichte von Christian und Mariella Mehr

Landstrassenkind
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Landstrassenkind von Michael Herzig ist ein bewegendes Buch über das Leben von Marielle Mehr, der bekannten Schriftstellerin und ihrem Sohn Christian in der Schweiz. Eigentlich kann man auch noch Marielleas ...

Landstrassenkind von Michael Herzig ist ein bewegendes Buch über das Leben von Marielle Mehr, der bekannten Schriftstellerin und ihrem Sohn Christian in der Schweiz. Eigentlich kann man auch noch Marielleas Mutter, Christians Großmutter, dazuzählen. Sie sind jenischer Abstammung und haben alle staatlich geduldete Willkür durch ein „Hilfswerk“ erlebt.
Der Autor setzt zwischen den Kapiteln Jahreszahlen, bei denen er das Zeitgeschehen kurz anreißt. Das ist hilfreich zur Einordnung.
Als Leser fragt man sich, was soll man mit all dem Leid anfangen, doch die Erkenntnis ist. Bei allem, was sie durchmachen mussten, sind weder Marielle noch Christian zerbrochen. Man muss stets für sich und seine echte kämpfen. Das nehme ich als Message aus dem interessanten Buch mit.