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Veröffentlicht am 25.08.2021

Martins Weg

Junge mit schwarzem Hahn
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Der 11jährige Martin lebt irgendwann im Mittelalter ärmlich in einem Dorf. Er ist Waise, offenbar hat der Vater die ganze Familie umgebracht und nur Martin überlebte. Den abergläubischen Dorfbewohnern ...

Der 11jährige Martin lebt irgendwann im Mittelalter ärmlich in einem Dorf. Er ist Waise, offenbar hat der Vater die ganze Familie umgebracht und nur Martin überlebte. Den abergläubischen Dorfbewohnern ist der Junge unheimlich, da er ständig einen schwarzen Hahn mit sich trägt.

Als Leser ist man durch die wunderbare Sprache der Autorin Stefanie von Schulte sofort in die Geschichte eingesogen und man folgt dem klugen Martin gerne durch den Roman. Man ist aber auch wütend auf die rückständigen Dorfbewohner, die Martin schlecht behandeln und ihn als billige Arbeitskraft ausnutzen. Schließlich zieht Martin mit einem herumziehenden Maler mit, doch die Zeiten werden schlechter. Zudem werden häufig kleine Kinder in der Umgebung entführt.
Martin ist nur ein Junge, aber durch seinen Anstand und Mut fühlt er sich verpflichtet, etwas dagegen zu tun.
Natürlich ist Martin eine überhöhte Figur, aber das ist Programm in diesem Buch. Der schwarze Hahn ist möglicherweise ein Symbol für sein Schicksal, das er tragen muss, dass ihm aber auch Kraft verleiht.

Mich erinnert der Roman an Charles Lewinskys Buch Der Halbbart aus dem letzten Jahr. Er hat ähnliche Qualitäten.

Veröffentlicht am 08.08.2021

Erzählerisch gestaltete Familienbiografie

Viktor
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Viktor von Judith Fanto ist eine gediegene Familiengeschichte jüdischer Herkunft. Es gibt zwei Handlungsebenen, einen 1914, der andere ca. 70 Jahre später.
Schon das Cover deutet auf das alte Wien hin ...

Viktor von Judith Fanto ist eine gediegene Familiengeschichte jüdischer Herkunft. Es gibt zwei Handlungsebenen, einen 1914, der andere ca. 70 Jahre später.
Schon das Cover deutet auf das alte Wien hin und der Vergangenheitsteil des Romans liest sich teilweise wie ein klassischer Roman, was ich sehr angenehm fand.
Viktor, anfangs noch ein Junge, ist eine gute Hauptfigur, äußerst lebhaft und mitfühlend, auch ein Filou.Aber ist auch jemand, der die Verfolgung der Juden genau beobachtet, sich für andere einsetzt und Widerstand wagt.

Der moderne Handlungsteil liest sich anders. Er ist in den Niederlanden angesiedelt. Geertje beginnt über die Vergangenheit der Familie nachzuforschen. Schon jung liest sie in der Bibliothek Bücher über das jüdische Schicksal und befragt ihre Großeltern über Wien, Mahler und Viktor.
Musik ist in der Familie ein wichtiges Thema. Vielleicht hat das Buch daher auch eine gewisse Musikalität und viele Sätze einen besonderen Ton.
Später als Erwachsene nennt Geertje sich Judith und macht sich ernsthaft auf die Suche. Erstaunlich, wie sie sich hineinsteigert, aber es geht um die Suche nach ihrer Identität und das ist ein längerer Prozess.

Judith Fanto hat mit erzählerischen Mitteln ihre Familienbiografie geschrieben. Daher wirkt die Familiengeschichte stärker als wenn es ein biografisches Sachbuch wäre.

Veröffentlicht am 03.08.2021

Leidenschaftlich

Im Dickicht der Fäuste. Vom Boxen
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Wolf Wondratschek: In Dickicht der Fäuste. Vom Boxen.

Dieser Essayband versammelt Wolf Wonfratscheks Beiträge über das Thema Boxen, dass er sehr oft in einem Vergleich zur Literatur bringt.
Die Reportagen ...

Wolf Wondratschek: In Dickicht der Fäuste. Vom Boxen.

Dieser Essayband versammelt Wolf Wonfratscheks Beiträge über das Thema Boxen, dass er sehr oft in einem Vergleich zur Literatur bringt.
Die Reportagen sind in cronologischer Form sortiert. Bemerkenswert, dass auch Texte von 1980 heute noch so wirkungsvoll sind.
Wondratscheks Leidenschaft für das Boxen ist ansteckend, selbst wenn man wenig Bezug zu diesem Sport hat.
Er geht auch in die Vergangenheit und schreibt z.B. über Jack Johnson, auch über Max Schmeling und erst Recht über Mohammed Ali. Später wird es auch um jüngere Boxer gehen wie Henry Maske, Mike Tyson oder Klitschko.
Ein Abschnitt versammelt Gedichte und Interviews.
Manches ist wirklich spannend und man kann sich kaum losreißen von diesen gelungenen Texten, die gut durchgearbeitet sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.08.2021

Ausgewogenes Erzählungsband

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
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Rafik Schami hat schon so einige Erzählungsbände geschrieben.
Wie meistens geht es auch in seinem neuen Buch Mein Sternzeichen ist der Regenbogen viel um Syrien und Deutschland sowie dem Leben von Syrer ...

Rafik Schami hat schon so einige Erzählungsbände geschrieben.
Wie meistens geht es auch in seinem neuen Buch Mein Sternzeichen ist der Regenbogen viel um Syrien und Deutschland sowie dem Leben von Syrer in Deustchland, die ihre ehemalige Heimat nicht vergessen können.
Dieses Buch ist aber etwas anders als die früheren Kurzgeschichten, besonders im Ton, der ruhiger, tiefgründiger ist und nicht so sehr auf Pointe setzt und in der zunehmenden Komplexität.
Gut möglich, dass das damit zusammenhängt, dass Rafik Schami älter geworde ist, aber das verhaltenere Erzählen steht ihm.
Noch schärfer ist sein Blick auf die Eigenschaften der Menschen und ihr oft egoistisches Verhalten geworden, die ironie ist eine Spur schärfer als früher.
Das zeigt sich beispielhaft in der Story Salmas Plam, in der ein Geburtstagsfest zur Abrechnung wird.
Es gibt aber auch mildere Geschichten. Manche kürzere Kapitel wirken essayistisch. Oft erfährt man von den Erfahrungen der Menschen.
Das Band ist ausgewogen.

Veröffentlicht am 20.07.2021

Ensemblefilm als Hörbuch

Dreieinhalb Stunden
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Im Hörbuch von Robert Krause, dass ein weitreichendes Ereignis am 13. August 1961 betrachtet, treten eine ganze Reihe von Figuren auf. Daher ist es sinnvoll, dass die Sprecher Tanja Fornaro und Robert ...

Im Hörbuch von Robert Krause, dass ein weitreichendes Ereignis am 13. August 1961 betrachtet, treten eine ganze Reihe von Figuren auf. Daher ist es sinnvoll, dass die Sprecher Tanja Fornaro und Robert Frank das unter sich aufteilen.
Dieser 13.August ist der Tag, an dem die DDR die Grenzen zur BRD schließt.

Robert Krause schreibt Drehbücher. Auch Dreieinhalb Stunden basiert auf einem Drehbuch. Das merkt man auch diesem Hörbuch an, denn die Figuren werden filmsszenisch entwickelt, das bedeutet auch eine gewisse eindimensionalität. Sie nehmen die ihnen zugewissenen Rollen ein und mehr wird von ihnen anfangs auch nicht erwartet. Später gewinnen die Figuren durch ihre Emotionalität.

Erzähltechnisch wird schnell zwischen den Figuren gewechselt und damit gibt es immer wieder verschiedene Perspektiven.
Zu den Reisenden, die bald schon in einem inneren Konflikt stehe, gehören das Ehepaar Marlis und Gert, Rudolf, seine Verlobte Ingrid und deren Sohn Hans, die Sängerin Carla und ihre aus 3 jungen Männern bestehende Band.
Weitere Reisende und auch die Lokführerin Edith Salzmann werden betrachtet.
Außerdem gibt es einen innerlich getriebenen, westdeutschen Kommissar, der den Zug besteigt, um zu ermitteln.

Alles in allem erinnert das an große Ensemblefilme vergangener Zeiten (Hotel International, Mord im Orienexpress, etc.)

Die Sprecherleistung würde ich als ordentlich einstufen.
Dias Hörbuch war unterhaltsam und das Thema vermochte zu interessieren.