Profilbild von yellowdog

yellowdog

Lesejury Star
offline

yellowdog ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit yellowdog über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2024

Durch die Zeiten gerauscht

Zeitpfade
0

Zeitpfade der kanadischen Schriftstellerin Anne Michaels überzeugt durch einen eleganten Stil, der poetische Momente hat und die schwebende Atmosphäre der Vergangenheit transportieren kann.

Anne Michaels ...

Zeitpfade der kanadischen Schriftstellerin Anne Michaels überzeugt durch einen eleganten Stil, der poetische Momente hat und die schwebende Atmosphäre der Vergangenheit transportieren kann.

Anne Michaels folgt keiner konventionellen Handlung, aber sie zeigt mehrere Generationen einer Familie
Der Roman deckt einen großen Zeitraum ab, beginnend 1917 auf einem Schlachtfeld des ersten Weltkriegs, dann die Rückkehr des verletzten Soldat John zu seiner späteren Frau Helena. Er widmet sich der Fotografie. Ein geheimnisvolles Element kommt hinzu, als in den Fotos, die John macht, verstorbene zu sehen sind. Es sind die Angehörigen der Menschen, die John fotografierte. Ein Element, dass leider nicht komplett verfängt.

Mehrere Generationen werden noch gezeigt. Die Tochter Anna, die Enkelin Mara, ihr Freund Alan und weitere Figuren, die nicht sofort zuordenbar sind. Zudem wird sehr in den Zeiten vor- und zurück gesprungen. Dadurch wird es bald etwas zu fragmentarisch, auch wenn fast alle Passagen stark geschrieben sind.

Zeitpfade ist ein Roman, der abseitig der Lesekonventionen etwas wagt und den Leser dabei fordert.

Veröffentlicht am 25.09.2024

Geth und Olwen

Die Unmöglichkeit von Liebe
0

Der Roman erzählt die Geschichte von Geth und Olwen im ländlichen Wales.
Die Autorin arbeitet geschickt mit zwei Zeitebenen. Gegenwart ist 2016/2017, rückblickend dann ab 1987 über die neunziger Jahre, ...

Der Roman erzählt die Geschichte von Geth und Olwen im ländlichen Wales.
Die Autorin arbeitet geschickt mit zwei Zeitebenen. Gegenwart ist 2016/2017, rückblickend dann ab 1987 über die neunziger Jahre, als die Protagonisten noch jung waren. Zwischendurch geht es dann noch mehrfach ins Jahr 1980. Mir persönlich war das zu viel. Es wurde zu sprunghaft, aber das ist Geschmackssache.
Geth und Olwen hatten eine Liebesbeziehung, aber dann trennten sich ihre Wege. Während der erste Teil des Buches Geth mehr im Blickpunkt stand, kommt im zweiten Teil Olwens Perspektive mehr zum Tragen.
Im Gegenwartshandlungsstrang treffen sie sich wieder und alte Gefühle kommen wieder hoch.
Die Figuren sind nicht schlecht gemacht. Man kann sie verstehen.
Nach „Ein französischer Sommer“ ist „Die Unmöglichkeit von Liebe“ eine kleine Steigerung.

Veröffentlicht am 22.09.2024

konzentrierter Text, leicht überfrachtet

Nur nachts ist es hell
0

Die Österreichische Schriftstellerin Judith W.Taschler hat mit Nur Nachts ist es hell ein sehr konzentriertes Buch geschrieben. 1973 erzählt eine Frau ihr Leben. Überwiegend spielt es in Wien. Elizabeth ...

Die Österreichische Schriftstellerin Judith W.Taschler hat mit Nur Nachts ist es hell ein sehr konzentriertes Buch geschrieben. 1973 erzählt eine Frau ihr Leben. Überwiegend spielt es in Wien. Elizabeth wächst in Mühlviertel auf, heiratet dann Georg, der im ersten Weltkrieg einen Arm verlor und wurde nachdem sie zunächst Krankenschwester war Ärztin.
Nach fühlt sie sich ihren Bruder Eugen, der in die USA ausgewandert war, dann aber zurückkehrte.
Elizabeths Erzählung springt gelegentlich. Es gibt jedenfalls viele Fakten und Details, die man als Leser erst einmal verarbeiten muss. Ehrlich gesagt, halte ich das Buch für überfrachtet. Doch man ist durch Taschlers Erzählart auch so tief in die Handlung reingezogen, dass sich allmählich ein Gesamtbild ergibt.
Da Elizabeth alleinige Erzählerin ist, bleibt man nah an ihr dran.
Einzige Ausnahme sind die geschickt von der Autorin eingebundenen Briefe von Eugen, in der er seine Zeit in Boston berichtet.

Veröffentlicht am 21.09.2024

Glühend heißer Boden

Juli, August, September
0


Juli, August, September heißt der neue Roman der Schriftstellerin Olga Grjasnowa , die durch „Der Russe ist einer der Birken liebt“ so bekannt wurde. Das neue Buch hat vergleichbare sprachliche Qualitäten, ...


Juli, August, September heißt der neue Roman der Schriftstellerin Olga Grjasnowa , die durch „Der Russe ist einer der Birken liebt“ so bekannt wurde. Das neue Buch hat vergleichbare sprachliche Qualitäten, unterscheidet sich aber durch die Protagonistin Lou, die Ende 30 ist, ein Kind hat und mit einem Konzertpianisten verheiratet ist. Sie hat russisch-Aserbaidschanische Wurzeln, definiert sich aber inzwischen als Deutsche. Auch ihre jüdische Identität beschäftigt sie. Neben der Frage der Identität ist auch eine Beschreibung des Zustands, in der sie sich im Jahr 2023 befindet. Ihre Ehe ist leicht erkaltet, ihre berufliche Situation liegt auf Eis und ihr Plan, ein Buch zu schreiben stockt ebenfalls.

Das Buch hat anfangs wenig Handlung. In der zweiten Buchhälfte wird ein historischer Kontext hinzugefügt, den ich nicht ganz so zwingend fand.
Das Buch ist aber keineswegs schwach. Dazu hat es zu viele gut Passagen.

Veröffentlicht am 21.09.2024

Eine Beziehung

Die vorletzte Frau
0

Katja Oskamp, die mit Marzahn, mon amour schon so sehr überzeugte, schreibt ein weiteres mal über ihr eigens Leben. Im Mittelpunkt steht die langjährige Beziehung einer Frau und einem Mann, dem Schweizer ...

Katja Oskamp, die mit Marzahn, mon amour schon so sehr überzeugte, schreibt ein weiteres mal über ihr eigens Leben. Im Mittelpunkt steht die langjährige Beziehung einer Frau und einem Mann, dem Schweizer Tosch.
Obwohl die Beziehung sehr eng ist, leben sie nicht zusammen. Tosch hält auf Distanz, denn er ist ein erfolgreicher Schriftsteller und das Schreiben ist ihm das wichtigste.
Die Erzählerin ist auch Schriftstellerin, wenn auch weniger bekannt. Sie hat mit Paula eine Tochter.
Die Passagen mit den dreien zusammen sind fast anrührend.
Später bekommt Tosch Krebs, aber sie hält zu ihm, pflegt ihn. Dennoch weiß man schon früh, dass die Trennung noch folgen wird.

Die Art der Beziehung ist interessant dargestellt. Teilweise ist sie ungleich, manchmal fast toxisch, dann gibt es aber auch Momente von Zuneigung und Verbundenheit.
Es gibt viele Kapitel, manche sind kurz. Auffällig ist, dass die Autorin einen ganz eigenständigen Ton gefunden hat. Dazu gehört auch ein leicht spöttischer Humor, dem es auch nicht an Selbstironie mangelt.