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Veröffentlicht am 18.09.2021

Die Lichtung im Wald

Mama
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Der Wald als Schauplatz der Handlung ist entscheidend für die bedrohliche Atmosphäre, die sich im Jessica Linds Roman Mama immer mehr und mehr entwickelt.

Das Paar Amira und Josef fahren in die Waldhütte, ...

Der Wald als Schauplatz der Handlung ist entscheidend für die bedrohliche Atmosphäre, die sich im Jessica Linds Roman Mama immer mehr und mehr entwickelt.

Das Paar Amira und Josef fahren in die Waldhütte, die zu Josefs Kindheit gehörte. Sein Vater ist im Wald ums Leben gekommen, dennoch hängt Josef an dieser Gegend.
Die Erzählperspektive wird aber von Amira bestimmt.
Sie und Josef haben einen Kinderwunsch und bekommen auch ein Baby, Louisa. Und als sie ca. 3 Jahre später zurück in die Hütte kommen, spürt Amira immer mehr eine Bedrohung. Durch einen mysteriösen fremden Wanderer, durch eine wilde Hündin, die im Wald herumstreift und in der Angst um ihr Kind. Als Leser hat man aber auch Angst, dass Amira selbst, von ihren irrationalen Gefühlen bestimmt, sich zu einer Tat hinreißen lässt. Doch der Verlauf der Handlung lässt viel Interpretationsspielraum und mehrere Erklärungsansätze, ohne das alles aufgeklärt wird.

Wie die Autorin die Romanhandlung mit sparsamen Mitteln immer mehr verdichtet und durch psychologische Momente beklemmende Stimmungen entstehen lässt, ist geschickt und wirkungsvoll gemacht. Ein großartiges Debüt.

Veröffentlicht am 18.09.2021

Lauter Reden

Nichts als Gutes
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Zuerst war ich ja skeptisch. Wie können Grabreden Literatur sein?
Aber schon mit der ersten Geschichte konnte der österreichische Schriftsteller Stefan Slupetzky mich überzeugen. Er macht natürlich Geschichten ...

Zuerst war ich ja skeptisch. Wie können Grabreden Literatur sein?
Aber schon mit der ersten Geschichte konnte der österreichische Schriftsteller Stefan Slupetzky mich überzeugen. Er macht natürlich Geschichten aus den Grabreden. Was da alles erzählt wird.
In der ersten Rede ist ausgerechnet ein Grabredner gestorben. Sein Kollege und Freund hält dann die Rede und es nimmt eine unerwartete Wende.

Wesentlich distanzierter zum Verstorbenen ist die zweite Rede, Mustermann.
Eher verehrend ist die Rede für einen Kommerzialrat.
Genial die Rede auf den ehemaligen Fußballer, der dann als Samenspender zum Schützenkönig wurde.
Zu meinen Lieblingsreden gehören die auf einen Schriftsteller und die von einem Autisten auf seine Tante, bei der er lebte.

Man merkt, die Geschichten sind doch unterschiedlicher als unerwartet, trotz gleichen Sujet. Aber fast immer ist eine nur manchmal verstecktem spöttische Ironie des Autors zu spüren. Zudem gibt er jeder Rede eine Einleitung. Das vereint die Geschichten dann wieder und macht sie zu einem Ganzen.

Veröffentlicht am 18.09.2021

13 Erzählungen

Die tristen Tage von Coney Island
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Der 1900 mit nur 28 Jahren verstorbene amerikanische Sxhriftsteller Stephen Crane verfügte über viel Ausdruck. Das beweist er in den Kurzgeschichten, die hier versammelt sind, z.B. schon bei der Titelgeschichte, ...

Der 1900 mit nur 28 Jahren verstorbene amerikanische Sxhriftsteller Stephen Crane verfügte über viel Ausdruck. Das beweist er in den Kurzgeschichten, die hier versammelt sind, z.B. schon bei der Titelgeschichte, die den Anfang macht oder bei Das Feuer. Da wird der Ausbruch eines Brandes beschrieben, überwiegend aus Sicht von Schaulustigen. Überhaupt haben mehrere Geschichten einen Reportagecharakter. Nicht selten ist etwas theatralisches an den Geschichten.Übertreibungen waren für Stephen Crane ein Mittel seiner Ironie.

Sehr gelungen ist auch das Nachwort von Wolfgang Hochbruck, der auch eine der Stories übersetzte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.09.2021

Ein Dorf im Osten

Vierunddreißigster September
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Der Roman Vierunddreißigster September ist relativ kurz, aber Angelika Klüssendorf schafft es in Kürze eine dichte Atmosphäre aufzubauen, die ein Dorf im Osten nach der Wende zeigt, damit auch einen gewissen ...

Der Roman Vierunddreißigster September ist relativ kurz, aber Angelika Klüssendorf schafft es in Kürze eine dichte Atmosphäre aufzubauen, die ein Dorf im Osten nach der Wende zeigt, damit auch einen gewissen Stillstand.
Im Mittelpunkt steht zunächst ein älteres Paar, Walter und Hilde, die schon lange verheiratet sind.
Wie der Klappentext schon andeutet, wird der schwerkranke Walter von seiner Frau getötet. Das ist aber mehr nur ein Aufhänger durch einen rasch wechselnden Blick auf die Dorfbewohner deren Eigenheiten und Beziehungen zueinander zu erzählen. Dabei ist Walter sogar als Toter noch dabei.
Obwohl Angelika Klüssendorf in ihren frühen Romane Das Mädchen und April den Leser näher an die Hauptfigur kommen lässt, überzeugt Vierunddreißigster September stilistisch und wirkt kompakter als z.B. Juli Zehs Unterleuten.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Prosa wie Poesie

Lieben
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Der Roman ist überwiegend in der dritten Person erzählt, doch der Protagonist heißt Ich. Ab und zu fällt der Text auch ins Du.
Es ist eine Methode, um eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, gleichteitig ...

Der Roman ist überwiegend in der dritten Person erzählt, doch der Protagonist heißt Ich. Ab und zu fällt der Text auch ins Du.
Es ist eine Methode, um eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, gleichteitig wird es sehr intensiv.

Streckenweis liest es sich auch wie ein Essay, aber es ist sehr literarisch, also eine Mischung, die beim Leser etwas aufbrechen kann. Dafür muss man sicher etwas konzentrieren, aber es lohnt sich.

Es wird von alltäglichen Dingen erzählt, aber auch von Lieben und dem Verlust des Gefühls und sehr viel über den Tod. Dem Sterben drängt Ich hin, doch gleichzeitig liebt er das Leben und alles was damit zusammenhängt.

Der Norweger Tomas Espedal ist ein interessanter Schriftsteller.
Die Übersetzung von Lieben erfolgte durch Hinrich Schmidt-Henkel.