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Veröffentlicht am 24.09.2021

Prosa wie ein Gedicht

Am laufenden Band
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Dieser autobiografische wie literarische Bericht ist aufgrund von mehreren Aspekten bemerkenswert.
Zum einen zeigt er einen Ablauf in einer Fabrik und was ein Arbeiter dabei empfindet.
Zwar ist der intellektuelle ...

Dieser autobiografische wie literarische Bericht ist aufgrund von mehreren Aspekten bemerkenswert.
Zum einen zeigt er einen Ablauf in einer Fabrik und was ein Arbeiter dabei empfindet.
Zwar ist der intellektuelle Joseph Ponthus vielleicht nicht gerade der typische Fabrikarbeiter. Andere, die sich nie außerhalb dieser Branche gewesen sind, reflektieren vermutlich anders, aber immerhin. Und dann bereichern seine Reflektionen das Buch über das eigentliche Thema hinaus.
Zum anderen ist der Stil des Buches außergewöhnlich und wirklich faszinierend. Es hat die Form eines Prosagedichtes, bleibt aber durchgängig gut lesbar.
Leider ist der Autor dieses Jahr gestorben, mit nur 42 Jahren an Krebs. Was er ansonsten literarisch noch erschaffen hätte, wäre überaus interessant gewesen.

Veröffentlicht am 23.09.2021

Die Welt unter Wasser

Florian, der Karpfen
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Einen bisher noch unveröffentlichten Text von Siegfried Lenz zu veröffentlichen ist löblich, aber man musste noch ein paar andere Texte und ein Vorwort sowie ein Nachwort dazunehmen, um gerade so ein Buch ...

Einen bisher noch unveröffentlichten Text von Siegfried Lenz zu veröffentlichen ist löblich, aber man musste noch ein paar andere Texte und ein Vorwort sowie ein Nachwort dazunehmen, um gerade so ein Buch daraus zu machen.
Der Haupttext ist Florian, der Karpfen. Ein Märchen! Ich halte es für Kinder von heute für ungeeignet. Als Erwachsener Leser hatte ich auch nicht so richtig Zugang, obwohl einige Figuren doch putzig sind. Zum Beispiel der Krebs Hans von Zwickau oder das Brassenmädchen Rosa.
Schließlich gab das wirklich gut gemachte Nachwort einige Erläuterungen,, die auf interessante Themen hinweisen.

Mit Die Fische gibt es dann sogar ein Gedicht, Außerdem eine Festrede

Es dürfte ein Buch für echte Lenz-Fans und für am Maritimen und Tauchen Interessierte sein, aber vielleicht gibt es ja noch mal eine Veröffentlichung von noch unveröffentlichten Lenz-Erzählungen mit mehr Substanz.

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Veröffentlicht am 21.09.2021

Let love flow like a river

Identitti
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Zuerst wollte ich den Roman nicht lesen, weil ich befürchtete, dass er sich zu plakativ an die Themen des MeToo und Persons of Color hängt.
Doch als der Roman immer mehr Aufmerksamkeit und positive Stimmen ...

Zuerst wollte ich den Roman nicht lesen, weil ich befürchtete, dass er sich zu plakativ an die Themen des MeToo und Persons of Color hängt.
Doch als der Roman immer mehr Aufmerksamkeit und positive Stimmen bekam und sogar für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde, habe ich doch zum Buch gegriffen.
Und tatsächlich ist der Roman gut geschrieben, empathisch in der Figurendarstellung und oft auch witzig.
Die Vorfälle um den Skandal um eine Professorin Saraswati und ihrer kulturellen Aneignung werden von der Studentin Nivedita beobachtet. Als Leser ist man dicht an ihr dran. Sie hat einen deutschen Vater und eine indische Mutter.
Die Sozialen Medien und was sie in Bewegung setzen können, werden in diesem Buch ziemlich genau dargestellt.
Ein rasantes Buch!

Veröffentlicht am 19.09.2021

Johanna brennt

1431
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Sophie Reyer nutzt die Geschichte von Johanna, der Jungfrau von Orleans, um tief in eine Zeit abzutauchen und sich in einen sprachlichen Rausch zu begeben.
1431 ist das Jahr, in dem Jeanne d‘Arc verbrannt ...

Sophie Reyer nutzt die Geschichte von Johanna, der Jungfrau von Orleans, um tief in eine Zeit abzutauchen und sich in einen sprachlichen Rausch zu begeben.
1431 ist das Jahr, in dem Jeanne d‘Arc verbrannt wurde.

Der Roman hat einige Rückblenden. So wird beispielsweise Johanna auch als aufgewecktes Kind mit ersten Visionen gezeigt und wie sie später als junge Frau in den Krieg zieht. Sophie Reyer zeigt Johanna wie sie brennt und wütet.
Der Hauptstrang zeigt sie aber in Gefangenschaft, beobachtet von Nicolas Loyseleur, ihren angeblichen Beichtvater Seine Gedanke über Johanna nehmen auch viel Raum ein..

Schon oft wurde der Stoff verarbeitet, Sophie Reyer fügt ihm keine neuen Akzente zu. Aber sie nutzt ihn, um ein Sprachfest zu feiern.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Unaufgearbeitete Vergangenheit

Die Dorfchronik
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Der Roman hat ein interessantes Thema. Ein Lehrer schreibt eine Chronik des Dorfes in dem er lebt.
Im Dorf Ebersfall gibt es aber aktuell Konflikte, ob es in einer anderen Gemeinde eingegliedert werden ...

Der Roman hat ein interessantes Thema. Ein Lehrer schreibt eine Chronik des Dorfes in dem er lebt.
Im Dorf Ebersfall gibt es aber aktuell Konflikte, ob es in einer anderen Gemeinde eingegliedert werden soll und es gibt Streit über ein Grab eines Deserteurs, der im Krieg hingerichtet wurde.
Der Lehrer steht da zwischen den Stühlen. Eigentlich ist er ein gut gemachter Protagonist der Geschichte, doch wundere ich mich, dass er sich so relativ gelassen verhalten kann, fast distanziert, dabei ist er doch Teil der Gemeinschaft. Doch vielleicht kann er gerade durch diese unabhängige Haltung dem Fall der Vergangenheit besser und objektiver nachforschen.
Ein Nebenplot behandelt das Eheproblem des Lehrers, der von seiner rFrau verlassen wurde, die dann jedoch im Verlaufe der Handlung zurückkehrt. Spannend, ob sie sich wieder zusammenraufen.
Dann gibt es noch den Bruder einer Nachbarin, der nach langer Zeit in Nordwestafrika zurückkehrtt und offenbar ein Geheimnis hat.

Im Großen und Ganzen hat mich dieser Roman deutlich mehr überzeugen können als Reinhard Großmanns letztes Buch „Wir dazwischen“, das eher lahm war.
Durch die Kürze bleibt der leicht überfrachtete Roman aber hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Dennoch kann beeindrucken, dass der 1934 geborene Autor Reinhard Großmann relevante Themen, wie Erinnerungskultur aufgreift und literarisch verdichtet.

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