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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.05.2021

Makellos

Letzte Ehre
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Friedrich Anis neues Buch trägt die Gattungsbezeichnung Roman und tatsächlich ist es mehr als nur ein Krimi, denn die psychologischen Momente sind im Vordergrund.
Der Roman besteht aus drei Teilen. Der ...

Friedrich Anis neues Buch trägt die Gattungsbezeichnung Roman und tatsächlich ist es mehr als nur ein Krimi, denn die psychologischen Momente sind im Vordergrund.
Der Roman besteht aus drei Teilen. Der erste umfasst 85 Seiten ist fast eine makellose Novelle.
Eine Schülerin ist verschwunden und Kommissarin Fariza Nasri befragt diverse mögliche Zeugen, unter anderen auch den unsympathischen Lebenspartner der Mutter der Verschwundenen.
Das Buch besteht zunächst hauptsächlich aus diesen Verhören, das ist stilbildend, die die psychologischen Momente ergeben sich daraus.
In Teil 2 und 3 geht die Handlung auch in andere Richtungen und Nasri wird selbst persönlich beteiligt.
Nach dem Finale gibt es am Ende noch eine überraschende Szene, über die hier natürlich nichts verraten werden soll.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.05.2021

Ein origineller Berlin-Roman

Berlin Heat
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Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag in einem Wettbüro.
Die nervliche Anspannung und die Hitze meint man als Leser spüren zu können.
Ein wenig sehe ich den Autor Johannes Groschupf als einen Erben ...

Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag in einem Wettbüro.
Die nervliche Anspannung und die Hitze meint man als Leser spüren zu können.
Ein wenig sehe ich den Autor Johannes Groschupf als einen Erben von Krimiautoren wie Dick Francis, natürlich mit jüngeren Sound. Den Vergleich beziehe ich in erste Linie auf die Kenntnisse menschlicher Psyche und das schätze ich sehr.
Gleichzeitig ist er auch sehr heutig sogar leicht in der Zukunft den die Corona-Pandemie ist bezwungen.

Der Protagonist, der gleichzeitig Icherzähler ist, halte ich für ebenso interessa nt wie ambivalent. So ganz koscher ist er auch nicht. Spielsucht, Schulden und nicht ganz einwandfreie Geschäfte, aber er ist im großen und Ganzen ein vernünftiger und cooler Typ, nur halt mit Schwächen.
Aber er ist momentan doch ziemlich am Boden und hat jede Menge Probleme. Ein Sumpf, in der versinkt. Das ist teilweise so intensiv geschrieben, das man es mit Beklemmung liest.
Manche Passagen sind rüde oder sogar drastisch.
Ein Roman, der sich nicht scheut, konsequent zu sein.

Veröffentlicht am 05.05.2021

Es war einmal in einem Dorf

Der Himmel vor hundert Jahren
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Der historische Roman „Der Himmel vor Hundert Jahren“ hat den Vorteil, dass er eine vergangene Zeit glaubhaft darstellt. Die Menschen und ihr Leben im russischen Dorf, das klein aber nicht winzig ist, ...

Der historische Roman „Der Himmel vor Hundert Jahren“ hat den Vorteil, dass er eine vergangene Zeit glaubhaft darstellt. Die Menschen und ihr Leben im russischen Dorf, das klein aber nicht winzig ist, wirken echt und unverstellt. Gut 100 Jahre liegt die Handlung zurück, aber die Autorin Yulia Marfutova vermag es, die Zeit so darzustellen, das man glaubt, man hätte dabei sein können.

Yulia Marfutova geht sorgsam mit ihren Figuren um. Es sind Originale, die fest in ihrem Dorf verwurzelt sind und manche sind abergläubisch, aber die Autorin macht keine Kasper oder Hanswurst aus ihnen. Ihnen verbleibt stets eine innere Würde. Ich mag das.
Das Element des Aberglaubens, z.B. an Flussgeister, beinhaltet Motive, die an den magischen Realismus erinnern.
Hinzu kommt eine entspannte, gute Handlungsführung, der man gerne folgt. Ein wirklich guter Debütroman!

Veröffentlicht am 05.05.2021

streitbare Essays

Was ist eigentlich los?
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Monika Marons eigenwillige und kompromisslose Äußerungen der letzten Jahre haben ihren Ruf teilweise angegriffen und manche haben sie klar in die ganz Rechte Ecke gestellt.
Wenn man sich aber diesem Sammelband ...

Monika Marons eigenwillige und kompromisslose Äußerungen der letzten Jahre haben ihren Ruf teilweise angegriffen und manche haben sie klar in die ganz Rechte Ecke gestellt.
Wenn man sich aber diesem Sammelband die Essays der letzten Jahre ansieht, kommt man zum Schluß, dass es sich um eine konservative, aber demokratisch gesinnte Autorin handelt.

Monika Maron besteht auf ihrer Meinung, natürlich beklagt sie sich auch viel, was man auch als Masche ansehen kann.
Aber es lohnt sich, die Texte vorurteilsfrei zu lesen. Auch wenn ich oft nicht mit ihrer politischen Auslegung übereinstimme, ist es doch legitim das alles zu thematisieren. Die AfD und Pegida verharmlost sie jedoch meiner Meiner Meinung nach. Doch ich kann Monika Marons streitbaren Texten und Meinungen mit Toleranz begegnen.
Stilistisch sind die Essays messerscharf und nicht gerade langweilig.
Einige Beiträge erzählen glaubhaftes über ostdeutsche Gefühlslage.

Zu den schönsten Essays gehören dass über ihren Hund Bruno, das mich leicht an Bonnie Propeller erinnert und der Beitrag über Sarah Wagenknecht , die sie dafür interviewt hat.

Veröffentlicht am 04.05.2021

Von Dingen und Undingen

Undinge
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Der deutsch-koreanische Philosoph Byung-Chul Han hat ein interessantes neues Buch vorgelegt.

Undinge ist ein für mich überraschender Text über Information und Kommunikation mit Umbrüchen in der heutigen ...

Der deutsch-koreanische Philosoph Byung-Chul Han hat ein interessantes neues Buch vorgelegt.

Undinge ist ein für mich überraschender Text über Information und Kommunikation mit Umbrüchen in der heutigen Zeit. Das ist mit einem deutlich kritisch Ton unterlegt.
Erstaunlicherweise sieht Byung-Chul Han seine These zum Teil als Erweiterung von Heideggers Seins-Begriff. Auch Hannah Arendt und Walter Benjamin werden erwähnt.

Gut gefallen haben mir die Bezüge zu Roland Bathes Fotografiebuch Die helle Kammer, das er als Eloge der analogen Fotografie bezeichnet.
Nicht nur deswegen wurde Selfies mein Lieblingskapitel des Buches.

Es gibt sogar immer wieder literarische Verweise, z.B. zu Musil, Satre, Rilke, Robert Walser, Antonie de Saint-Exupery, Peter Handke und Kafka.

Mit einem Exkurs zur Jukebox erhält das Buch zum Ende hin noch einen Höhepunkt.