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Veröffentlicht am 14.09.2020

Kurzprosa

Tu's nicht
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Etgar Keret ist wohl der bekannteste Autor der kurzen Prosaform aus Israel und einer der originellsten der Welt.
Die dramatische Titelgeschichte hat mich auf Anhieb umgehauen und ist der Grund, warum ich ...

Etgar Keret ist wohl der bekannteste Autor der kurzen Prosaform aus Israel und einer der originellsten der Welt.
Die dramatische Titelgeschichte hat mich auf Anhieb umgehauen und ist der Grund, warum ich das ganze Buch lesen wollte.
Es geht um einen verwitweten Mann, der mit seinem kleinen Sohn auf der Straße entlanggeht, als sie plötzlich einen selbstmordgefährdeten Mann auf dem Dach sehen, der springen will. Tu´s nicht schreit der Vater, doch der Mann hört ihn nicht.
Da hilft nichts außer zu ihm hoch zu laufen.
In den kurzen Momenten auf der Straße und den Weg die Treppe hoch, geht ihm seine eigene Tragödie durch den Kopf. Der Unfalltod seiner Frau, bei dem er am Steuer saß, die Traumatisierung seiner Kinder und jetzt diese Situation.
Das ist dermaßen zwingend geschrieben, dass ich mich nicht einen Moment von der Story losreißen konnte.
Weitere Stories haben ähnliche Qualitäten, sind aber meist ruhiger angelegt.
Sehr mochte ich die Geschichte Todd, in der es um die Kraft des geschriebenen Wortes geht. Tabula Rasa ist eine der Geschichte, die mehrteilig ist, also mehrere Kapitel hat.
Ich mag auch die originellen Titel mancher Keret-Geschichten, z.B. „Das vorletzte Mal, als sie mich aus der Kanone schossen“.
So weit erst einmal. Weitere Geschichten hebe ich mir noch auf, denn es empfiehlt sich, die Geschichten nicht alle sofort hintereinander zu lesen, sonst verpufft die Wirkung mit der Zeit und das wäre wirklich schade.
Fazit: Qualitativ hochwertige und originelle Kurzgeschichten!
9783841225962

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Veröffentlicht am 14.09.2020

Die Ballade von Johnny

Einer von der Straße
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Wolf Wondratschek schiebt den Lebensweg des 1942 geborenen Protagonisten Gustav Berger nicht auf Elternhaus oder Umstände sondern auf Veranlagung. Unruhig und rebellisch war er schon als Junge. Aber Zeit ...

Wolf Wondratschek schiebt den Lebensweg des 1942 geborenen Protagonisten Gustav Berger nicht auf Elternhaus oder Umstände sondern auf Veranlagung. Unruhig und rebellisch war er schon als Junge. Aber Zeit und Milieu dürften dennoch seinen Weg vom Halbstarken zum Ganoven mit geebnet haben.

Legendär der große Verriss des Buches beim Literarischen Quartett, damals 1991 noch von Marcel Reich-Ranicki persönlich.
Ich kann diesem Urteil nicht zustimmen, da der Roman doch eine ganz schöne Dynamik entwickelt. Gustav „Johnny“ Berger, der Tabakkönig, ist sicher keine sympathische Hauptfigur, aber das getriebene an ihm wird deutlich. Er kann nicht zurückstecken. Und so geht er seinen Weg und er wird ein König der Bordelle, Peepshows und Spielhallen.

Natürlich ist es so, dass Walter Staudinger, dem das Buch auch gewidmet ist, teilweise Vorbild für Gustav Berger ist, aber Wondratscheks Johnny ist weit mehr geworden. Man kann das Buch trotz der biografischen Bezüge komplett als Roman lesen.

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Veröffentlicht am 12.09.2020

Texte und Zeichnungen

milk and honey - milch und honig
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Die 1992 geborene indisch-kanadische Dichterin Rupi Kaur hat mit Mich und Honig ein erfolgreiches Gedichtband geschrieben. Es hat 4 Teile
- der schmerz
- die Liebe
- das zerbrechen
- das heilen

Am Anfang ...

Die 1992 geborene indisch-kanadische Dichterin Rupi Kaur hat mit Mich und Honig ein erfolgreiches Gedichtband geschrieben. Es hat 4 Teile
- der schmerz
- die Liebe
- das zerbrechen
- das heilen

Am Anfang steht die nicht einfache Kindheit, dann die große Liebe, aber auch das Zerbrechen der Beziehung. Es wird ein langer Abschied, bis am Ende eine Frau steht, die im reinen mit sich selbst ist und alle Seiten der Weiblichkeit feiert.

Auffällig am Buch ist, das Rupi Kaur ihren Illustrationen ebenso viel Raum einräumt wie den Texten. Es ist durchzogen von aussagekräftigen Zeichnungen.

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Veröffentlicht am 11.09.2020

obskure Geschichten

Geschichten mit Marianne
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Es sind obskure Geschichten, die der Icherzähler zum Besten gibt. Alle sind verknüpft durch die Hauptfiguren.

Gleich zu Beginn ein Knalleffekt. Während auf der Straße Chaos herrscht, es wird geschossen ...

Es sind obskure Geschichten, die der Icherzähler zum Besten gibt. Alle sind verknüpft durch die Hauptfiguren.

Gleich zu Beginn ein Knalleffekt. Während auf der Straße Chaos herrscht, es wird geschossen und Kämpfe zwischen Terroristen und Polizisten toben, sitzen der Icherzähler und seine Freundin Marianne gelassen beim Abendessen. Die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verschwimmen.
Der Kontrast zwischen Gewalt und Frieden in dieser Szene hat seine irritierende Wirkung, der man sich nur schwer entziehen kann.
In den Folgegeschichten geht es ruhiger, aber weiterhin ungewöhnlich zu. Der Effekt verpufft aber langsam.

Manche Passagen, in denen Marianne sich austobt, sind vulgär. Ich persönlich habe viel Distanz zu Xaver Bayers Weltsicht, aber das ist natürlich kein literarisches Kriterium.

Was bleibt ist immerhin bemerkenswerter Wortwitz und Einfallsreichtum.

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Veröffentlicht am 10.09.2020

Abwechslungsreich

Setze keinen Punkt an die Stelle, an die Gott ein Komma gesetzt hat
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Der koreanische Autor Shiva Ryu ist, glaube ich, eine Neuentdeckung im deutschsprachigen Raum.
Etwas anmaßend wird das Buch im Untertitel Weisheitsgeschichten genannt.
Das Thema Weisheit zu erlangen ...



Der koreanische Autor Shiva Ryu ist, glaube ich, eine Neuentdeckung im deutschsprachigen Raum.
Etwas anmaßend wird das Buch im Untertitel Weisheitsgeschichten genannt.
Das Thema Weisheit zu erlangen ist aber sicher zentral in diesen buddhistisch inspirierten Geschichten und manche gefallen mir ganz gut.
Nennen möchte ich z.B. schon den Prolog vom Gott Shiva, der auf einem tibetischen Gipfel lebt und seiner Frau einzigartige Geschichten erzählt und dabei belauscht wird.
Einige Geschichten haben offenbar autobiografische Bezüge. Die Studenten-Szenen sind interessante Stellen im Buch. Gelegentlich werden auch andere Schriftsteller, überwiegend westliche genannt, wie Paul Coelho, Mark Twain, Haruki Murakami, Patrick Modiano, Charles Bukowski, Hesse, Borges und andere.

Viele der folgenden Geschichten von Menschen, die in eine Krise geraten und eine Lösung finden müssen. Und manchmal kann die Lösung aus einfachen Mitteln bestehen. z.B. Häng die Sache nicht so hoch. Auch mit Mantras kann man sich selbst von positiven Dingen überzeugen.
Es gibt auch ein paar schöne Gleichnisse. Manches lernt der Autor auf seinen Reisen in Indien kennen.

Es gibt Kapitel, die sich wie Essays lesen, so etwa „Ein einziger wahrer Satz“ über Ernest Hemingway in Paris. Für mich ein Höhepunkt im Buch.
Ein weiterer Höhepunkt die Geschichte des Dichters über seine Vater.

Es gibt auch Abschnitte, mit denen ich weniger anfangen konnte, z.B. die Jung und Freud-Bezüge oder der Frage Wer bin ich.

Das Buch ist ziemlich abwechslungsreich.

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