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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2020

Das Richtige zu tun, ist nicht nichts

Miracle Creek
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“Roman” steht auf dem Cover und doch ist dieses wunderbare Buch zum Teil ein wahrer Gerichts- und Gerechtigkeits-Krimi. Wenn Menschen ums Leben kommen und die Umstände nicht ganz eindeutig sind, sind wir ...

“Roman” steht auf dem Cover und doch ist dieses wunderbare Buch zum Teil ein wahrer Gerichts- und Gerechtigkeits-Krimi. Wenn Menschen ums Leben kommen und die Umstände nicht ganz eindeutig sind, sind wir es gewohnt, den oder die Schuldige oder die Schuldigen zu suchen, zu finden und zu verurteilen.

Metaphorisch wie auch rechtlich. Angie Kim, die in diesem Buch ihr Wissen als ehemalige Anwältin einfließen lässt, zeigt auf, dass das nicht immer so einfach ist. Was, wenn spezielle Umstände zum Unglück geführt haben? Wenn die Verkettung dieser so stark, so unaufhaltsam war, dass niemand das Ergebnis kommen sah?

In “Miracle Creek” wird zwar offiziell nur einer Person der Prozess gemacht, aber als Leser erfährt man aus mehreren Perspektiven, von mehreren Beteiligten wie sie den Schicksalstag erlebt haben und auch die Tage davor. Plötzlich scheint jeder verdächtig, denn jeder verbirgt seinen Teil der Wahrheit und versucht, sich undurchsichtig zu geben um nur ja heil aus der Sache herauszukommen.

Menschliche Abgründe und Eitelkeiten, die psychischen Qualen die jeder für sich erleidet, werden schonungslos offengelegt (nur nicht dem Gericht gegenüber). Wird am Ende aber doch noch jemand das Richtige tun?

Veröffentlicht am 14.03.2020

Ein Spion und Schürzenjäger

Das Los, das man zieht
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Dass der Spanische Bürgerkrieg (1936-39) vor allem für Außenstehende sehr verworren war, mag bekannt sein. Wie schlimm es tatsächlich manchmal war, erfährt man verknüpft mit einer fiktiven Handlung in ...

Dass der Spanische Bürgerkrieg (1936-39) vor allem für Außenstehende sehr verworren war, mag bekannt sein. Wie schlimm es tatsächlich manchmal war, erfährt man verknüpft mit einer fiktiven Handlung in den Büchern von Arturo Pérez-Reverte. Seine Krimireihe (bisher 3 Bände) mit Agent Lorenzo Falcó spielt in und außerhalb Spaniens in den Jahren 1936 und 1937.

Falcó kann man getrost als James Bond der spanischen Literatur beschreiben. Er kann gut mit Frauen, ist nicht allzu wählerisch und auch als Agent und Auftragsmörder den meisten überlegen. Er führt seine Befehle gewissenhaft aus trifft während seines neuesten Auftrags zwar nicht auf 007, aber auf jemand viel realeren: Picasso kreuzt Falcós Weg. Oder vielmehr umgekehrt und das natürlich nicht zufällig.

In Paris wird 1937 gerade die große Weltausstellung vorbereitet auch wenn es im Hintergrund politisch in ganz Europa schon stark rumort und die Bürger zwischen Kommunismus und Faschismus regelrecht aufgerieben werden. Pérez-Reverte fängt in seinen Büchern gekonnt den politischen wie auch gesellschaftlichen Zeitgeist ein und entlässt seinen Helden und Anpassungskünstler in diese Welt.

Im Vergleich zu “Der Preis, den man zahlt” und “Der Tod, den man stirbt” ist dieser dritte Band der am wenigsten blutige. Statt allerlei Verfolgungsjagden und Schießereien spielt sich hier viel im Zwischenmenschlichen ab. Falcó braucht einen langen Atem um seine Ziele zu erreichen und es ist erstaunlich, wie geduldig er dabei vorgeht, wenn man bedenkt, dass er es mit den Frauen so ganz anders handhabt.

Fein konstruiert, unterhaltsam und spannend ist dieser Krimi, wenngleich man gegen Ende (sollte man die anderen Bände kennen) schon so ein bisschen vorausahnt, wer der geheimnisvolle Retter ist und was er eigentlich will.

Veröffentlicht am 13.03.2020

Solide konstruiert, mit spannendem Vergangenheitsbezug

Aus eisiger Tiefe
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Dieses Buch ist das dritte in der Reihe um die schwedischen Kommissarinnen Ingrid Nyström und Stina Forss. Wie auch schon von Band 1 und 2 gewohnt, gibt es einen speziellen Moment, sobald man im Buch entdeckt, ...

Dieses Buch ist das dritte in der Reihe um die schwedischen Kommissarinnen Ingrid Nyström und Stina Forss. Wie auch schon von Band 1 und 2 gewohnt, gibt es einen speziellen Moment, sobald man im Buch entdeckt, woher der Titel genau stammt.

Der Krimi startet mit einer recht witzigen (Geschäfts-)Idee: Eine Zwei-Mann-Firma lebt davon, Golfbälle aus den Teichen zu fischen und die teuren dann gebraucht zu verkaufen. Dass da auch mal andere Dinge gefunden werden, ist vorherzusehen.

Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf, Ingrid, Stina und ihre Kollegen werden in einen Strudel an alten Geschehnissen und aktuellen Verbrechen hineingezogen, die sich erst nach und nach offenbaren. Hängen die verschiedenen Toten zusammen? Wie auch in “Später Frost” und “Rotwild”, kommt auch hier wieder eine Stärke des Autorenduos Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson zum Tragen: Das gekonnte Verknüpfen aktueller Taten mit einem größeren Zusammenhang, der in die Vergangenheit reicht.

Dieses Mal zurück ins Jahr 1994, als in der Ostsee ein für Europa, aber vor allem das Baltikum und Skandinavien, einschneidendes Ereignis passierte. Weiter südlich ist schon vieles von damals vergessen, dieses Buch gibt Einblicke und im Gegensatz zur fiktiven Krimigeschichte wurde damals nicht alles aufgeklärt. Mehr sei nicht verraten, um nicht zu viel zu spoilern.

Wer schon andere Bücher dieser Reihe kennt, kann sich also wieder auf die gewohnten Elemente freuen: Verstrickung in die Vergangenheit, rätselhafte Elemente/Hinweise, Ermittlungen über Staatsgrenzen hinweg, amüsante Momente mit dem ungeliebten Chef, Alleingänge von Stina Forss und auch Ingrid kämpft weiter mit ihren ganz eigenen Dämonen.

Die Bände lassen sich aber auch für “Neulinge” gut lesen, sind abgeschlossen und unabhängig, bis auf wenige private Entwicklungen, über die man aber immer kurz aufgeklärt wird. Einziger Punkt, der den geneigten Mitteleuropäer kurz stutzig macht: Wie in Schweden üblich, sind hier alle per du, nicht nur unter Kollegen sondern auch bei Verhören. Aber das trägt wunderbar zum Lokalkolorit bei und stört nach einigen Seiten gar nicht mehr.

Veröffentlicht am 05.03.2020

Wo alles begann und alles endet

Feuerland
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Auch wenn der namensgebende Ort im Buch eine große Rolle spielt, so ist der Thriller doch mehr ein “Schweden-Krimi” denn ein südamerikanischer. Was ja nichts Schlechtes sein muss.

Vanessa Frank, Kriminalkommissarin ...

Auch wenn der namensgebende Ort im Buch eine große Rolle spielt, so ist der Thriller doch mehr ein “Schweden-Krimi” denn ein südamerikanischer. Was ja nichts Schlechtes sein muss.

Vanessa Frank, Kriminalkommissarin mit einer Abneigung gegen Gefühlsduselei und einer (kontrollierten) Vorliebe für Alkohol, entdeckt in diesem Thriller nicht nur neue Seiten an sich selbst sondern auch an ihren Kollegen.

Wobei, aktuell eher Ex-Kollegen. Oder möglicherweise bald Ex-Kollegen. Vanessa kam nämlich in ihrem Auto in einer Polizeikontrolle zu einem Zeitpunkt, als sie eine gewisse Menge Alkohol im Blut hatte. Nun sitzt sie zuhause und muss abwarten, wie ihr Fall beurteilt wird und ob sie überhaupt wieder in ihren Job zurück kann.

Zu viel Zeit würde andere Menschen gefühlsduselig und nachdenklich machen, nicht so Vanessa. Durch engen freundschaftlichen Kontakt zu einem Kollegen bekommt sie die interessantesten Entwicklungen mit und stellt selbst Ermittlungen quer durch Stockholm an. Durch Zufall erkennt sie dass es zwischen rätselhaften Entführungen von reichen Stockholmern und einem Überfall auf ein Uhrengeschäft einen Zusammenhang gibt.

Und plötzlich verschwinden nicht nur die Reichen, sondern auch Straßenkinder, die die weite Flucht quer durch und nach Europa geschafft haben. Gibt es auch da einen Zusammenhang? Es entfaltet sich ein spannender Krimi mit vielen Zutaten: Straßengangs, Flüchtlinge, korrupte Polizei, Entführungen, Erpressungen, Blut, Leichen und natürlich: Chile, wo alles begann und alles endet.

Veröffentlicht am 02.03.2020

Spannender Krimi mit Wien-Flair

Tod in der Hofburg
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Dieser Wien-Krimi ist Band 5 in der Reihe um die Journalistin Sarah Pauli, die gerne in verzwickte Fälle stolpert und sie natürlich auch löst.

Bis es so weit ist, garantiert Beate Maxian immer gekonnt ...

Dieser Wien-Krimi ist Band 5 in der Reihe um die Journalistin Sarah Pauli, die gerne in verzwickte Fälle stolpert und sie natürlich auch löst.

Bis es so weit ist, garantiert Beate Maxian immer gekonnt eine spannende Handlung, glaubwürdige Charaktere und Wien-Flair. Als Landsfrau der Autorin kenne ich Wien natürlich und konnte so die Protagonisten quer durch Wien gedanklich begleiten. Bestimmte Beschreibungen kann man sich in diesem Fall natürlich noch besser vorstellen. Aber auch Nicht-Wien-Kenner sollten da keine Probleme haben, sondern einfach eine schöne Stadt literarisch entdecken.

In „Tod in der Hofburg“ spielen vor allen das Sissi-Museum, der goldene Saal des Musikvereins und die Otto-Wagner-Kirche am Steinhof eine wichtigere Rolle. Das eine oder andere macht sicher auch Lust, sich das mal real anzusehen, wenn man es noch nicht kennt. Und eventuell liest man den Krimi danach noch einmal mit anderen Augen.

Diesen Wien-Krimi habe ich begeistert verschlungen. Die Handlung ist gut und spannend erzählt, wie gewohnt, und sehr interessant ist auch, dass man einige Hintergründe über das Krankheitsbild einer bipolaren Störung erfährt. Ein zentraler Punkt für diesen Krimi! Die große Aufklärung aller Fäden gibt’s natürlich im Schlusskapitel. Mir erschien das Motiv dann sogar ein wenig banal für die so gute Geschichte.