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Veröffentlicht am 21.05.2018

Südfranzösische Scheinidylle

Madame le Commissaire und die tote Nonne
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Passend zur Jahreszeit entführt Pierre Martin den Leser zum fünften Mal in die Provence. Im beschaulichen Städtchen Fragolin, wo die ehemalige Top-Polizistin Isabelle Bonnet das Büro der police nationale ...

Passend zur Jahreszeit entführt Pierre Martin den Leser zum fünften Mal in die Provence. Im beschaulichen Städtchen Fragolin, wo die ehemalige Top-Polizistin Isabelle Bonnet das Büro der police nationale leitet, passiert ja eigentlich nie viel. Sobald es aber einen neuen Roman der Reihe gibt, kann der Leser sich sicher sein, in einen spannenden Fall gezogen zu werden.

Und wie meist setzt Isabelle alles daran, scheinbar harmlose Verbrechen oder als Unfälle getarnte Taten aufzudecken und die Gerechtigkeit siegen zu lassen. Dabei legt sie schon das eine oder andere Mal Vorschriften etwas großzügiger aus und bringt sich auch gerne Hals und Kopf selbst in Gefahr. Doch da es die Gewissheit gibt, dass sie als Hauptfigur noch länger unter uns weilt, sind auch diese Stellen mit gewissem Vergnügen zu lesen.

Wer sich von der Atmosphäre und den Charakteren vereinnahmen lässt wird in eine wunderbare Welt voll mildem Klima, gutem Essen und unterhaltsamen Persönlichkeiten entführt. Wenn da nicht noch ein Mörder unterwegs wäre…

Veröffentlicht am 21.05.2018

Blut und Whisky

Der Pate von Glasgow
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Die Polizisten Jim Daley und Brian “Scooty” Scott sind in Schottland relativ bekannt. Sie leiteten eine Operation gegen die Mafia und landeten einen großen Erfolg. Daley, nun im beschaulichen Kinloch stationiert, ...

Die Polizisten Jim Daley und Brian “Scooty” Scott sind in Schottland relativ bekannt. Sie leiteten eine Operation gegen die Mafia und landeten einen großen Erfolg. Daley, nun im beschaulichen Kinloch stationiert, glaubt schon alles in seiner Laufbahn gesehen zu haben. Zwischen illegalem Handel mit Tabak und anderen kleinen Vergehen holt ihn und Scott die Vergangenheit aber wieder ein. Haben sie damals einen folgenschweren Fehler begangen?

Die Ereignisse schreiten voran, die aktuellen Ermittlungen kommen zwischen viel (gutem und schlechterem) Whisky anfangs nur schleppend voran. Der Leser erfährt zwischen den Zeilen mehr und ist der Polizei genau wie der Täter einen Schritt voraus.

Manche Stellen im Buch beziehen sich klar auf den Vorgänger der Reihe, aber der Krimi lässt sich insgesamt auch gut ohne Vorwissen lesen. Positiv zu erwähnen ist auch die richtige Prise “Highland-Humor”, die immer wieder durchblitzt. Zudem schafft er der Autor immer wieder, sobald dem Leser einige Details als stimmig erscheinen, durch wenige Sätze Verwirrung zu stiften, somit wird es nie zu vorhersehbar und es bleiben Fragen offen, anhand derer man mitermitteln kann.

Auch taugt der Krimi nun im kommenden Sommer gut als Abkühlung, spielt er doch nicht alleine in Schottland, sondern auch noch im Winter. Ein rundum solides nordbritisches Abenteuer.

Veröffentlicht am 21.05.2018

Eine Wiener Mordserie mit und vor historischem Hintergrund

Schönbrunner Finale
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Gekonnt und mit jeder Menge österreichischem Schmäh verbindet Gerhard Loibelsberger Fantasie mit Fakten und kreiert so eine ganz eigene Art von Roman.

Die Hauptfigur des fiktiven Joseph Maria Nechyba, ...

Gekonnt und mit jeder Menge österreichischem Schmäh verbindet Gerhard Loibelsberger Fantasie mit Fakten und kreiert so eine ganz eigene Art von Roman.

Die Hauptfigur des fiktiven Joseph Maria Nechyba, seines Zeichens einer der letzten Oberinspectoren Österreich-Ungarns, ist dabei, eine Reihe von (tatsächlich) verübten Verbrechen aufzuklären - was das Buch zu einem spannenden Wien-Krimi macht. Die genau aufgearbeitete Geschichte des Reiches und die historisch akkuraten Erzählungen und Beschwerlichkeiten der damaligen Zivilbevölkerung geben dem Roman einen Touch in Richtung “unterhaltsames Geschichtsbuch”, was absolut nicht negativ klingen soll.

Auch wenn dieser Band das Finale der Reihe um Nechyba darstellt, lässt er sich auch gut unabhängig davon lesen und verstehen. Wenngleich Nicht-Österreichern dafür zusätzlich zum Glossar am Ende des Buches auch direkt im Text Übersetzungen spezieller (Wiener) Begriffe als Fußnoten zur Verfügung stehen. Manche Redewendungen oder Bezeichnungen sind mittlerweile auch in Österreich nicht mehr in Verwendung oder sehr rar geworden, anderes ist einfach noch immer üblich und verleiht dem Roman ein wunderbares Flair.

Auch die Figur des Oberinspectors, im Büro und im Kaffeehaus ein selbstbewusster Beamter und zuhause etwas unter der Fuchtel seiner Frau - die ebenfalls arbeiten geht - macht einen Großteil der, wenn man so sagen kann, Liebenswürdigkeit des Buches aus. Er ist prinzipientreu ohne stockkonservativ zu wirken und wirkt angesichts des drohenden Umsturzes im Land schlussendlich fast etwas naiv, hat er sich doch beinahe recht gut mit der Lebensmittelknappheit und den Bedingungen während des Krieges allgemein arrangiert.

Er ist allerdings keiner, der die relativ guten Umstände für sich und seine Frau als gegeben hinnimmt, er weiß genau, dass sie dies unter anderem seiner Position und der Verwandtschaft auf dem Lande verdanken, wo die Leute zwar arm, aber noch nicht hungernd leben. Für gute Lebensmittel nützt Nechyba zusätzlich auch zwielichtige Kanäle, erscheint dabei aber nie kriminell oder korrupt, kann er doch für alles, was nicht geschenkt ist, auch bezahlen.

Joseph Maria Nechyba darf sich nach Abschluss seines Falles und dieses Romans nun vor allem auf seinen Ruhestand freuen und die Leser auf weitere, andere Bücher von Gerhard Loibelsberger.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Flotter Krimi für zwischendurch

Sommernachtstod
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Dieses Buch ist für mich ein guter, netter (auch wenn das oft abwertender klingt als es gemeint ist) Schwedenkrimi. Die Geschichte hat viele klassische Zutaten: ein Verbrechen geschieht in einem kleinen ...

Dieses Buch ist für mich ein guter, netter (auch wenn das oft abwertender klingt als es gemeint ist) Schwedenkrimi. Die Geschichte hat viele klassische Zutaten: ein Verbrechen geschieht in einem kleinen Dorf, niemand hat etwas gesehen, niemand weiß etwas und gleichzeitig wissen alles etwas. Die Geschehnisse werden von Vorverurteilungen gelenkt. Die gebrandmarkten Familien gehen unterschiedlich damit um und dem vergraulten Ermittler lässt die Sache keine Ruhe, weil er sie nicht aufklären konnte.

Die Hauptfigur ist Veronica, eine zutiefst verletzliche Person, die auch damals von dem Verbrechen betroffen war und es nagt auch an ihr, dass es keine Aufklärung gab. Sie ist aus dem Dorf geflohen doch die Sache holt sie wieder ein. Ein junger Mann, ein Außenstehender, bringt alles ins Rollen und die beiden beschließen nach der Wahrheit zu suchen. Was passierte vor wirklich vor rund 20 Jahren?

Auch wenn Veronica durchaus “nervige” Momente hat und nicht jedes Detail schlüssig ist (ein Zettel lässt sich nach langer Zeit unter Wasser noch herzeigen?), lässt sich der Krimi flott lesen und unterhält gut. Für alle, die gerne etwas Spannung, aber keine Psychothriller mögen und auch auf allzu viel Blut verzichten können, bietet sich “Sommernachtstod” als flottes Buch für zwischendurch an.

Veröffentlicht am 24.04.2018

Ich trinke, also bin ich?

Die Geschichte des Wassers
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Wer die etwas langatmigen ersten Abschnitte dieses Buches übersteht, wird belohnt. Und zwar mit einem nachdenklich machenden Roman über Luxus, Vergänglichkeit und Miteinander. Maja Lunde hat nur wenige ...

Wer die etwas langatmigen ersten Abschnitte dieses Buches übersteht, wird belohnt. Und zwar mit einem nachdenklich machenden Roman über Luxus, Vergänglichkeit und Miteinander. Maja Lunde hat nur wenige Hauptfiguren gewählt dafür seziert sie diese vorsichtig und wirft viele Fragen auf.

Wie sehr bestimmt unsere Vergangenheit, unsere Kindheit, wer wir jetzt sind? Was könnte in Europa passieren, wenn die Klimaerwärmung noch ein paar Jahrzehnte so voranschreitet? Lunde stellt Thesen auf, erfindet ein erschreckendes Szenario und lässt den so normalen Griff zur Wasserflasche plötzlich in anderem Licht erscheinen.

Kein Eis, kein Regen, kaum Trinkwasser. Wollen wir das wirklich? Können wir das verantworten? Oder wird alles schon nicht so schlimm werden, wenn wir den Kopf nur tief genug in den Sand stecken? Sand jedenfalls sollten wir dann genug haben, wenn ganze Landstriche ausdörren und unbewohnbar werden. Das jedenfalls passiert - bis jetzt nur - im Roman. 2041 begleitet der Leser eine kleine Familie, Vater und Tochter, auf der Flucht. Der Flucht vor Hitze, Flammen und Verdursten.

Das Buch macht durstig. Durstig nach Wasser, aber auch nach Lundes Erzählstil, nach ihren Charakteren und wunderbaren Geschichten. “Die Geschichte des Wassers” ist eine kleine Mahnschrift, aber genauso ein schöner, eigenwilliger Roman um zutiefst menschliche Gedanken und Gefühle.