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Veröffentlicht am 11.08.2021

Hinter den Taten

In allen Punkten
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Dieses Buch, das 30 Fälle und mehr als ebenso viele Schicksale umfasst, gibt einen Einblick in die Arbeit eines Strafrichters. Der Grazer Helmut Wlasak hat ganz unterschiedliche Beispiele gewählt. Egal, ...

Dieses Buch, das 30 Fälle und mehr als ebenso viele Schicksale umfasst, gibt einen Einblick in die Arbeit eines Strafrichters. Der Grazer Helmut Wlasak hat ganz unterschiedliche Beispiele gewählt. Egal, ob es eine Affekttat einer vollkommen unbescholtenen Person oder organisierter Schmuggel ist, seine täglichen Erlebnisse zeigen ganz gut, dass vor Gericht nicht ausschließlich die “Monster” oder die “Ausländer” sitzen. Es kann - unter bestimmten Umständen - jeden treffen.

Natürlich wiegen nicht alle Taten gleich schwer, dennoch gebührt jeder Person Respekt. Bisweilen werden Geduld und Lachmuskeln erheblich strapaziert und es gibt auch gefährlichere Tage vor Gericht.

Auf die Konsequenzen geht Wlasak nicht immer ganz genau ein, im Fokus stehen vielmehr die Lebensgeschichte der Angeklagten und die Umstände, die zu ihren Taten geführt haben. Manche Episoden sind witzig, aber nie wird jemand bloßgestellt.

Der vor allem zu Beginn etwas “sprödere” Erzählstil nimmt den lustigen, traurigen oder schockierenden Ereignissen ein wenig die Schärfe und lässt dem Leser den Blick auf das Wesentliche offen: die Menschen hinter den Tätern.

Veröffentlicht am 07.08.2021

Entführung auf Distanz

Eskalation
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Was für ein Pageturner! Die originelle Grundidee und die vielen sehr kurzen Kapitel mit Uhrzeitangaben lassen die 315 Seiten nur so vorbeifliegen. Der Thriller entwickelt sich dadurch fast in Echtzeit, ...

Was für ein Pageturner! Die originelle Grundidee und die vielen sehr kurzen Kapitel mit Uhrzeitangaben lassen die 315 Seiten nur so vorbeifliegen. Der Thriller entwickelt sich dadurch fast in Echtzeit, man springt zwischen Opfer, Täter, Polizei und anderen involvierten Personen schnell hin und her.

Die Handlung spielt in einem Zeitraum von rund dreieinhalb Tagen irgendwo in Deutschland an der A1 (einziger Hinweis dazu: die Herrencreme). Der Ort selbst ist aber nicht wichtig, die Verbrechen könnten beinahe überall so stattfinden.

Viele kleinere Firmen und Selbstständige werben auch heute noch (prä-Internet war das noch wichtiger) auf ihren Autos mit ihrem Logo und einer Kontaktmöglichkeit. Heutzutage kann man da eine Web- oder Mailadresse oder social media angeben, früher blieb nur die Telefonnummer.

Das Firmentelefon ist dann natürlich idealerweise auch immer im Auto mit, damit potenzielle Kunden gleich jemanden erreichen. Und man ist dann auch sehr verleitet, immer abzuheben, egal wie spät es ist. Genau das wird Protagonistin Dina zum Verhängnis. Ein Unbekannter ruft sie an und gibt ihr Anweisungen, wohin sie fahren soll.

Entführt, alleine im eigenen Auto? Geht das? Mithilfe vieler kleiner Wendungen (manche absehbar, manche nicht) gelingt es Nora Benrath, aus dieser leicht schrägen Idee eine packende Erzählung über die menschliche Psyche zu machen. Neben dem Täter-Opfer-Spiel und den Polizeiermittlungen widmet die Autorin vor allem der Presse viel Raum, wohl auch weil sie selbst Journalistin ist und diesen Teil authentisch formulieren kann.

Ein kleiner Wermutstropfen waren für mich die genutzten Klischees die zwischendurch und bei der Aufklärung vorkommen. Sie dienen genauso als falsche Fährten wie auch als Erklärung der Geschichte.

Veröffentlicht am 07.08.2021

Was wäre, wenn… ?

Die letzte Wahl
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Dieser gelungene Polit-Thriller über eine düstere, hoffentlich nur fiktive Zukunft Deutschlands warnt eindringlich davor, demokratische Maßstäbe und Grundrechte zu sehr aufzuweichen und alles dem Hass ...

Dieser gelungene Polit-Thriller über eine düstere, hoffentlich nur fiktive Zukunft Deutschlands warnt eindringlich davor, demokratische Maßstäbe und Grundrechte zu sehr aufzuweichen und alles dem Hass preiszugeben was in den vergangenen 80 Jahren erreicht wurde.

Markus Hartwig ist Anführer der “Volkspartei”, einer ultra-rechten Gruppierung, die mit klassischen Festzeltauftritten und viel Onlinepräsenz gerade ihren hetzerischen Wahlkampf absolviert. Hartwig will Kanzler werden und hat detaillierte Pläne in der Schublade, wie er Deutschland daran umkrempeln möchte.

Doch es kommt, wie es oft kommt: die geheimen Pläne sind nicht so geheim wie die Parteispitze das gerne hätte. Journalist Nicholas Moor entdeckt nach und nach, was Hartwig und seine Hintermänner vorhaben. Doch das Ganze scheint zu abgedreht, zu radikal zu sein.

Niemand will Nicholas glauben, gleichzeitig macht die “Volkspartei” aber Jagd auf ihn und alle, die ihm nahestehen. Es entfaltet sich ein spannender Thriller mit Verfolgungsjagden, viel Geheimniskrämerei und auch “Gut” und “Böse” wechseln manchmal die Seiten. Wer kann wem noch trauen?

Eric Sander hat Politikwissenschaften studiert und definitiv viel Zeit mit der Recherche zu politischen Strukturen und europäischer, deutscher Demokratie sowie den Tendenzen innerhalb Europas und weltweit (er erwähnt zum Beispiel Donald Trump im kurzen Interview auf der Umschlaginnenseite). Manches im Buch mag zugunsten der Spannung etwas unrealistisch wirken, aber die politischen Hintergründe scheinen erschreckend real.

Persönliche Notiz: Aus österreichischer Sicht ist die hier benutzte Abkürzung für die “Volkspartei”, also VP, zwischendurch amüsant. In Österreich gibt es seit 1945 eine solche, die landesintern ÖVP beziehungsweise VP abgekürzt wird. Und aktuell gibt es auch einen VP-Kanzler.

Überhaupt findet man als Österreicher ein paar kleinere und größere Anspielungen auf das eigene Land im Buch, ein abgewandeltes Zitat, ein Name, ein Nebensatz - das bringt auch eine spaßige Note in den Ernst der Geschichte.

Veröffentlicht am 01.08.2021

US-Lokalkolorit und ein spannender Mordfall

Unbarmherziges Land
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Dieser Krimi wirkt aus “europäischer” Sicht nicht nur aufgrund der Geschichte spannend, sondern auch weil er so viel Lokalkolorit und Eigenheiten hat. Ob das akkurat ist oder nicht, kann ich natürlich ...

Dieser Krimi wirkt aus “europäischer” Sicht nicht nur aufgrund der Geschichte spannend, sondern auch weil er so viel Lokalkolorit und Eigenheiten hat. Ob das akkurat ist oder nicht, kann ich natürlich nicht beurteilen aber im Buch kommen die Einwohner der (fiktiven) Kleinstädte zwischen den bewaldeten Hügeln Kentuckys speziell rüber.

Nicht nur, dass jeder jeden kennt, wenn er ihn nicht kennt, braucht er nur nach dem Familiennamen zu fragen und schon ist klar, welche der Vorfahren die eigenen Vorfahren mochten oder nicht. Alte Familienfehden halten sich hartnäckig.

Protagonist Mick Hardin, Soldat auf Heimaturlaub und Spezialist für Mordermittlungen (innerhalb des Militärs), stellt sich nie selbst vor, wenn er Unbekannte besucht um sie zu befragen. Er stellt sich nur als Sohn seines Vaters vor. Ob das auch für Töchter gilt?

Abgesehen davon findet Autor Chris Offutt auf den 220 Seiten auch viel Platz für die Natur, die Lebensweise der Menschen und die Dynamik einer Kleinstadt mit all ihren Vorteilen und Nachteilen.

Obwohl er genug eigene Probleme zu lösen hat (wegen derer er Urlaub bekam), erwacht Micks Instinkt als ihn seine Schwester Linda um Hilfe bittet. Sie ist der Sheriff des Ortes und arbeitet an einem Mordfall. Sie erkennt bald, dass hinter dem Mord diverse Interessen stecken könnten, in die sie sich in ihrer Position nicht hineinziehen lassen sollte.

Die Kapitel sind kurz, der Schreibstil flott und die Figuren nicht austauschbar und mit teilweise witzigen Eigenheiten ausgestattet. Sie driften nie zu sehr ins Klischee ab (bis auf wenige Ausnahmen, wo das definitiv gewollt ist) und obwohl man die Geschwister auch privat kennenlernt, hat man nicht das Gefühl, dass dieser Teil der Handlung zu viel Gewicht bekommt. Die Mischung stimmt.

Veröffentlicht am 24.07.2021

Beklemmend und (leider) teilweise sehr aktuell

In stürmischer Nacht
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Wieder schaffen es die beiden Autoren hier, einen klassisch spannenden, unterhaltsamen Schwedenkrimi zu schreiben, der die gewohnten Stärken aufweist: Eine Episode, ein Unglück aus der (näheren) Vergangenheit ...

Wieder schaffen es die beiden Autoren hier, einen klassisch spannenden, unterhaltsamen Schwedenkrimi zu schreiben, der die gewohnten Stärken aufweist: Eine Episode, ein Unglück aus der (näheren) Vergangenheit wird mit aktuelleren Ereignissen verknüpft und alles zusammen mit einem gut funktionierenden Ermittlerteam und zwischenmenschlichen Wirrungen unterfüttert.

Soweit alles gut und stimmig, auch wenn mir persönlich das Muster “Stina Forss hat als Einzige immer Recht” ein wenig zu stark ausgeprägt scheint. Sie ist Deutsch-Schwedin und empfindet aufgrund ihrer früheren Wirkungsstätte (Berliner Mordkommission) die Schweden auf dem Land etwas zu behäbig und zurückgenommen. Dazu hat sie einen Dickschädel und ein paar Bindungsprobleme.

Dennoch, im mittlerweile vierten Band der Reihe könnte man sie vielleicht etwas ausgeglichener ins gesamte Team einbinden.

Alles in allem ist “In stürmischer Nacht” bis auf wenige Längen packend und gut gestrickt, man bekommt auf beklemmende Art und Weise mit, wie ausgeliefert Menschen den Naturgewalten sein können. Dass ich das schon etwas ältere Buch gerade jetzt nach den aktuellen Überflutungen und großen Schäden in Mitteleuropa zur Hand genommen habe, war Zufall, aber das ließ mich diesen Teil der Geschichte noch stärker erleben.

Ich bin schon gespannt, wie es mit Hauptkommissarin Ingrid Nyström, Stina und den anderen weitergeht, auch weil es hier am Ende einen leicht verwirrenden Cliffhanger gibt. Der nächste Band, “Der unerbittliche Gegner” und weitere liegen schon bereit.

Die einzelnen Bücher sind in sich abgeschlossene Krimigeschichten, aber die Charaktere und ihre eigenen Geschichten sind natürlich besser verständlich, wenn man sie alle nacheinander liest. Wen das nicht stört oder wer gar nicht so viel Privates wissen möchte, macht mit egal welchem Buch der Reihe sicher nichts falsch.


Die Reihe um Nyström und Forss bis dato:

“Später Frost”, “Rotwild”, “Aus eisiger Tiefe”, “In stürmischer Nacht”, “Der unerbittliche Gegner”, “Erzengel”, “Schneewittchensarg” und “Die Taten der Toten”.