Um die Menschheit zu retten, muss sie für immer verändert werden
Die ferne Zukunft. Ein Atomkrieg hat die Erde fast vollständig zerstört. Nur einige wenige Menschen wurden von den Oankali, einer geheimnisvollen außerirdischen Spezies, gerettet. Jetzt sollen sie auf ihren Heimatplaneten zurückkehren. Aber die Hilfe der Oankali hat ihren Preis ...
Das einzigartige Science-Fiction-Meisterwerk von der Autorin von DIE PARABEL VOM SÄMANN
»Xenogenesis« beinhaltet die drei Romane »Dämmerung«, »Rituale« und »Imago«.
"Xenogenesis" ist eine literarische Herausforderung, die den Leser zwingt, über die grundlegenden Fragen der Menschlichkeit, Ethik und Veränderung nachzudenken. Butlers Schreibstil in "Xenogenesis" ist ...
"Xenogenesis" ist eine literarische Herausforderung, die den Leser zwingt, über die grundlegenden Fragen der Menschlichkeit, Ethik und Veränderung nachzudenken. Butlers Schreibstil in "Xenogenesis" ist präzise und eindringlich. Sie verwendet eine klare, direkte Sprache, um komplexe und oft verstörende Themen zu vermitteln. Die endlosen Gespräche über Fortpflanzung und genetische Veränderung können ermüdend erscheinen, aber sie sind zentral für die Erzählung und das Verständnis der Charaktere und ihrer Motivationen. Der erste Eindruck, dass das Thema auch kürzer abgehandelt werden könnte, ist verständlich. Die langen Diskussionen über Fortpflanzung und die genetischen Veränderungen erscheinen monoton. Doch diese Wiederholung dient dazu, die ethischen und emotionalen Tiefen derSituation zu unterstreichen.
Ein Meilenstein in der Science-Fiction-Literatur, die zu Diskussionen anregt. Eine klare Leseempfehlung.
Das ist das Leitmotiv, dass Octavia E. Butler immer wieder aktiviert, um ihre progressiven, afrofuturistischen Ideen sichtbar zu machen. Während sie in ihrer dystopischen Parabel-Dilogie ...
Veränderung. Change.
Das ist das Leitmotiv, dass Octavia E. Butler immer wieder aktiviert, um ihre progressiven, afrofuturistischen Ideen sichtbar zu machen. Während sie in ihrer dystopischen Parabel-Dilogie eine ganze Religion um dieses Motiv herum entwirft, fokussiert sie sich in Xenogenesis auf die Frage: Was wäre, wenn das Überleben der Menschheit davon abhinge, sich mit anderen Lebensformen - biologisch - zu verbinden und etwas Neues daraus zu schaffen?
Xenogenesis ist eine Trilogie bestehend aus den Büchern “Dämmerung”, “Rituale” und “Imago”, in dieser neuen Ausgabe in einem Band erschienen und übersetzt von Barbara Heidkamp. Je nach Lesart haben wir es mit einer hoffnungsvollen Dystopie, oder einer nicht ganz so cozy Utopie zu tun: Kurz vor der Zerstörung der Erde durch einen Atomkrieg wurden einige Menschen von Aliens gerettet und in einen jahrhundertelangen Kryoschlaf versetzt. Lilith Iyapo ist der erste Mensch, der erwachen und die Alienspezies, die Oankali, kennenlernen darf. Ihre Aufgabe wird es sein, eine Gruppe von Menschen wieder auf der Erde anzusiedeln - aber unter den Bedingungen der Oankali…
Die Oankali sind mit Tentakeln bedeckte Wesen, die drei Geschlechter haben: Männlich, weiblich und “Ooloi”, ein Geschlecht, das außerhalb dieser Binarität steht. Ihre Kultur basiert darauf, dass sie mit Genen handeln: Sie retten andere Spezies, analysieren ihre Gene und vermischen ihre eigenen mit diesen. Butler stellt der Menschheit also Aliens gegenüber, deren ganzes Sein daraus besteht, sich und ihre Partner*innen, ihre Kinder, zu transformieren, zu verändern.
Neben dem großen Metathema “Veränderung” wirft Butler die Frage nach Individualismus und autonomer Selbstbestimmung vs. Gemeinwohl, innige Verbundenheit und “Einswerden” mit anderen und der Umwelt auf. Durch die Andersartigkeit der Aliens kommt der utopische, der herausfordernde Gedanke mit rein; ist es wirklich so schwierig, von seinen alten Glaubenssätzen abzulassen, seine Berührungsängste zu überwinden? Andere Familienkonzepte anzunehmen? Butler nimmt eigentlich fast immer die “Seite” der Oankali ein, nicht unbedingt die der Menschen - die wie auch in der Parabel-Dilogie als verroht und gewaltvoll dargestellt werden. Sie beschreibt sie ausführlich; selten habe ich mich so vor Aliens gefürchtet, selten fand ich dieses Spiel mit dem “uncanny valley” von Hybridität der Lebensformen so gruselig wie hier und selten war ich gleichzeitig so fasziniert. Hybridität als Vorstellung auszuhalten, das war herausfordernd, aber am Ende belohnend.
KRITIK
Leider gibt es in meinen Augen auch Schwachstellen in den Büchern. Immer gegen Ende zog es sich ganz schön, es wurde repetitiv; der Survival-Aspekt wurde teilweise wirklich breit ausformuliert.
Die Essentialisierung der Lebensformen, die deterministisch von ihren Genen bestimmt sind, war wohl mein größtes Problem mit dem Buch - vor allem der Fakt, dass Geschlecht und Sexualität, generell Identität, komplett von Genen “gesteuert” zu sein schien, ohne, dass die Lebensformen einen freien Willen hätten. Der durch den Atomkrieg verursachte Mangel an menschlichem Nachwuchs und der Hinderung der Oankali daran, dass sich zwei Menschen ohne Oankali-Eingriff “paaren”, nimmt die Mutter fast schon die “heilige” Rolle des “Ursprünglichen” an. Wobei das auch wiederum durch die Komponente der Genmanipulation auf eine andere Ebene als die stumpfe “Frauen sind da um Kinder zu gebären”-Schiene gebracht wird. Im dritten Band wird das zwar weiter aufgebrochen, aber mir hätten mehr Gegenentwürfe bei den Menschen besser gefallen.
FAZIT
Jeder Neubeginn ist hart, mühsam und entsteht nicht ohne Gründe. Doch egal, wie schwer der Weg ist, bei Butler bleibt immer die Hoffnung, ein Ausblick auf ein besseres - ein anderes - Leben, für das es sich lohnt, zu kämpfen. Und dass nur ein Samen, ein Funken Hoffnung, ausreicht, um etwas Wunderbares zu erschaffen.
Ich konnte zwecks Länge gar nicht mehr auf weitere, afrofuturistische Themen eingehen, werde das aber an anderer Stelle tun. Nun hoffe ich, dass ihr diese großartige Science-Fiction-Autorin ausprobiert - empfehlen würde ich euch eher, mit der Parabel-Dilogie anzufangen, die Xenogenesis-Trilogie könnte doch ziemlich herausfordernd sein, insbesondere für Sci-Fi-Neulinge.