Anscheinend gibt es im Sauerland einen kauzigen Menschenschlag, der die klassische Rollenverteilung in Familien bevorzugt, Arbeitslosigkeit und Faulheit gleichsetzt, katholische Wertvorstellungen hochhält und mit der Verbreitung von Klatsch Abweichungen schneller ahndet, als die Betroffenen diese realisieren können. In diesem Milieu lebt und arbeitet Kommissarin Inka Luhmann, Protagonistin der Reihe, die sich als „Regional-Krimi“ versteht – wobei die Hauptfigur evangelisch ist und aus Dortmund kommt, da sie nach Brilon „eingeheiratet“ hat. Ihr Mann ist ein Ex-Kollege und in Elternzeit für die beiden gemeinsamen Kinder – somit eine Abweichung sowohl vom beschriebenen Weltbild als auch vom genreüblichen Schema, der Ermittler müsse irgendwie „beschädigt“ sein – mindestens geschieden, unglücklich oder ähnliches. Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um den bereits dritten über die Ermittlerin – ich kannte die Vorgänger nicht und konnte mich mühelos hineinfinden.
Wie häufig in Krimis, spielt die Handlung auf verschiedenen Ebenen, eine davon hier als zeitlicher Rücksprung.
Knutschende Teenies finden auf einem Campingplatz ein Mordopfer. Aus einem Gefängnis wird ein verurteilter Bankräuber nach 8 Jahren entlassen – der zweite Täter konnte mit der Beute unerkannt entkommen, Inka Luhmann war damals an der Ermittlung beteiligt. Jetzt muss sie trotz Camping-Phobie wegen der Leiche auf dem Campingplatz ermitteln und steht mit ihrem Team dort vor einigen Herausforderungen: „Die wollten mich erst auf einen Schnaps einladen, mir dann den Wohnwagen zeigen und den Grill anwerfen, bevor sie zum Punkt gekommen sind. Wenn das alle machen, sind wir bis Weihnachten nicht hier durch“ (S. 73).
Das Buch ist flott und leicht geschrieben mit etlichen Prisen Humor – wenn man davon absieht, dass mir besonders zu Beginn viel zu häufige Unsauberkeiten im Umgang mit Sprache negativ auffielen (fett gestellt durch die Rezensentin):
S. 13: „Abgesehen von Supermarktpreisen, die normalverdienenden Selbstversorgern die Tränen in die Augen trieb“ statt „trieben“….
S. 20 „Er hatte Banküberfälle…immer als eine [statt eines] der am wenigsten riskanten Kapitalverbrechen eingeschätzt.“
S. 53 „Immerhin schmückten die Fenster bereits Girlanden“ nein, Fenster werden nicht als Schmuck für Girlanden eingesetzt: Immerhin schmückten Girlanden bereits die Fenster….
S. 53 „ Als Einheimischer, ehemaliger Schüler, Vater in Elternzeit, Erziehungsberechtigter einer Tochter an der Schule und Tom, seinem sechsjährigen Sohn unter den ‚I-Dötzchen‘, erfüllte er sogar gleich alle Helferkriterien auf einmal.“ -> als Erziehungsberechtigter einer Tochter an der Schule und eines sechsjährigen Sohnes, Tom, unter den ‚I-Dötzchen‘…
Ein vernünftiges Lektorat hätte hier gut getan, diese Fehler verärgern mich. Später war ich dank des angenehmen Schreibstils zum Glück ausreichend „drin“ in der Handlung und habe automatisch etwas weniger auf derartige Fehler geachtet (sie setzten sich leider trotzdem fort).
Insgesamt ein ganz normaler Krimi, kein besonderes Highlight, auch kein Fehlgriff, aber leichte und angenehme „Nebenbei“-Lektüre. 3 Punkte, da ich nicht das Bedürfnis verspüre, die anderen Bände zu kaufen – sie aber lesen würde, wenn sie irgendwo herumlägen.