Jugend in Karl-Marx-Stadt
Im Zentrum des Buches steht Ulrike, die als pummelige Teenagerin das Leben um sie herum neu entdeckt. Sie lebt in Kassbergen, dem ehemaligen Nobelquartier von Chemnitz. Ulrike lebt in der DDR. Das Leben ...
Im Zentrum des Buches steht Ulrike, die als pummelige Teenagerin das Leben um sie herum neu entdeckt. Sie lebt in Kassbergen, dem ehemaligen Nobelquartier von Chemnitz. Ulrike lebt in der DDR. Das Leben ist nicht lustig, außer mit Bier und Korn. Es werden Familiengeschichten und Anekdoten der Stadt Chemnitz, die ja temporär Karl-Marx-Stadt hieß in kurzen und sehr angenehm lesbaren Kapitel erzählt. Die Texte spielen auf verschiedenen Zeitebenen, sind teilweise miteinander verknüpft und geben auch Geschichten der Stadt Chemnitz und ihrer Bewohner*innen wider. Trotzdem findet keine Verniedlichung oder Verklärung der DDR statt, eines brutalen Polizeistaates, wenn es hart auf hart geht.
Mir sind die Figuren ans Herz gewachsen, so zum Beispiel Der Minister, ihres Zeichens die Großmutter. Die Großmutter heißt Der Minister und schlägt die Brücke vom Ersten Weltkrieg bis in die DDR. Es ist unglaublich, was Sachsen im letzten Jahrhundert alles durchmachen musste. Obwohl die Geschichten der Leute von Verlusten und Entbehrungen gezeichnet sind, kommen die Menschen mit ihren Träumen und Hoffnungen auch klar zu Geltung. Ja, und mit ihren Arrangements in der jeweiligen Situation. Es ist kein Buch der Anklage, obwohl die Greuel, die an den Menschen in diesem Landstrich begangen wurden, klar benannt werden. Es ist ein Buch für die Menschlichkeit. Sonst kommt es zur Katastrophe.
Ich empfehle dieses Buch sehr, da es gut gemacht ist und einem die Geschichte der Menschen von Kassbergen auf eine unkonventionelle, aber sehr gelungene Art, näher bringt.
Fazit: Unbedingt lesen