Cover-Bild Gestapelte Frauen
Band der Reihe "Unionsverlag Taschenbücher"
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Unionsverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 256
  • Ersterscheinung: 11.07.2022
  • ISBN: 9783293209398
Patrícia Melo

Gestapelte Frauen

Roman
Barbara Mesquita (Übersetzer)

Sie verliebt sich schnell in Amir – charmant, intelligent, interessiert. Die Unterhaltungen belebend, die Nächte im lebhaften São Paulo berauschend. Dann die Ohrfeige, die Beleidigung. Um so weit weg wie nur möglich von ihm zu sein, nimmt die junge Anwältin eine Stelle im entlegenen Cruzeiro do Sul an. Als Beobachterin nimmt sie an Gerichtsverhandlungen zu brutalen Frauenmorden teil. Immer näher kommt sie dem Leben der Opfer – den Töchtern, den Müttern, den Freundinnen. Und immer eindringlicher verfolgen sie Bilder aus ihrer Kindheit, Bilder ihrer eigenen Mutter.

Um der Wirklichkeit zu entkommen, flüchtet sie sich in eine Traumwelt – in geheimnisumwirkte Wälder und Flüsse, an die Seite von Amazonen, die die Täter verfolgen. In der Realität aber scheint die Gerechtigkeit unerreichbar.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.08.2023

Schwer verdaulich und doch so wichtig

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Eine Anwältin aus Sao Paulo übernimmt eine Stelle als Beobachterin im provinziellen Acre, wo Dinge auf eigene Weise geregelt werden und andere Gesetze herrschen.
Nach der Ohrfeige ihres Freundes versucht ...

Eine Anwältin aus Sao Paulo übernimmt eine Stelle als Beobachterin im provinziellen Acre, wo Dinge auf eigene Weise geregelt werden und andere Gesetze herrschen.
Nach der Ohrfeige ihres Freundes versucht sie so weit wie nur möglich wegzukommen. Sie kommt in Cruzeiro do Sul an, wo sie an Gerichtsverhandlungen zu brutalen Frauenmorden teilnimmt, um ihrer Kanzlei Bericht zu erstatten. Ein Fall geht der jungen Anwältin besonders nahe, in dem eine junge indigene Frau von drei Männern vergewaltigt und ermordet wird, die gesellschaftlich hohes Ansehen genießen. Der Tod der Frau ist in den Augen der Öffentlichkeit nichts im Gegensatz zum Leben der Männer.
Verfolgt von den Entschuldigungen ihres Freundes und den Erinnerungen an ihre vom Vater getötete Mutter stürzt sie sich in die Arbeit und lernt die indigenen Bewohner des Dorfes eines der Frauenopfer und deren Kultur kennen. Bei ihren Besuchen lernt sie einiges über die Bräuche kennen, die sie bis in ihre Träume verfolgen. Dort übt sie selbst Rache an den drei brutalen Mördern.

Ein schwer verdauliches Buch. Es ist eine fiktive Geschichte mit phantastischen Elementen, und doch entspringt dieses erdachte Buch der Realität. Brasilien hat eine der höchsten Femizidraten weltweit, ungefähr alle 8 Minuten wird dort eine Frau vergewaltigt. Zwei Drittel der betroffenen Frauen ist Schwarz. 60 % der Opfer sind unter 13 Jahre alt. Diese Frauen sind besonders vulnerabel und erhalten doch von der Polizei keine Hilfe. Gesamtgesellschaftlich wird dieses strukturelle Problem sogut wie nicht beachtet. Patrícia Melo gibt mit diesem Buch all den unzähligen Frauen Sichtbarkeit. Dieses Buch hat eine derart hohe Relevanz, es sollte von wesentlich mehr Menschen gelesen werden!

Veröffentlicht am 26.12.2022

Schmales Büchlein, das schwer und bitter wiegt und Tatsachenbericht, Drama und Kriminalfall zu einem wechselvollen und unbequemen Roman - ein Ausdruck von Wut und Verzweiflung.

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Die namenlose Ich-Erzählerin ist Rechtsanwältin und nimmt für ihre Kanzlei als Prozessbeobachterin an Gerichtsverfahren über Gewalt an Frauen teil. Dafür ist sie von São Paulo in den Bundesstaat Acre gereist, ...

Die namenlose Ich-Erzählerin ist Rechtsanwältin und nimmt für ihre Kanzlei als Prozessbeobachterin an Gerichtsverfahren über Gewalt an Frauen teil. Dafür ist sie von São Paulo in den Bundesstaat Acre gereist, wo die Zahl der Frauenmorde am höchsten ist. Sie ist nicht nur beruflich, sondern auch persönlich an den Verfahrensausgängen und der Sammlung statistischer Informationen über Opfer und Täter interessiert, denn ihre Mutter wurde von ihrem Vater ermordet, als sie vier Jahre alt war und zuletzt wurde sie selbst Opfer ihres gewalttätigen Freundes.
In Acre kann sie nur fassungslos verfolgen, wie am laufenden Band Femizide abgeurteilt werden, wobei sie der Fall einer 14-jährigen Indigenen besonders erschüttert, als die offensichtlichen Täter freigesprochen werden. In Kontakt mit den indigenen Völkern flüchtet sich die Ich-Erzählerin in einen Drogenrausch, der Wirklichkeit und Einbildung verschwimmen lassen. Währenddessen rückt die bedrohlich Gewalt näher und bringt auch sie in die Schusslinie.

"Gestapelte Frauen" sind die Dokumente über die Frauenmorde, die die Ich-Erzählerin für die Veröffentlichung eines Buches ihrer Chefin in der Anwaltskanzlei sammelt. Der Roman verbindet Fakten und reale Gewaltakte mit der fiktiven, persönlichen Geschichte der Ich-Erzählerin. Die Gewalttaten und Morde an den brasilianischen Frauen werden zum Teil bis ins Detail geschildert und sind nichts für schwache Nerven. Die Autorin berichtet schonungslos und brutal und gibt den toten Frauen, denen oftmals nicht einmal durch eine Verurteilung der Täter Gerechtigkeit geschieht, einen Namen. Die Verrohung der Männer wird dabei genauso plakativ und in aller Deutlichkeit angeprangert wie die Korruption des Staatsapparats und das Versagen von Polizei und Justiz.
Der Roman ist damit weniger Fiktion als vielmehr ein Tatsachenbericht über einen nicht nachvollziehbaren Frauenhass und eine Gewalt an Frauen, die überwiegend aus dem persönlichen Umfeld stammt.

Die Autorin rüttelt wach und richtet mit ihrem Buch die Aufmerksamkeit auf Misogynie und den unbefriedigenden Umgang damit. Die Thematik ist wichtig und lesenswert, persönlich konnte ich mich jedoch nicht immer mit der Art der Darstellung anfreunden. Insbesondere die Drogentrips und die daraus resultierenden gewaltverherrlichenden (Wahn-)vorstellungen der Ich-Erzählerin fand ich etwas irritierend, auch wenn der Wunsch nach Rache verständlich ist. Die folgende Gewaltspirale zeigt jedoch, dass Gegengewalt und Selbstjustiz selbst in einem System, in dem benachteiligte Bevölkerungsgruppen ungerecht behandelt werden, auch keine Lösung sein können.
Während sich Frauenleichen stapeln und Geschlechtsteile in Gewaltfantasien zu Waffen werden, tritt die fiktive Geschichte in den Hintergrund und kann wenig fesseln, da die Charaktere blass und wie Statisten erscheinen.
"Gestapelte Frauen" ist ein Ausdruck von Wut und Verzweiflung, ein schmales Büchlein, das schwer und bitter wiegt und Tatsachenbericht, Drama und Kriminalfall zu einem wechselvollen und unbequemen Roman vereint.

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