Die Themse im Fluss der Zeiten
„Die Themse – Biographie eines Flusses“ von Peter Ackroyd, erschienen 2008 im Verlag Knaus, ist ein ganz besonderes Buch. Hier wird die Lebensgeschichte eines Flusses erzählt, der nicht zu den ganz großen ...
„Die Themse – Biographie eines Flusses“ von Peter Ackroyd, erschienen 2008 im Verlag Knaus, ist ein ganz besonderes Buch. Hier wird die Lebensgeschichte eines Flusses erzählt, der nicht zu den ganz großen Strömen dieser Welt gehört.
Die Themse (Thames) ist ein recht unspektakulärer Fluss, gerade einmal 215 Meilen oder 346 km lang. Ihr Name kommt aus der keltischen Sprache. Das Wort „tam“ bedeutet so viel wie „glatt“ oder „sich ausbreiten“.
Seit mehr als 4000 Jahren leben Menschen an diesem Fluss, der mit der britischen Geschichte untrennbar verbunden ist. Er war Schauplatz von mythischen, historischen, militärischen und kulturellen Ereignissen. Davon erzählt Peter Ackroyds Biographie auf 557 Seiten in 15 Teilen, die insgesamt 45 Kapitel enthalten. Die Kapitelüberschriften dienen als Wegweiser. Man taucht ein in die Welt der Themse und blickt in den Spiegel der Geschichte und Natur.
Der wunderbare Erzählstil macht es dem Leser leicht die vielen Facetten des Flusses kennen zu lernen. Es wird Wissensvermittlung auf hohem Niveau geboten, ohne den Leser mit steifer Gelehrsamkeit zu langweilen.
Hier liegt ein Sachbuch in bester angelsächsischer Tradition vor. Peter Ackroyd kann man sich als Privatgelehrten vorstellen, der vieles gelesen und studiert hat. Er ist ungemein sachkundig, hat akribisch recherchiert und Freude am Erzählen. Er ist einer der wichtigsten Gegenwartsautoren Großbritanniens und hat viele Sachbücher und Romane verfasst, darunter auch die Biographien zweier Städte: Venedig und London.
Der Autor trägt Fakten und Anekdoten, Wissenswertes und Skurriles akribisch zusammen. Die Kapitel können, müssen aber nicht chronologisch gelesen werden. Man kann die Reise entlang des Flusses je nach Gusto gestalten und einzelne Abschnitte separat lesen.
Aber was wäre der Fluss ohne die Menschen, die an seinen Ufern leben. Wie haben sie mit und von der Themse gelebt? Ausführlich berichtet der Autor von der schweren Arbeit am Fluss, dem Bau von Tunneln und Brücken und dem Kommerz, als die gewaltige Welt der Docks entsteht. Bald ist der Fluss mit seinen Kräften am Ende und wird zur Kloake. Alle Anstrengungen im 21. Jahrhundert werden aber den heiligen Fluss nie wieder in seinen reinen Zustand versetzen können.
Auch Kunst und Literatur zur Themse sind einige Kapitel gewidmet. Die Darstellung von Peter Ackroyd gibt ein wahrhaft umfassendes Bild des Flusses. Das Buch ist angefüllt mit Fakten und Geschichte, Magie und Philosophie, Wirklichkeit und Träumen sowie Poesie und Leidenschaft.
Vervollständigt wird es durch zahlreiche Abbildungen und Karten, die das Buch wunderschön illustrieren. Auch ein umfassendes Register fehlt nicht. Entstanden ist ein echtes Meisterwerk in einer edlen Aufmachung, wenn man das gebundene Buch in den Händen hält. Die silberne Farbe des Covers impliziert Wasser und zeigt eine Zeichnung der Londoner Tower Bridge, einem Wahrzeichen der Themse.
Aus meiner Sicht ist das Buch eine klare Leseempehlung für alle, die schon immer etwas mehr über das sichtbare und unsichtbare Leben an der Themse erfahren wollten.