Zeichnungen, die erst beim näheren Betrachten ihre ganze Schönheit entfalten
Der in Hessen geborene Künstler Jürgen Schilling zeichnet seit 40 Jahren die Landschaften Südfrankreichs. Dabei gilt es nicht, die bildliche Darstellung der Szenerie vor seinem Auge gerecht zu werden, ...
Der in Hessen geborene Künstler Jürgen Schilling zeichnet seit 40 Jahren die Landschaften Südfrankreichs. Dabei gilt es nicht, die bildliche Darstellung der Szenerie vor seinem Auge gerecht zu werden, sondern eher den Empfindungen, die den Künstler bewegen.
Es entstehen Landschaftszeichnungen, die erst beim näheren Betrachten ihre ganze Schönheit entfalten und deren unterschiedliche Gestaltungstechniken dazu beitragen, sich wirklich mit dem Bild zu befassen. Denn die Zeichnungen erzählen nicht nur eine Geschichte, sie tragen auch Geschichte in sich, da Jürgen Schilling die vor Ort gefundenen Rohstoffe und Pigmente zur Gestaltung der Werke nutzt.
Inspirationen gibt es für Schilling überall - die Knitterspuren eines zerknüllten Blatt Papieres sind der Ansatz für die Zeichnung Felswand, da sie die Erinnerung an die Besteigung eines Felsens in der Provence geweckt haben. Vollständig wird das Werk durch den Einsatz von Bleistift und Pattex.
Seine Landschaftsbilder mit Figuren erinnern an zeitgenössische Darstellungen von Kinoplakaten eines James-Bond-Films - die Silhouetten werden ausgeschnitten und in die Landschaften eingesetzt. Es entsteht eine Tiefe, die fasziniert, denn durch den Einsatz der Klebetechnik wirkt der Hintergrund nicht nur begleitend, sondern er dient auch als Kulisse für die dargestellte Szenerie.
"Aceton und Diana" fasziniert und zieht meine Blicke magisch an - die Komponenten Asche, Bleistift, Pastel und Ölfarbe sorgen dafür, immer wieder neue Details im Bild zu entdecken.
"Planasse" ist eine Zeichnung voller Ruhe und könnte als Einladung zum Meditieren verstanden werden - das stille Wasser zwischen dem Grün des Ufers wirkt auf die Betrachtenden tatsächlich entschleunigend. Der Einsatz von Graphitstift, Stahlbürste und grüner Schiefer schafft einen wundervollen Blick auf dieses Fleckchen Erde.
Fast schon bedrohlich hingegen wirkt "Bergspitze", die Zeichnung auf dem Cover -die kraftvolle Einarbeitung des grünen Schiefers (wird mit einem Lappen auf das Blatt geschlagen) und der energische Einsatz des Bleistiftes lassen das Bergmassiv düster und unheilschwanger direkt vor den Betrachter:innen aufsteigen.
Die erläuternden Begleittexte von Wilhelm Schlink, der als Freund und Weggefährte die Entstehung der Arbeiten über die Jahrzehnte mitverfolgt hat, geben eine tiefen Einblick in die Materie.
Für Kunstinteressierte absolut zu empfehlen, denn dieser Bildband hat mehr zu bieten als "nur" Zeichnungen.