Erlösung im Spannungsfeld von aktivem Leben und Entsagung

Das Bhagavadgitabhasya des Sankara (ca. 8. Jh. n. Chr.) gewährt als ältester erhaltener Kommentar zur Bhagavadgita (BhG) Einblicke in damals noch vorhandene, autochthon indische BhG-Exegesen. Zudem bestimmt Sankara seine exegetische Interpretation der BhG als wesentlichen Teil des kanonischen Fundaments (prasthanatraya) seiner Advaita Vedanta Ausrichtung. Da Sankara für die Erlösung aus dem Samsara eine asketische Lebensweise als conditio sine qua non fordert, grenzt er sich damit offensichtlich von einem wesentlichen Aspekt der in der BhG gelehrten Erlösungswege ab.

Nach einer Skizze des seit episch-puranischer Zeit wiederholt thematisierten Konfliktes, mit dem sich weltlicher Aktivität Verpflichtete konfrontiert sahen, sowie einem Abriß der Sankaras Soteriologie zugrunde liegenden Philosopheme, bemüht sich vorliegende Studie zunächst einmal darum, zentrale Diskrepanzen zwischen der in der BhG als Lösung dieses Konfliktes entwickelten Erlösungslehre und Sankaras eigener Soteriologie aufzuzeigen. Auf dieser Grundlage wird an ausgewählten Textabschnitten untersucht, wie Sankara diesen in der BhG thematisierten Konflikt beurteilt, welche Lösungen er für gesellschaftliche Funktionsträger des Wehrstandes entwickelt und mit welchen exegetischen Finessen er wesentliche, mit seiner eigenen Soteriologie jedoch offensichtlich nicht zu vereinbarende BhG-Aussagen in seiner BhG-Exegese umdeutet.