auch Ärzte haben ein Liebesleben
Steffen Milz war erfolgreicher und angesehener Herzchirurg bis ein schlimmer Unfall ihn mitten aus dem Leben gerissen hat. Geschwächt und gehandicapt durch die Verletzungsfolgen kann er seiner Leidenschaft ...
Steffen Milz war erfolgreicher und angesehener Herzchirurg bis ein schlimmer Unfall ihn mitten aus dem Leben gerissen hat. Geschwächt und gehandicapt durch die Verletzungsfolgen kann er seiner Leidenschaft nicht mehr nachgehen und sucht neue Herausforderungen in einer neuen Stadt. Steffens Pläne sahen auch gar nicht so schlecht aus, bis er dann in Heidelberg ankommt und auf einen Schlag nochmals alles ganz anders ist, als er es sich erhofft hatte. In seiner Not gerät er in eine außergewöhnlichen Wohngemeinschaft, die ihn vor ganz andere Aufgaben stellt, als sich nur in seinem neuen Job zurecht zu finden.
Zu Beginn jedes Kapitels gibt es eine Stelle aus einem Songtext, in dem das Wort Herz bzw. heart vorkommt, das fand ich sehr schön und war jeweils eine nette Einstimmung auf den nächsten Abschnitt. Die Kapitelnamen an sich haben ebenfalls einen guten Ausblick auf das gegeben, was da wohl kommen mag, auch wenn es nicht immer so war, wie man es zunächst vermutet hätte.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig. Ich habe mich von Beginn an sehr wohl gefühlt in der Geschichte, obwohl es alles andere als harmonisch anfängt. Eine gute Portion Ironie und Sarkasmus gibt der Handlung eine besondere Note und ist vor allem Steffens stetiger Begleiter, teilweise sehr zum Leidwesen seines Gegenübers. Mich hat er damit auf jeden Fall erreicht und ich konnte einige Male ordentlich lachen. Neben Steffen konnte mich aber auch Antonia, die zweite Protagonistin des Buches, begeistern. Sie ist sehr schlagfertig und nicht auf den Kopf gefallen, trotzdem hat sie Träume, die sehr bodenständig und absolut nachvollziehbar sind.
Die Geschichte wird aus zwei Ich-Perspektiven geschildert, so dass man beide Hauptcharaktere intensiv kennen lernen kann. So bekommt man auch viel vom Leben des jeweils anderen mit, wenn die Figuren gerade nicht gemeinsam agieren. Vielleicht sind mir die beiden auch aufgrund ihrer Berufswahl so sympathisch, ich weiß es nicht genau, ich schätze aber, es liegt eher an der Gesamtmischung. Sie sind etwas verschroben, haben immer mal einen Spruch auf den Lippen, den man ohne medizinischen Backround vielleicht nicht lustig findet und sind trotzdem einfach authentisch und liebenswert, ohne dabei perfekt oder abgehoben zu sein. Nicht alle Einstellungen der Figuren kann ich unbedingt gut heißen, aber es passt einfach zu ihnen, ihrem Leben und dem, was sie sich so erhoffen. An der Seite der beiden finden sich einige Charaktere, die die Handlung noch bunter und abwechslungsreicher machen. Jeder bringt seine eigenen Sorgen und Probleme mit, macht es damit für die Protagonisten nicht unbedingt immer einfacher, aber es wirkt wie mitten aus dem Leben gegriffen.
Da es sich nicht nur um einen, sondern gleich um mehrere Ärzte dreht, ist auch ihr Arbeitsleben immer wieder Thema in der Geschichte. Dabei kommen öfter medizinische Fachausdrücke vor, die nicht ständig erklärt oder umschrieben werden. Wenn man genau wissen möchte, was dort passiert, ist es sicherlich gut selbst aus einem medizinischen Bereich zu kommen. Da ich Krankenschwester bin, fiel es mir meistens nicht schwer, den Fachgesprächen, den Beschreibungen der Eingriffe und den, in die alltäglichen Gesprächen, eingebauten Fachtermini zu folgen. Ich denke jedoch, man kann der Handlung an sich auch folgen, wenn man nicht bis ins Kleinste versteht, was da wo genau operiert und behandelt wird. Denn obwohl die Arbeit der Protagonisten immer wieder in den Mittelpunkt rückt, da es einen wichtigen Teil ihres Lebens ausmacht, sind die Ausdrücke an sich nicht entscheidend, um den Entwicklungen folgen zu können. In den anderen Passagen ergibt sich die Bedeutung der Worte, die vielleicht nicht allgemein bekannt sind, aus dem Gesamtkontext. Mir fiel es da schon schwerer den, an einigen Stellen eingebundenen, Dialekt zu verstehen. Für manchen Satz habe ich mehrere Anläufe gebraucht, bis ich verstanden habe, was die Figuren da sprechen. Es machte die Handlung aber auch noch abwechslungsreicher und authentischer.
Die Figuren treffen sich in unterschiedlichen Konstellationen sowohl im Privatleben, als auch auf der Arbeit und müssen dort neben den beruflichen Herausforderungen auch noch persönliche Diskrepanzen überwinden bzw. sich nicht von Hoffnungen und Erwartungen ablenken lassen.
Nicht alle Entwicklungen im Buch kommen unerwartet, jedoch gibt es immer wieder Momente, in denen sich die Handlung in einigen Aspekten dann doch anders fortsetzt, als man es gedacht, erhofft oder erwartet hätte. Durch die vielfältige Figurenkonstellation wird es nie langweilig und man erlebt die unterschiedlichsten emotionalen Ausbrüche genauso wie offene, ehrliche Gespräche, heimliche Wünsche und stille Hoffnungen für die Zukunft. Und obwohl die Figuren nicht mehr blutjung sind, benötigen auch sie immer mal einen kleinen Anstoß, um sich auf den richtigen Weg zu begeben.
Am Ende der Geschichte bin ich auf jeden Fall gespannt, wie es weiter gehen wird. Einige Grundsteine wurden gelegt, einige Weichen gestellt, aber es sind noch lange nicht all am Ziel ihrer Wege angekommen.
Fazit
Eine facettenreiche Geschichte, die mich besonders durch die Kombination an tollen, authentischen Charakteren und dem Arbeitsfeld in der Medizin überzeugen konnte. Der Klinikalltag war gut in die Gesamthandlung eingebunden, hat mal mehr, mal weniger Raum eingenommen und war doch häufig präsent, ohne den Fokus zu sehr vom Privatleben der Figuren abzulenken.
Vielen Dank an das breitgestellte Rezensionsexemplar!