Psychologie & Spiritualität
Der Umgang mit Spiritualität ist für PsychologInnen oft mit Vorbehalten verbunden, wird sie doch meist mit Esoterik assoziiert. KlientInnen bringen diese Themen aber immer wieder in die Beratung und Behandlung ...
Der Umgang mit Spiritualität ist für PsychologInnen oft mit Vorbehalten verbunden, wird sie doch meist mit Esoterik assoziiert. KlientInnen bringen diese Themen aber immer wieder in die Beratung und Behandlung ein, für viele ist es ein wichtiger Bereich Lebens. Das Büchlein „Weltenwanderer“ zeigt Wege auf, sich reflektiert und aufgeklärt mit Spiritualität auseinanderzusetzen, für sich selbst als Mensch und auch in der Beratung.
Spiritualität wird als normales und verbreitetes menschliches Bedürfnis definiert, als spezifische Art des Fragens, spezifisches Erleben, als auf der Suche nach einem höheren Sinn sein. Es werden viele Fallbeispiele geschildert, wie Menschen Spiritualität erleben können - bei dramatischen Erlebnissen wie Nahtoderfahrungen genauso wie im Alltag, etwa dadurch, bewusst am Meer zu sitzen, mit allen Sinnen wahrzunehmen und dieses Erlebnis voll und ganz zu genießen.
Auch die Grenzen und Gefahren spiritueller Erfahrungen werden klar aufgezeigt: gefährlich wird es etwa immer dann, wenn vereinheitlicht wird, wenn Menschen von einer Glaubensrichtung voll und ganz vereinnahmt werden und kein Raum für Individualität und kritisches Hinterfragen, aber auch für menschliche Verbindungen und Mitgefühl auch jenseits der Spiritualität mehr bleibt. Das Buch regt somit dazu an, wachsam zu bleiben, die eigene Spiritualität sorgfältig zu beobachten und zu hinterfragen, um rechtzeitig wahrzunehmen, wenn etwas problematisch werden kann.
Dazu führt der Autor das Modell des Entscheidungsbaums an. Dieser besteht aus zwei Ebenen, die erste beschreibt die spirituelle Erfahrung des Menschen selbst, die zweite den Prozess der Suche nach Hilfe beim Verstehen dieser Erfahrung. In Bezug auf den Klienten und sein Erleben können folgende Fragen hilfreich sein: „Führt die außergewöhnliche, spirituelle Erfahrung zu einer Förderung der eigenen Entwicklung oder wird diese dadurch gehemmt?“. „Sind die Auswirkungen der Erfahrung überwiegend positiv (Zuversicht, Neugierde, Interesse) oder negativ (Angst, Verunsicherung, Verwirrung, Abwehr)?“ Auf der zweiten Ebene, der beraterischen Hilfestellung, ist es wiederum wichtig, qualifizierte Hilfe anzubieten und den Menschen mit spirituellen Erfahrungen verständnisvolle, empathische und wohlwollende Begleitung anzubieten, denn KlientInnen mit spirituellen Erfahrungen möchten verstanden und nicht abgewertet werden.
Das Buch liest sich leicht, es ist in übersichtliche Kapitel gegliedert und enthält viele Fallbeispiele. Es regt dazu an, sich selbst mit dem Thema Spiritualität sowohl privat als auch beruflich tiefer auseinanderzusetzen. Dafür gibt es auch ein paar Anregungen, etwa die Arbeit mit Ritualen oder Achtsamkeitsübungen. Es kann somit allen, die sich näher für einen aufgeklärten Umgang mit Spiritualität interessieren, empfohlen werden. Aufgrund seines beschränkten Umfangs von etwas über 100 Seiten ist es eine allgemeine, gut verständliche und interessante Einführung in das Thema. Für weiterführende Ausführungen und die tiefere Beschäftigung mit einzelnen Richtungen der spirituellen Praxis empfehlen sich detailliertere und spezialisiertere Nachschlagewerke.