Eine nachhallende Lektüre
Raoul Eiseles „Als Versprechen dieser Zeit“ lässt sich schwerlich kategorisieren, weshalb ich im Folgenden bewusst den Begriff „Buch“ nutze. Denn: Obwohl sich romanhafte wie lyrische Texte finden, geht ...
Raoul Eiseles „Als Versprechen dieser Zeit“ lässt sich schwerlich kategorisieren, weshalb ich im Folgenden bewusst den Begriff „Buch“ nutze. Denn: Obwohl sich romanhafte wie lyrische Texte finden, geht „Als Versprechen dieser Zeit“ in keiner der beiden Kategorien vollständig auf. Inhaltlich besitzt das Buch den Anspruch, so Eisele in seiner Vorbemerkung, „Einsamkeit als Grundproblem der menschlichen Existenz zu verringern“. Dementsprechend spielen Gefühle (und die damit verbundenen Alltagsszenen) eine große Rolle in den abgedruckten Texten: Die in Versen geschriebenen Texte thematisieren das Erwachsenwerden, die Beziehung zu den Eltern (insbesondere der Mutter), das „Erzogenwerden“, das Verhältnis von Ich und Welt, Gefühle in Bezug auf den eigenen Körper, Erinnerungen an die Kindheit und romantische Beziehungen. Daneben finden sich außerdem in gesonderten Prosa-Texten Gedanken zu den Grenzen des Schreibens/Erzählens, der Wesenheit der Liebe, dem Nachempfinden von Gefühlen oder der eigenen Identität. Alle diese Texte/Gefühle/Szenen werden mit einem kritischen Nachdenken über die Konventionen unserer gegenwärtigen Gesellschaft verknüpft. Der Ton der Texte ist nachdenklich sowie melancholisch, teilweise auch sehnsüchtig. Die Wortwahl und die Gestaltung ist dabei experimentell, teilweise metaphorisch-lyrisch, teilweise prosaisch-lakonisch, immer unkonventionell und messerscharf zum Nachdenken anregend. Insgesamt ist „Als Versprechen dieser Zeit“ eine reflexive, inhaltsreiche wie -schwere Lektüre – nichts für zwischendurch, aber definitiv nachhallend.