Cover-Bild Ich fliege mit zerrissenen Flügeln
15,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Fontis
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale und ethische Themen
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 07.03.2016
  • ISBN: 9783038480082
Raphael Müller

Ich fliege mit zerrissenen Flügeln

So etwas hat man zuvor noch kaum je gesehen, kaum gehört, kaum gelesen: Dieses Buch wurde geschrieben von einem heute 14-jährigen Jungen. Raphael ist wegen eines vorgeburtlichen Schlaganfalls Autist und Epileptiker, kann nicht reden, sondern nur Laute von sich geben. Seit der Geburt sitzt er schwerstbehindert im Rollstuhl, hat aber einen enormen IQ, ist gläubig und konnte - ohne jeden Unterricht - bereits als Kleinkind lesen und schreiben. Was man aber erst herausfand, als er etwa 6 Jahre alt war. Bis dorthin glaubten alle, auch die Ärzte, er sei richtiggehend "blöde". Dank gestütztem Schreiben kann er nun, seit er 7 ist, Gedichte und ganze Romane schreiben, geht aufs Gymnasium und wird oft auch an die Universität Augsburg eingeladen, wo er sich von den Studenten "interviewen" lässt. Alle staunen. Sein Buch ist wunderbar, es ist quasi der Bericht aus einer anderen, uns normalerweise völlig verborgenen Welt. Es sind Texte aus einem Paralleluniversum, eindringlich, nah, existenziell. Selten konnte jemand mit seinen Worten eine derartige Brücke bauen. Eine Offenbarung!

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Veröffentlicht am 16.04.2018

Ich fliege mit zerrissenen Flügeln

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„Meine autistische Wahrnehmung ist nur selten deckungsgleich mit eurer „normalen“ Wahrnehmung. Wer vermag schon mit objektiver Sicherheit zu sagen, wessen Realität nun realer ist, nehmen wir doch alle ...

„Meine autistische Wahrnehmung ist nur selten deckungsgleich mit eurer „normalen“ Wahrnehmung. Wer vermag schon mit objektiver Sicherheit zu sagen, wessen Realität nun realer ist, nehmen wir doch alle nur Ausschnitte der Wirklichkeit wahr. Jeder erkennt nur einen kleinen Teilbereich und verteidigt diesen tapfer als „die Wahrheit““.

Raphael Müller, der durch einen Schlaganfall vor seiner Geburt im September des Jahres 1999 körperliche Einschränkungen erdulden muss, lässt uns durch sein Buch an seiner ganz persönlichen Sichtweise auf sein Erleben und die Welt im Allgemeinen teilhaben. Er erzählt von der ersten harten Zeit der innerlichen Isolation, bis er sich nach sieben Jahren erstmals durch Schreiben mitteilen, und seine außergewöhnlichen Fähigkeiten seinen Mitmenschen offenbaren konnte. Der Junge, der fälschlicherweise oftmals als geistig behindert galt, durfte sich nach einem abgegrenzten und von seiner Umwelt unverstandenen Dasein endlich äußern und seine Genialität zu erkennen geben. Ich vertiefte mich in die Geschichte des jungen Autors, und mein anfänglich ungläubiges Staunen verwandelte sich sehr rasch in respektvolle Faszination, als er Einblick in seine ganz besonderen Fähigkeiten gab, um die ihn unzählige Menschen beneiden würden. Nicht nur das fotooptische Gedächtnis oder das für ihn scheinbar spielend einfache autodidaktische Lernen, sondern auch sein Umgang mit Buchstaben und Zahlen, die seiner eigenen Aussage nach seine Freunde und seine Vertrauten sind, verlangten mir höchsten Respekt und große Bewunderung ab. Raphael Müllers Schilderungen seines oftmals harten Alltags und seiner körperlichen Einschränkungen sind manchmal nüchtern und realistisch, teilweise zu Tränen rührend. Durch seine selbst verfassten Texte erlaubt er seinen Lesern, sich ein wenig näher an seine autistische Welt heran zu wagen, ein wenig tiefer zu blicken. Er erzählt auch von seinem starken Glauben an Jesus, der ihn hält, der die Quelle seiner Hoffnung, und neben seiner Familie auch die einzige Konstante in seinem Leben war bzw. ist. Im Kapitel „Ich möchte Brücken bauen!“ vermittelt der Autor eindrucksvoll, was ihn bewegt. Raphael Müller möchte Positives bewirken, so wie einige seiner großen Vorbilder Ghandi, Nelson Mandela oder Alber Schweitzer. Er ist der Meinung, dass auch sein Schicksal Sinn machen und anderen Betroffenen den Weg ebnen sollte, und er möchte Brücken zwischen seiner eigenen, autistischen Welt, und der unseren bauen. Hierbei ist Inklusion ein sehr wichtiges, dominierendes Thema in seinem Leben. Sehr beeindruckend war es für mich, den bedingungslosen Zusammenhalt und die Unterstützung durch die gesamte Familie in den Ausführungen zu erleben, und die Briefe seiner Mutter und einiger ihm nahestehender Personen im Anhang des Buches komplettieren den Gesamteindruck dieses außergewöhnlichen Autors.

Besonders berührt hat mich ein kleiner Satz im ersten Drittel des Buches, wo Raphael Müller über seine Schulzeit schreibt: „Dabei sein dürfen und einen Hauch Normalität erleben, das bedeutet mir sehr viel“. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle selber fragen, wie oft wir eigentlich unseren Alltag bewusst wahrnehmen? Wie oft danken wir für die Tatsache, in einem gesunden Körper leben und uns verbal äußern zu dürfen? Wie oft nehmen wir die Geschenke des Lebens wirklich und wahrhaftig wahr?

Ich bin der Meinung, wir können von Raphael eine Menge lernen, und ich würde mich freuen, auch zukünftig noch einiges von ihm zu lesen bzw. zu hören. Und vielleicht können wir über unseren Schatten springen und seinem Wunsch entsprechen, wenn er sagt: „Ich wünsche mir Menschen, die nicht vor meinem Anderssein zurückschrecken, sondern die den Mut haben für eine Freundschaft, und mich begleiten auf meinem manchmal holprigen Weg durch das Gestrüpp des Alltags hin zu meiner Bestimmung.“

Vielleicht können wir alle lernen, hinter die Fassade zu blicken und vorurteilsfrei auf Menschen wie Raphael zuzugehen.