Ein Klassiker in neuer, sehr schöner Auflage
Das Krippenspiel selbst umfasst nur 41 Seiten. Es schließen sich weitere zwanzig Seiten der Literaturwissenschaftlerin und Herausgeberin Gunilla Eschenbach an, die verschiedene Zusammenhänge und Hintergründe ...
Das Krippenspiel selbst umfasst nur 41 Seiten. Es schließen sich weitere zwanzig Seiten der Literaturwissenschaftlerin und Herausgeberin Gunilla Eschenbach an, die verschiedene Zusammenhänge und Hintergründe ausführlich erklärt.
Borchardt schrieb das Krippenspiel in Paarreimform in einer einzigen Nacht, genauer gesagt in der Nacht vom 18. auf den 19. Dezember 1920 auf Schloss Neubeuern. Seine Gastgeberin, die Schlossherrin Ottonie von Degenfeld hatte ihn nicht darum gebeten, sondern das Krippenspiel regelrecht eingefordert, als Rudolf Borchardt mit seiner Frau Marel auf dem Schloss zu Gast weilte.
Nicht nur die Entstehungsgeschichte wird im Nachwort ausführlich erklärt, sondern auch sprachlich-stilistische Fragen werden erörtert.
Borchardt hat zahlreiche mittelhochdeutsche und frühneuhochdeutsche Begriffe in das Stück eingearbeitet, ebenso hat er sich dialektsprachlicher Wörter bedient, was nicht immer leicht verständlich ist; man muss sich etwas daran gewöhnen und einlesen, zumindest mir ging es so. Andererseits ist das Stück ausnehmend modern, denn im Gegensatz zu ihrer Rolle in den Evangelien verleiht Borchardt in seinem Stück Maria eine Stimme. Überhaupt hat die Rollenverteilung bei seinem Krippenspiel eine etwas andere Gewichtung als man sie normalerweise von der traditionellen Weihnachtsgeschichte kennt.
Für mich war es eine interessante Leseerfahrung im doppelten Sinn, einmal mit dem Stück selbst und auch bei Frau Eschenbachs ausführlichen Erklärungen. Die gebundene Ausgabe im kleinen Format ist ein richtiges bibliophiles Schmuckstück, vor allem auch durch die liebevolle Gestaltung mit vielen ausdrucksstarken Scherenschnitten, die immer wieder zum Betrachten einladen.