Hoch gebildet und schlecht beleumundet
Nach ihren Biografien von Goethe, Heinrich VIII. oder der Madame de Staël widmet sich Autorin Sabine Appel einer Herrscherin, die zeitlebens umstritten war: Katharina von Medici.
Katharina von Medici ...
Nach ihren Biografien von Goethe, Heinrich VIII. oder der Madame de Staël widmet sich Autorin Sabine Appel einer Herrscherin, die zeitlebens umstritten war: Katharina von Medici.
Katharina von Medici (1519-1589) wird in eine Zeit des Umbruchs hineingeboren, verliert die Eltern binnen weniger Wochen nach ihrer Geburt. Von ihrer Tante Clarice de Medici mit acht Jahren in ein strenges Kloster abgeschoben, wird das Mädchen zum Spielball der Politik, das unter anderem auch als Geisel genommen wird. Mehrere Heiratskandidaten werden in Augenschein genommen. Letztendlich wird sie, vierzehnjährig, mit dem gleichaltrigen Heinrich von Orleans, dem zweiten Sohn des französischen Königs verheiratet. Dort steht sie im Schatten der 19 Jahre älteren Mätresse Diane de Poitiers. Erst als sie nach zehn Jahren der Kinderlosigkeit den ersehnten Thronfolger zur Welt bringt, ist ihre Stellung halbwegs gesichert. Es werden noch zehn weitere Kinder folgen, von denen nur wenige das Erwachsenenalter erreichen. Nach dem Tod von König und Ehemann im Jahre 1559 wird sie zuerst Regentin ihres Sohnes Franz (Franz II. 1559-1560) und anschließend die von Karl IX. (1560-1574) und schließlich Heinrich III. (1574-1589). Eine beachtliche Leistung, mit der sie endgültig zwischen die Fronten der unterschiedlichen Interessen gerät.
Meine Meinung:
Mit dieser Biografie zeichnet Sabine Appel ein opulentes und farbenprächtiges Bild der italienischen Renaissance. Der Aufbruch in die neue Zeit ist kaum aufzuhalten. Die Veränderungen sind täglich spürbar. Die Thesen Martin Luthers und die Eroberung der Neuen Welt(en) stehen dem alten Aberglauben und Machtansprüchen der Herrschenden gegenüber. Katharina versucht als erste in den religiösen Konflikten zu vermitteln. Ihre Idee vom säkularen Staat wird sich erst viel später in Frankreich durchsetzen. Alle Bemühungen, Politik und Religion zu trennen, werden 1572 in dem als „Bartholomäusnacht“ bekannten Massaker an den Hugenotten zunichte gemacht. Katharinas Kehrtwendung von einer Politik der Toleranz den Protestanten gegenüber zur Unterdrückung derselben ist vor allem dem Pragmatismus geschuldet.
Die gegnerische Propaganda schafft hier das Bild der „schwarzen Königin“, die den Befehl zu diesem Pogrom gegeben hat. Schwarze Kleidung trägt Katharina seit dem Tod ihres Mannes als Zeichen der Trauer.
Sabine Appel gelingt ein detailreiches Porträt einer Frau, die hochgebildet und wegweisend in einer Epoche gelebt hat, in der viele Frauen den Ton angeben wie ihre Zeitgenossinnen Maria Stuart, Elisabeth I. von England, Katharina von Bora (Luthers Frau) und Philippine Welser.
Dieser Detailreichtum ist auch gleichzeitig die Schwäche der Biografie. An vielen Stellen verzettelt sich die Autorin in Nebensächlichkeiten, die die Leser weit weg von Katharina führen. Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Die politische Lage in Europa muss natürlich in das Porträt einbezogen werden, um die Entscheidungen Katharinas verstehen zu können. Obwohl ich ein Fan von akribischer Recherche und Faktenwissen bin, ist hier meiner Ansicht nach zu viel davon verarbeitet worden. So mancher Leser wird sich von der Fülle der Informationen überfordert fühlen. Das finde ich sehr schade, denn die Persönlichkeit Katharina von Medici hat sich eine Rehabilitation verdient.
Fazit:
Eine sehr detailreiche Biografie über eine herausragende Frau. Gerne gebe ich 4 Sterne.