Ein wunderschönes Debüt! Herzerwärmend, berührend, ehrlich und mitreißend.
Als ich zum ersten Mal von „Die Kunst zu fallen“ hörte, konnten das Cover und der Titel meine Neugier sofort wecken. Da mich auch der Klappentext direkt ansprach, war mir schnell klar, dass ich das Buch ...
Als ich zum ersten Mal von „Die Kunst zu fallen“ hörte, konnten das Cover und der Titel meine Neugier sofort wecken. Da mich auch der Klappentext direkt ansprach, war mir schnell klar, dass ich das Buch lesen möchte.
Die 12-jährige Daphne soll die Sommerferien bei ihrem Vater in Oakland verbringen, da ihre Mutter, die Schauspielerin ist, für Dreharbeiten nach Prag reisen muss. In Daphne sträubt sich alles dagegen, Zeit mit ihrem unzuverlässigen Vater zu verbringen, den sie nun schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Widerwillig fügt sie sich ihrem Schicksal. Dem Vater zeigt sie zunächst die kalte Schulter und ignoriert seine Versuche, seine Fehler aus der Vergangenheit wiedergutzumachen. Auch dem Skateboard schenkt sie anfangs keine Beachtung, obwohl sie eigentlich nichts lieber tun würde, als endlich wieder zu skaten. Aber das Skateboardfahren erinnert sie schmerzlich daran, wie ihr Vater (der selbst ein begeisterter Skateboardfahrer ist) sie damals an ihrem zehnten Geburtstag im Stich gelassen hat. Daphne wird aber schließlich doch noch schwach und begleitet ihren Vater in die Bowl. Dort lernt sie den Jungen Arlo kennen und zu ihrer Überraschung machen die Skate-Sessions mit ihm ihr sehr viel Spaß. Und als ihr Vater ihr verspricht, ihr den Ollie beizubringen und ihr der Trick schließlich gelingt, beginnt Daphne allmählich wieder an ihren Vater zu glauben. Aber kann sie ihm wirklich verzeihen?
Der Woow Books Verlag ist für mich schon längst ein Garant für außergewöhnliche und großartige Kinderbücher. Er wird seinem Namen in meinen Augen durchaus gerecht, die Geschichten von Woow Books bescheren einem wirklich immer ein echtes Wow-Gefühl. Und „Wie die Kunst zu fallen“ bildet da keine Ausnahme.
Meine Erwartungen waren nicht zu hoch geschraubt. In meinen Augen hat Sally Engelfried mit ihrem ersten Kinderroman ein ganz zauberhaftes und besonderes Debüt geschaffen, das nicht nur junge Leserinnen ab 10 Jahren zu fesseln und zu berühren vermag, sondern auch Erwachsene.
So bunt wie das Cover, so vielseitig ist auch der Inhalt. „Wie die Kunst zu fallen“ vereint gekonnt verschiedene und teils schwierige Themen wie Vertrauensbruch, Scheidung, Alkoholismus, Selbstfindung, Freundschaft und das Skateboard fahren. Es ist eine Geschichte über den Umgang mit Enttäuschung und einem alkoholkranken Elternteil und die Bedeutung von Vergebung; über den beschwerlichen Weg, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und wieder aufzubauen und lernen zu verzeihen. Es geht darum, eine Leidenschaft wieder aufleben zu lassen und neue Freunde zu finden, kaputte Beziehungen zu reparieren und alte Wunden zu heilen.
Erzählt wird diese tiefgründige Geschichte durchgehend aus der Sicht von Daphne, die einem mit ihrer sympathischen Art schnell ans Herz wächst. Sie ist entschlossen und stark, aber auch verletzlich und unsicher. Es wird gleich zu Beginn deutlich, wie sehr es Daphne widerstrebt, den Sommer bei ihrem Vater zu verbringen, der sie schon so oft im Stich gelassen hat. Gleichzeitig ist da in ihr aber auch dieser Wunsch nach der Anerkennung und Aufmerksamkeit des Vaters, die Hoffnung, dass er sich geändert hat.
Als Leserin erhält man einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt unserer Hauptprotagonistin und kann ihr Verhalten und ihren inneren Zwiespalt nur zu gut nachempfinden. Daphnes Erzählungen lesen sich oft ergreifend und manchmal auch schmerzlich, zugleich aber auch unheimlich schön. Es ist hart zu sehen, wie sehr die Bemühungen des Vaters, seine Fehler aus der Vergangenheit wieder gutzumachen, zunächst von seiner Tochter abgewiesen werden und wie sehr er darum kämpft, einen neuen Job zu finden und weiterhin nüchtern zu bleiben.
Doch dann sind da auch die vielen hoffnungsvollen und rührenden Momente, die einem zum Lächeln bringen. Mir hat es das Herz erwärmt mitzuerleben, wie Daphne durch das Skateboarding wieder in Kontakt mit ihrem Vater kommt, langsam wieder Vertrauen zu ihm fasst und seine Probleme mit der Zeit zu verstehen beginnt. Wie er ihr neue coole Tricks beibringt und fest an sie glaubt, sie immer wieder ermutigt, nicht aufzugeben. Denn das Leben ist wie das Skaten: Man muss Misserfolge akzeptieren und weitermachen.
Das Thema Skateboardfahren wurde wirklich toll in die Handlung mit eingebunden. Fachliche Begriffe wie Ollie, Kickflip und Drop In fließen geschickt in die Handlung mit ein, sodass man nebenbei eine Menge über diese Sportart lernt. Auch wenn man sich nicht fürs Skaten interessiert, fühlt man sich an keiner Stelle gelangweilt und hat einfach nur großen Spaß beim Lesen.
Neben Daphne und ihrem Vater sind auch die weiteren Charaktere lebensecht gezeichnet und werden so liebevoll beschrieben, dass man sie einfach gernhaben muss. Der Nachbarsjunge Arlo zum Beispiel, in dem Daphne einen neuen guten Freund findet, oder ihre Großeltern, die sie in diesem Sommer endlich besser kennenlernen wird.
Auch das Ende ist wundervoll. Es passt einfach perfekt zur Geschichte und lässt einen mit einem glücklichen Gefühl zurück.
Fazit: Mit „Die Kunst zu fallen“ ist der US-amerikanischen Autorin Sally Engelfried ein wunderbarer kunstvoller Debütroman gelungen, den ich jedem nur ans Herz legen kann. „Die Kunst zu fallen“ erzählt eine herzerwärmende und inspirierende Coming-of-Age-Familiengeschichte über eine berührende Vater-Tochter-Beziehung, die Liebe fürs Skaten und Freundschaft, übers Hinfallen, Aufstehen und Weitermachen. Es ist ein ehrliches, mitreißendes und einzigartiges Buch und fasziniert nicht nur junge Leser*innen und Skateboard-Fans. Ich habe mit Daphne mitgefühlt und mitgefiebert und ihr begeistert zugejubelt. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!