Eine Geschice über die Liebe und mehr. Authentisch, vielschichtig, gefühlvoll
Das Buch einfach einen Liebesroman zu nennen würde ihm nicht gerecht werden. Natürlich ist ein zentrales Thema die Beziehung der beiden zueinander, die durch viele Unsicherheiten, viele Komplikationen ...
Das Buch einfach einen Liebesroman zu nennen würde ihm nicht gerecht werden. Natürlich ist ein zentrales Thema die Beziehung der beiden zueinander, die durch viele Unsicherheiten, viele Komplikationen gezeichnet ist, man würde förmlich gerne hineinplatzen, den beiden einen Klaps verpassen und sagen: Herrgott, macht es euch nicht ständig so schwer! ;) Aber daneben behandelt die Geschichte auch viele andere Themen, ernste und tiefgründige, wie traurige und überraschende Ereignisse, mit denen ich als Leser nicht gerechnet hatte. Die Story wirkte auf mich vielschichtig und, was ich ganz wichtig fand, ganz und gar nicht eindimensional. Einer der beiden Männer ist beispielsweise verheiratet und es gibt hier nicht bloß schwarz und weiß, gut und böse, richtig und falsch, Gefühle die plötzlich einfach verschwinden oder einfach so auftauchen würden, nein es ist vielschichtiger und glaubwürdig aufgebaut. Das hat mir wirklich gefallen.
Was für mich etwas too much war, waren die Erotik-Abschnitte. Es wurde doch sehr detailreich und oft beschrieben, wie die Liebe der Männer zueinander ausgelebt wird. Ich bin generell niemand, der gerne Erotik lesen würde, deswegen fand ich es gewöhnungsbedürftig und habe die Abschnitte auch etwas übersprungen. ABER, ich möchte dazu sagen, dass die Szenen dennoch sehr niveauvoll geschrieben sind - und ganz und gar nicht anstößig oder mit unangemessenen Worten.
Gut fand ich außerdem die Gefühle der beiden zueinander. Man hat wirklich sehr lebhaft spüren können, wie viel Gefühl, Emotionen, wie viel Liebe zwischen den beiden Menschen war, und wie gleichzeitig verwirrt und überfordert sie davon waren. Es war schön zu lesen, denn man hatte wirklich das Gefühl, sie sind füreinander die wichtigsten Menschen überhaupt. Ich finde es ist schwer so ein Gefühl zu übermitteln, doch die Autorin hat hier geschafft was viele nicht schaffen. Die Gedanken und Gefühle waren einfach zum Greifen da, das war authentisch. Auch die Freundschaften und anderen Beziehungen zwischen Charakteren wirkten auf mich sehr greifbar und echt, es war einfach alles sehr passend und rührend geschildert. Die Tiefe die sich mit den Seiten entwickelt hat, ist wirklich gut gelungen.
Auf der anderen Seite gab es aber auch ein paar Dinge, die ich nicht nachvollziehen konnte, zum einen war es das stetige "hin und her" der beiden, diese extreme Unsicherheit, und dass sie beide als erwachsene Menschen nicht fähig waren, öfter und schneller darüber zu sprechen, was eigentlich zwischen ihnen stand. Ich weiß, im echten Leben gelingt einem das auch nicht immer und es ist alles leichter gesagt als getan. Aber es kam mir ein wenig zu extrem vor, eher wie zwei verunsicherte Teenies, die überhaupt keine Erfahrungen haben und deswegen alles hinein interpretieren, anstatt gleich miteinander zu reden. Wobei man auch sagen muss, dass einer der beiden Männer eine soziale Schwäche hat und zudem noch nie in einer Beziehung war, bei ihm konnte ich das Verhalten also doch gut nachvollziehen. Vom anderen verheirateten hatte ich mir aber doch mehr Initiative und Weitsicht erwartet, eine Vielzahl der Dinge zu klären, die da so lange unsicher in der Luft schwebten. Es gab auch noch eins zwei andere Dinge zwischen den beiden, vor allem zum Anfang ihres Kennenlernens, die ich nicht so ganz nachvollziehen konnte, aber da will ich jetzt nichts vorwegnehmen.
Alles in allem hat mich auch der Umfang der Geschichte überrascht. Es sind gute 800 Seiten und das bietet ordentlich Lesestoff sowie Handlung. Ich hatte eigentlich zur Mitte des Buches das Gefühl, dass das Ende bereits storytechnisch hätte kommen können, doch es sind dann doch immer wieder Ereignisse gekommen die so nicht zu erwarten waren. Was natürlich einerseits gut ist, andererseits hat es die Geschichte eben sehr lang gemacht, ich persönlich fand es doch ziemlich gestreckt und hätte da eine straffere Fassung angenehmer gefunden. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass ich es mir nicht gewohnt bin, solche dicken Schmöker zu lesen. Und über MEHR Buch sollte man sich wohl ohnehin nicht beschweren :)
Was mich wirklich sehr gerührt hat, war auch noch das Nachwort der Autorin zu ihrem Werk. Das war in etwa so: "Es ist kein Nischenbuch über Homosexualität, sondern eine Selbstfindungsgeschichte über Toleranz, Liebe und die Kraft, zu sich selbst zu stehen. Dinge, die jeden von uns betreffen." Sehr schön gesagt - schöner hätte man es nicht ausdrücken können. Für mich ist es eine fast perfekte Geschichte, die ich gerne weiterempfehle.