Ein Ausnahmeroman
Sie forschen über den Einfluss Sri Lankas auf die thailändische Kunst zwischen dem dreizehnten und fünfzehnten Jahrhundert oder die Unterschiede zwischen Privatleben und Öffentlichkeit aus religiöser Sicht. ...
Sie forschen über den Einfluss Sri Lankas auf die thailändische Kunst zwischen dem dreizehnten und fünfzehnten Jahrhundert oder die Unterschiede zwischen Privatleben und Öffentlichkeit aus religiöser Sicht. Sie: Das sind die illustren Gäste in der mondänen Villa am Comer See, eine jede Meisterin ihres Fachs, ein jeder ein Schwergewicht seiner Zunft. 30 Tage werden sie dort verbringen, arbeiten, forschen, schreiben, sich bei feudalen Abendessen zusammenfinden und bei ebenso anregenden wie sterbenslangweiligen Vorträgen Intelligenz und Interesse demonstrieren. Und mitten unter ihnen ist er, der namenlose Ich-Erzähler, der nicht so recht weiß, wie er in den elitären Genuss eines Monatsstipendiums gekommen ist. Er, der in Belgrad in einer Bruchbude haust, in die es auch noch hineinregnet. Er, der nichts so recht mit dieser geschenkten Zeit anzufangen weiß. Arbeiten? – Woran? Forschen? – Worüber? Und so schläft er lieber lange, raucht Kette, trinkt die hervorragenden Weine und Spirituosen, verbrüdert sich mit dem Personal und lässt sich allabendlich ins Dorf spülen, dessen Bewohner noch nie einen Fuß auf das gediegene Parkett der Villa setzen durften. Auch so kann man 30 Tage in Como verbringen.
Es gibt sie, diese Bücher, die ihren ganz eigenen Zauber haben, ihre eigene, ebenso lakonische wie liebenswerte Stimme, einen besonderen Tonfall, eine exakte Beobachtung der feinen Unterschiede und einen Protagonisten mit Charakter. Srdan Valjarevićs „Como. 30 Tage“ (aus dem Serbischen von Susanne Böhm) ist ein solches Buch. Ich habe mit der Hauptfigur geraucht, gesoffen und in der Dorfkneipe gefeiert. Ich gemeinsam mit ihm Freunde gefunden und die anderen Gäste fasziniert beobachtet. Und ich kam gemeinsam mit ihm zu dem Schluss:
„Es ist nicht schlecht, reich zu sein, dachte ich, eine Jacht zu besitzen, ein Haus an diesem See, all diese Mäntel, Hemden, Jacken, Schuhe und Pullover für mehrere hindert oder gar tausend Dollar zu kaufen. Aber es ist auch nicht schlecht, wenn man nicht reich ist und nicht nichts von all dem hat, weil all das nicht wirklich etwas mit dem Leben an sich zu tun hat.“