Weng in den Augen von Thomas Bernhard und von seinem Nachfolger
Oder Verfolger?
Nun, wie auch immer "Weng", das klingt chinesisch, gemeint ist aber ein kleines Dorf in Österreich, dasjenige nämlich, das in Thomas Bernhards Debütroman "Frost" eine Rolle spielte. Der ...
Oder Verfolger?
Nun, wie auch immer "Weng", das klingt chinesisch, gemeint ist aber ein kleines Dorf in Österreich, dasjenige nämlich, das in Thomas Bernhards Debütroman "Frost" eine Rolle spielte. Der Autor hat nämlich den Einwohnern einen Spiegel vorgehalten und zwar nicht zu knapp: selbstgerecht, voller Vorurteile, ja bösartig, so waren sie.
Für seinen Nachfolger, den namenlosen Ich-Erzähler des Romans, ist es eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, allerdings eine mit Bezug zu Bernhard. Er kehrt in den (inzwischen ehemaligen) Gasthof seiner Großeltern ein bzw. zurück, in dem das Buch entstand. Und zwar, inzwischen Assistent an der Uni, tatsächlich auf den Spuren von Bernhard zu Forschungszwecken.
Ein Buch, das es seinen Lesern nicht unbedingt leicht macht, denn Mulitzer schreibt scharfzüngig, provokant und bewusst polarisierend. Will er den Einwohnern von Weng (das es wirklich gibt, Bernhard hatte dort zwei Jahre in einer Lungenheilanstalt zugebracht) tatsächlich die Meinung geigen? Nun, es ist wohl mehr eine Auseinandersetzung mit Thomas Bernhard und dessen Figuren, vor allem aber mit sich selbst und seinen Erinnerungen.
Für Bernhard-Leser und Fans (bin ich beides nicht) sicher um einiges erfüllender als für mich, die die Entwicklungen wieder und wieder als verwirrend empfand. Und zu viel Sex, viel zu viel Sex für meinen Geschmack - hier wäre weniger wesentlich mehr gewesen, gerade auch im Hinblick auf die eigentlichen Schwerpunkte.
Dennoch, der Autor beeindruckt mit glasklaren Formulierungen, schwarzem Humor, scharfsinnigen Schlussfolgerungen - sprachlich ein wahrer Genuss. Wer sich also auf was Neues in jeder Hinsicht einlassen möchte - für den könnte dieses Buch was sein!