Tommy Orange legt den Finger in eine Wunde, die nie verheilt
Ist es eine Tatsache, dass der Ursprung von Thanksgiving wirklich so ist, wie es die Amerikaner uns berichten? Also, dass die Einwanderer friedlich mit den Ureinwohnern zusammensaßen und Speise und Trank ...
Ist es eine Tatsache, dass der Ursprung von Thanksgiving wirklich so ist, wie es die Amerikaner uns berichten? Also, dass die Einwanderer friedlich mit den Ureinwohnern zusammensaßen und Speise und Trank genießen konnten? Und wie geht es den Nachkommen der Natives heute? Was spielt sich in den Reservaten ab? Warum suchen viele von ihnen Trost im Alkohol und anderen Drogen? Das sind Fragen, die ich mir immer mal wieder stelle und aus dem Grund lese ich Bücher zu diesen Themen.
Dort, dort ist ein ganz besonderes Buch. Tommy Orange gehört selbst zu den Nachkommen der Natives und wer, wenn nicht er, kann authentisch über ihr Leben berichten. Er schreibt in dem Buch über die Probleme der Indianer, die nicht nur vom Rassismus der „Weißen“ geprägt sind. Bis heute werden sie diffamiert und häufig wie Ausstellungsstücke missbraucht. Sie sollen sich mit den Kostümen ihrer Vorväter schmücken und so wie sie tanzen. Alles zur Belustigung und Zeitvertreib der „Weißen“. Aber hin und wieder dürfen sie sich auch mit ihresgleichen treffen. Das Powwow in Oakland. Hier dürfen sie so sein, wie es ihnen gefällt. Die Akteure in dem Buch Dort, dort fiebern diesem Ereignis entgegen. Besonders die jungen Leute freuen sich darauf. Doch, wird ihre Hoffnung erfüllt und haben sie tatsächlich nur Freude an dem Tag?
Tommy Orange beschreibt das Leben von unterschiedlichen Charakteren, die alle eins gemeinsam haben. Sie sind „Natives“. Das bedeutet auch, dass sie vor vielen Jahren von den Eindringlingen im wahrsten Sinne des Wortes überrannt wurden. Ihnen wurde die Existenz geraubt, nie gekannte Krankheiten ins Land geschleppt und sie waren nur noch Menschen zweiter Klasse. Dass das wohl nie endet, davon bin ich überzeugt. Und dass hier das Problem vieler „Indianer“ liegt, ist wohl jedem klar. Zumal sich ihr Dasein unter Präsidenten wie dem jetzigen keinesfalls zum Guten wendet. Auch er vergisst, was seine Vorfahren den Ureinwohnern antaten und diese keinerlei Recht für ihr Vorgehen hatten.
Ich las nicht das Buch, sondern hörte es mir an. Es wird von Christian Brückner gelesen. Für mich war es ein Hochgenuss, diese markante Stimme über 550 Minuten zu hören. Er entführte mich eindrucksvoll in die Lebenssituation der Natives und ja, ich litt mit ihnen mit. Also ist es selbstverständlich, dass ich fünf Sterne plus und eine Hör- oder Leseempfehlung gebe.