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Das Buch ist eine Abrechnung. Eine Abrechnung der Autorin an die in Deutschland lebenden Türken, die sich nicht als Teil der Gesellschaft sehen. Das ist natürlich sehr provokativ und ich denke, wenn es ...
Das Buch ist eine Abrechnung. Eine Abrechnung der Autorin an die in Deutschland lebenden Türken, die sich nicht als Teil der Gesellschaft sehen. Das ist natürlich sehr provokativ und ich denke, wenn es nicht von einer "Betroffenen" geschrieben worden wäre, hätte ich es wahrscheinlich nicht angefasst. Denn schließlich will ich niemanden diskriminieren oder mir meine Meinung bilden, wenn ich nicht direkt dabei bin.
Umso interessanter war es, Tuba Saricas Eindrücke zu lesen. Sie schreibt sehr offen und ehrlich darüber, wie sie sich fühlt, zwischen den Kulturen zu stecken. Sie wächst in Deutschland auf, aber die Türkei ist immer präsent. Sie spricht von einer Parallelgesellschaft, die gern unter sich bleibt - und bestätigt damit natürlich auch Vorurteile, die man hat.
Deswegen habe ich das Buch etwas mit Magengrummeln gelesen. Trotzdem klingt vieles, was sie sagt, schlüssig: Warum dürfen junge deutsche Mädchen andere Sachen als türkische? Sie beschreibt den Einfluss, den die Community auf sie hatte: Nichts tun, was andere missbilligen könnten, auch wenn man dadurch selbst eingeschränkt wird. Sie untermauert das mit sehr vielen persönlichen Beispielen, die es sehr überzeugend wirken lassen. Ich kann mir vorstellen, dass sie damit manch einem auf die Füße getreten ist.
Die Autorin schreibt aber nicht nur das auf, was sie selbst erlebt hat, sondern gibt auch Fakten wieder. Etwas erschreckend war das für mich schon. Denn dadurch wird die "Doppelmoral" doch sehr greifbar.
Etwas zu kurz kommt mir aber die andere Seite, nämlich die ich auch aus der Familie meines Freundes kenne. Man darf trotz allem nicht vergessen, dass es auch anders geht.
Alles in allem hat mich das Buch sehr zum Nachdenken gebracht, vor allem darüber, was ich persönlich unternehmen kann, um das zu ändern. Die Erkenntnis: Nichts. Am Ende bin ich zwar schlauer, aber eine Lösung habe ich nicht gefunden. Die gibt auch die Autorin nicht - denn sie sagt, es muss von den Deutschtürken selbst kommen. Ob, wann und in welchem Maße das geschieht, steht in den Sternen.
Insgesamt ist es ein sehr interessantes Buch, das man lesen sollte - egal welcher Nationalität man angehört oder welcher Kultur man sich mehr zugehörig fühlt. Eine Bewertung in Sternen fällt trotzdem schwer. Da es aber eine Leseempfehlung ist: 5 Sterne!