Als Expat in China
„Sauerkraut im Wok“ von Urda Schleier entführte mich sehr eindrucksvoll nach China, in eine Welt, wie man sie nur sieht und erfährt, wenn man dort auf längere Zeit lebt.
Klappentext:
Wie ist es eigentlich ...
„Sauerkraut im Wok“ von Urda Schleier entführte mich sehr eindrucksvoll nach China, in eine Welt, wie man sie nur sieht und erfährt, wenn man dort auf längere Zeit lebt.
Klappentext:
Wie ist es eigentlich als Langnase plötzlich in Shanghai zu leben und zu arbeiten? Wie kann man seiner Putzhilfe klar machen, dass man sich zwar sehr über ihre Hilfe freut, sie aber nicht mit demselben Lappen zunächst die Toilette und dann den Esstisch putzen soll? Wie kann man "nein" sagen, ohne dass der Geschäftspartner sein Gesicht verliert und warum sollte man in China keine grünen Hüte verschenken? Die Autorin gibt mit einem Augenzwinkern Antworten auf diese Fragen, indem sie dem Leser sehr private Einblicke in E-Mails gibt, die den täglichen Wahnsinn einer deutschen Familie im Reich der Mitte beschreibt.
Das Buch erschien 2022. Die Handlung umfasst einen Zeitraum von rund zwei Jahren, 2019 bis 2021, als die Autorin mit Mann und Kindern in Shanghai lebte. Es ist dies weder ein Roman, noch ein Sachbuch, vereinigt aber in einer Art Tagebuch beides. Denn es wird viel Wissenswertes vermittelt, gleichzeitig aber das Familienleben, das Miteinander geschildert. Da die Autorin während ihres Aufenthalts in China ein Fernstudium absolvierte, werden auch die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten thematisiert, letzeres für mich teils zu ausführlich. Der Schreibstil ist flüssig, locker und humorvoll. Die beschriebenen Stolpersteine und Missgeschicke entlockten mir so manches Schmunzeln.
Basis für das Buch bilden jene Emails, die die Autorin während des Chinaaufenthalts an Freunde und Bekannte sandte. Jedes Email ist somit identisch mit einem weiteren Kapitel. Die Handlung entwickelt sich demgemäß chronologisch von der Ankunft bis zum doch schwer fallenden Abschied.
Obwohl die Familie sich nicht nur in Shanghai aufhielt, sondern in der Freizeit auch andere chinesische Städte und sehenswerte Gegenden bereiste, und Urlaube auf den Philippinen, in Vietnam und Japan verbrachte, so ist dieses Buch kein Reisebericht im langläufigen Sinn. Natürlich sind die Eindrücke festgehalten, werden Sehenswürdigkeiten beschrieben, werden Vergleiche zwischen Chinesen, Japanern etc. gezogen, aber letztlich liegt der Fokus des Buches darin, wie man den Alltag in einem fremden Land meistert, wo man der Sprache nicht mächtig ist, die Schrift nicht lesen kann. Es sind die kulturellen Unterschiede und die Gebräuche, die Begegnungen mit den Einheimischen, die sich so interessant lesen, wie kompliziert sich manch ganz einfach anmutende Aktionen gestalten, wie die Aufgabe von Paketen. Die Familie begeht sowohl die europäischen als auch asiatischen Feste, schlägt sich mit defekten Geräten, Internetproblemen und nicht kompetenten Handwerkern herum. Noch dazu sind sie zu jener Zeit dort, als die ganze Welt vom Coronavirus in Atem gehalten wird. Erstaunlich, wie wenig aufgeregt man in China mit der Situation, mit all den Maßnahmen und Einschränkungen umging. Als Expat muss man jedenfalls anpassungsfähig und flexibel sein.
„Sauerkraut mit Wok“ hat mich in eine fremde Welt hinein versetzt, in eine Welt, die ich nie persönlich kennenlernen werde. Das Buch hat mir viele Details über das Leben in China vermittelt, Dinge, die nur Expats erleben können. Man gewinnt Einblicke, die sich einem normalen Touristen nicht erschließen. Das Buch ist informativ, es vermittelt aber nicht nur trockenes Wissen, sondern verpackt alles in eine Lesereise mit einer sympathischen Familie. Für Menschen, die wie ich gerne vom Sofa aus die ferne Welt erkunden, ist dies genau das richtige Buch.