Abwechslungsreich und überraschend
Die Fyrgar sind das Volk des Feuers, benannt nach dem größten und höchsten Gebirge im Land Luvgar im Osten des Reiches, in dem sie leben. Die Nähe zu den Göttern ist für sie von hoher Priorität. Die Fyrgar ...
Die Fyrgar sind das Volk des Feuers, benannt nach dem größten und höchsten Gebirge im Land Luvgar im Osten des Reiches, in dem sie leben. Die Nähe zu den Göttern ist für sie von hoher Priorität. Die Fyrgar sind weise und wissend, bewahren, beobachten und lauschen. So auch Aldavinur, dessen Ohren besonders empfindlich sind. Ihm entgeht der markerschütternde Schrei im Angesicht des Todes ebenso wenig wie dem jungen, aufgeweckten Efrynn. Sorge und Neugierde treiben sie über die Grenzen hinweg zu den Klingfelsen, die von spitzen Zacken und scharfen Kanten durchsetzt und von Furcht erregenden, riesigen Spinnen besiedelt sind. Kein Ort für die Fyrgar! Lehrmeister seines Volkes Aldavinur und Schützling Efrynn werden fündig. Ein Wesen fremder Art windet sich auf einem Felsplateau in quälenden Schmerzen. Halb Mensch, halb Krahim, fernab seiner Heimat Nerovia, dem Land des Südens. Leidtragender eines jener Stürme, die sich in letzter Zeit auffallend häufen. Sie führen den Geruch von Finsternis und Magie mit sich. Ein untrügliches Zeichen für Veränderung und ein Ungleichgewicht der Mächte. Die Versammlung des Rates der Fyrgar kann Aldavinurs Entscheidung, Gondwin Hilfe und Obdach in seiner Höhle im Hochtal zu gewähren, nicht gutheißen. Sie argwöhnen, dass der Halbkrahim Unglück bringe. Der Bestätigung dieser Ahnung soll ihnen in Kürze gewahr werden. Gondwin zweifelt an der Allwissenheit der Fyrgar und erteilt ihnen eine Lektion. Während dunkle Schatten die Welt heimsuchen, überfallen die Krahim das Volk des Feuers. Ein furchtbares Gemetzel fordert zahlreiche Opfer. Efrynn, die Hoffnung der Fyrgar auf Vollkommenheit, wird verschleppt. Aldavinur beschließt, an seiner statt zur Sonnenwende durch das Feuer zu gehen, um das stolze Kind zu retten. Das Feuer, Urkraft und Element, entlässt ihn schließlich in die Dritte Stufe seines Daseins. Varantain - Kostbarkeit. Sein Name ist Vergangenheit, sein Baiku verloren, so glaubt er. Als sterblicher Mensch, Dàvin, ein Mann des Friedens, steigt er hinab in die Welt, um das Leben zu erfahren und das Geheimnis der Schattenweber zu lüften. Sein Weg führt ihn nach Kunchava, nahe Nerovia. Auch hier ist man sich der Bedrohung durch die dunklen Netze bewusst. Die Menschen treten Dàvin zunächst mit Misstrauen gegenüber. Die Wandlung von Raubkatze zu Mensch bedarf einiger Umstellung. Der aufrechte Gang und der Gebrauch der Hände sind ihm fremd. Der unbekümmerte Umgang mit Nacktheit weicht dem Tragen von Kleidung. Sitten und Gebräuche, sowie Haus und Einrichtung sind gänzlich ungewohnt. Aus freien Stücken hätte er niemals seine Heimat verlassen, doch die Sorge um Efrynn ist den hohen Preis wert. Dàvin lernt schnell. Die Menschen respektieren ihn. Und er erkennt, dass er den Schattenwebern unmöglich allein gegenübertreten kann. Im Freien Haus erhofft er sich, Unterstützung für sein Ansinnen zu finden. Doch statt auf den Annatai Halrid Falkon, trifft er auf König Rowarn und Nachtfeuer, dem Wächter Waldsees. Tatkräftig zur Seite stehen, können sie Dàvin nicht. Er gewinnt jedoch einen mächtigen Verbündeten, auf den stets Verlass ist: Luvian, das Schwert von Sonne und Mond. Der Weg weiter nach Barastie wird von vielen Lektionen gesäumt. Er führt vorbei an Sansiri, eine der bedeutendsten Streitkräfte der Schattenweber, an Zuran und seine Bande, die so genannten Säuberer, bis er auf Fothúm, den Sinprasi, dessen Schwester Fragangu und die Zwergin Erla trifft. In Honigwinter wird Dàvin gut auf sein Vorhaben vorbereitet. Er lernt mit dem menschlichen Körper umzugehen, genießt körperliche Ertüchtigung in vielerlei Hinsicht, probt den Kampf mit dem Schwert und erfährt die Vorteile strategischen Denkens. Den Kopf voller Informationen und Zusammenhänge, verlässt Dàvin den idyllischen Ort schließlich als Krieger, um nicht zu sagen als Ritter. Es geht längst nicht mehr nur um seine persönliche Entscheidung. Ihm obliegt die Verantwortung für die gesamte Menschheit und er wird den Fyrgar ihren Frieden zurückbringen. Dàvins Ziele sind hoch gesteckt: Efrynn finden und befreien, Nansha und Lýtir, die Herscher Barasties, ausschalten, das Geheimnis um die verschwundenen Flammenritter lüften und schlussendlich die Ursache des Übels rund um die Schattenweber aufdecken. Möge ihm Lúvenors Segen gnädig sein ...
Nach DÄMONENBLUT, NACHTFEUER, PERLMOND und NAURAKA, erscheint mit FYRGAR bereits der fünfte Roman rund um die phantasievolle Welt Waldsee.
Während die drei erstgenannten Titel zusammen die CHRONIKEN VON WALDSEE bilden, kann die Lektüre von NAURAKA und FYRGAR unabhängig erfolgen.
Leser, die mit Waldsee vertraut sind, werden auf alte Bekannte wie König Rowarn von Valia und Nachtfeuer, den ältesten Dämonen, treffen. Kennt man sie hingegen nicht, ist dies dennoch kein Nachteil. Wichtige Zusammenhänge ergeben sich aus dem Kontext oder können im Anhang nachgeschlagen werden. Zunächst gibt ein ausführliches Inhaltsverzeichnis einen Einblick in die Aufteilung des Romans. Insgesamt achtzehn Kapitel sind in drei Abschnitte, Erstes Leben - Das stolze Kind, Zweites Leben - Flammenritter und Drittes Leben - Die Allumfassende, gegliedert. Die weitreichende Bedeutung dieser Einteilung ergibt sich aus dem Inhalt. Der folgende Anhang besteht aus einem Schnitt durch die vier Königreiche zu Anbeginn und einem Glossar mit allerlei Informationen zu beispielsweise Wesen, Schauplätzen und Artefakten Waldsees.
Mit einer eindrucksvollen, prophetischen Vorbemerkung beginnt Uschi Zietsch ihre Erzählung über die Fyrgar, das Volk des Feuers. In ihren Wesensarten und äußeren Erscheinungen sind sie mannigfaltig. Sie streifen als Raubkatze, Grypha oder Drachen umher, tragen Fell, Schuppen oder Federn. Die Fyrgar setzen sich, gemäß ihrer Baikus, ihrer Seelen, aus diversen Gestalten und Formen zusammen. Sie alle eint die Fähigkeit, durchs Feuer zu gehen. Mit jedem Schritt hindurch wandeln sie gegebenenfalls ihr Erscheinungsbild und erklimmen die nächst höhere Stufe ihres Daseins. Derer existieren vier: Leviantain (Leichtigkeit), Saviantain (Wissen), Varantain (Kostbarkeit) und Tarsanu (Verlust). Viele Fyrgar glauben zudem an eine weitere, fünfte Stufe, die der Vollkommenheit entspräche.
Die Fygar müssen im Verlauf der Geschichte erkennen, dass sie längst nicht über allen Dingen erhaben sind und ihr gesammeltes Wissen nicht den Wandel der Zeit berücksichtigt. Ebenso vielfältig wie die Darsteller, Fyrgar, Krahim, Dämonen, Zauberer, Menschen und dergleichen, ist auch die vorliegende Geschichte in dritter Person Singular. Die Autorin bietet abwechslungsreiche Unterhaltung mit Momenten der Ruhe, bedrohlichen Gefahren und spannenden Kämpfen. Untermalt mit philosophisch anmutenden Gedanken, detailreichen Bildern und einem Hauch von Romantik, ergibt sich ein emotionales, märchenhaftes Epos um den Kampf Gut gegen Böse. Die Rollenvergabe ist nicht eindeutig. Zahlreiche Wendungen im Geschehen, überraschende Erkenntnisse und trickreiche Kniffe ermöglichen einen dynamischen Verlauf der Ereignisse. Unterschiedliche Erzähltempi und hin und wieder wechselnde Perspektiven bereichern die Handlung.
Uschi Zietsch schöpft all ihre Möglichkeiten aus, den Spielraum ihrer kreativen Welt mit faszinierenden Ereignissen und Zusammenhängen zu füllen.
Die Optik der großformatigen Broschur trägt den Inhalt in harmonischer Farbgebung. Zahlreiche Flammenakzente lassen das Motiv lebendig erscheinen. Der Romantitel in glänzenden, erhabenen Großbuchstaben gibt dem Cover den letzten Schliff. An Papier, Satz und Druck gibt es absolut nichts zu bemängeln.
Fazit: Uschi Zietsch bereichert ihre Welt Waldsee um ein weiteres beeindruckendes Abenteuer. FYRGAR bietet phantasievolle Charaktere, emotionale Entwicklungen, bildgewaltige Schauplätze, dramatische Spannung und actionreiche Kämpfe im tiefgründigen Erzählstil. In vollendeter Magie nimmt die Geschichte um Liebe und Leid, Vertrauen und Verrat, sowie Imperfektion und Vollkommenheit den Leser für sich ein. Ein abwechslungsreiches, überraschendes Bucherlebnis - uneingeschränkt empfehlenswert!