Hier ist der Buchtitel Programm
Eigentlich lebt es sich doch ganz gut so, wie er sich das über die Jahre hinweg eingerichtet hat. Deswegen kann Gilbert Kaplan nicht verstehen, dass plötzlich so viel Aufhebens um seine Person gemacht ...
Eigentlich lebt es sich doch ganz gut so, wie er sich das über die Jahre hinweg eingerichtet hat. Deswegen kann Gilbert Kaplan nicht verstehen, dass plötzlich so viel Aufhebens um seine Person gemacht wird. Ausgerechnet im hohen Alter soll er für etwas geehrt werden, was er vor Jahrzehnte angeblich entdeckt hat - aber was ? Auch wenn er noch so tief in seinen Erinnerungen gräbt, kann er sich nicht entsinnen. Das Einzige, was er weiß ist, dass sein Leben gerade auf den Kopf gestellt wird und das passt ihm überhaupt nicht...
"Meine Krönung" verdient den Buchtitel zurecht, denn das kleine Taschenbüchlein ist wirklich eine Krönung an Eloquenz, Einfühlungsvermögen und ganz viel Eigensinn, aber im Positiven. Denn hier zeigt Véroniue Bizot, wie sich das Leben eines Menschen mit dem Älter werden und alt sein verändert, dass es nicht auf materielle Dinge ankommt, sondern darauf, wie das Leben an sich gelebt wird.
Es ist eine gedankliche Rückschau, die, von Erinnerungslücken durchzogen von Verlusten, dem allgemeinen Lebensüberdruss und einer gewissen Antriebslosigkeit erzählt, ohne dabei schwermütig oder depressiv zu werden. Zwar sind die Sätze mitunter ellenlang, aber sie spiegeln genau das wieder, was sich im Kopf des zu Ehrenden abspielt - Gedankenkreisel, Erinnerungskarussells und Lichtblitze, die sich nach und nach zu einem doch sehr stimmigen Gesamtbild zusammensetzen und zeigen, wie sehr der Mensch an seine Erinnerungen gekoppelt ist.
Die Erinnerungsfetzen sind manchmal traurig, mal urkomisch und spiegeln eine ganze Palette von Gefühlen wieder. Die Figur des alten Wissenschaftlers wird somit für die Leser:innen nahbar und zugänglich. Auch wenn die Hauptperson der Erzähler ist, so läuft ihm doch heimlich still und leise seine Haushälterin Madame Ambrunaz den Rang ab. Sie ist resolut, weist ihn, wenn nötig, in die Schranken und zeigt ihm auch mal auf, dass er mit seiner Antriebslosigkeit ihr das Leben schwer macht.
Feinsinniger Humor, sprachlich sehr gut ausformuliert und mit überraschenden Wendungen versehen, ist dieses Buch keine Alltagsliteratur, sondern in sich eine Krönung und sehr lesenswert.