Cover-Bild »Komteß Mizzi«
21,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Wallstein Verlag
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Sachbücher / Geschichte
  • Ersterscheinung: 02.03.2020
  • ISBN: 9783835344495
Walter Schübler

»Komteß Mizzi«

Eine Chronik aus dem Wien um 1900
Ein »Sittenbild« aus dem Wien des Fin de Siècle - restauriert von Walter Schübler.

Am 28. April 1908 werden Marcell »Graf« Veith und seine 18-jährige Tochter Marie festgenommen. Er wird der Kuppelei, sie der Geheimprostitution beschuldigt. Sie ertränkt sich noch am selben Tag in der Donau, er wird vor Gericht gestellt. Der »Skandal-Prozess« erregt weit über Wien hinaus Aufsehen. Umso mehr, als hohe Polizeibeamte, die Chefs des Sittenamts und des Sicherheitsbüros, im Tagebuch und in den Kassabüchern Maries als Kunden genannt werden. Kurz nach Verbüßung seiner Haft-strafe veröffentlicht Veith in einem Krawallblatt die Kundenliste: 205 »Cavaliere«, allesamt aus den besseren und besten Wiener Kreisen.
Aus einer Unmenge zeitgenössischer Quellen und Dokumente - darunter der tausendseitige Gerichtsakt mit dutzenden Zeugenaussagen von Fiakerkutschern, Hausmeistern, Nachtportieren, Kellnern, Dienst-, Stuben- und Blumenmädchen, Bordellwirtinnen und Prostituierten - rekonstruiert Walter Schübler aus nächster Nähe den beklemmenden Fall der Marie Veith.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei Venatrix in einem Regal.
  • Venatrix hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2020

Chronik eines Skandals

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Im Mai 1908 wird die Leiche der knapp zwanzigjährigen Marie Veith aus dem Donaukanal geborgen. Die junge Frau, die als Comtesse Mizzi, bekannt ist, hat ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Kurz zuvor ist ...

Im Mai 1908 wird die Leiche der knapp zwanzigjährigen Marie Veith aus dem Donaukanal geborgen. Die junge Frau, die als Comtesse Mizzi, bekannt ist, hat ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Kurz zuvor ist sie gemeinsam mit ihrem Vater, dem selbst ernannten „römischen Grafen“ wegen Prostitution angezeigt worden.

Dieses Buch rollt an Hand Maries Tagebuch, diverser Briefe, Kassabücher und Gerichtsprotokollen genau auf, wie sie von ihrem Vater, dem angeblichen Grafen Marcell Veith seit ihrem vierzehnten Lebensjahr „vermögenden Männern“ zugeführt worden ist.

Wir Leser können die Chronik dieses Prozesses rund um die Tragödie der Marie Veith hier nachlesen. Die vielen im Original wiedergegebenen Aussagen der angeklagten Eltern, die ihre Tochter als Geheimprostituierte arbeiten haben lassen, zeigen ein ziemlich verkommenes Sittenbild der Zeit. Das Wien um 1900 ist eine 2-Millionen-Stadt, in der die Kluft zwischen arm und reich kaum überbrückbar scheint. Zahlreiche Frauen und Mädchen müssen ihren Körper verkaufen, um das Nötigste zum Leben zu erhalten. Umso verwerflicher ist, dass Marcell Veith, der zu faul ist zu arbeiten, seine minderjährige Stieftochter zur Prostitution zwingt. Veith hat nicht mit dem penibel geführten Kassabuch seiner Tochter gerechnet, die nicht nur die Einnahmen (Geldgeschenke diverser Männer aus der besseren Gesellschaft Wiens) sondern auch die Ausgaben aufgelistet hat. Diese Ausgaben umfassen auch persönliche Dinge, die ausschließlich Marcell Veith dienen, wie Wäsche, Schuhe oder Anzüge. Es gilt als erwiesen, dass Marie den Lebensunterhalt der gesamten Familie bestritten hat.

Der Autor Walter Schüberl hat sich durch Tausende Seiten Gerichtsakten gewühlt und einen komplexen Prozess minutiös wiedergegeben. Der Prozess nimmt eine nicht ganz unerwartete Wendung, als bekannt wird, dass auch hochrangige Mitglieder der Wiener Society sowie der Polizei in den Skandal verstrickt sind. Maries Mutter wird, nachdem sie die Unwissende gespielt hat, freigesprochen. Der Vater zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach der Verbüßung seiner Strafe veröffentlicht er die Namen von mehr als 200 „Cavalieren“, von denen seine Tochter Geldgeschenke erhalten hat, in einem Krawallblatt.

Fazit:

Ein penibel recherchiertes Buch über einen Skandal, der 1908 Tagesgespräch in Wien war. Gerne gebe ich hier, obwohl das Buch durch die kleine Schrift schwer zu lesen ist, 5 Sterne.