Cover-Bild Konstantinopel
0,99
inkl. MwSt
  • Verlag: idb
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Ersterscheinung: 30.09.2017
  • ISBN: 9783962243272
Walter Scott

Konstantinopel

historischer Roman
Die Zeit, in welcher der Leser mit uns vor dieses goldene Tor tritt, ist ein frischer, aber nicht kühler Abend, der zum Verweilen im Freien einlud wie zur Betrachtung des romantischen Bauwerkes und der zahlreichen anderen Merkwürdigkeiten, die hier Kunst und Natur Fremden und Einheimischen darboten. Ein Fremder, dem Aussehen nach ein Kriegsmann, verweilte auch jetzt vor dem Tore, im Anschauen versunken, und sein unruhiges, lebendiges Auge sprach deutlich von dem großen Eindruck, den dieser neue, ihm zweifellos ungewohnte Anblick auf ihn hervorbrachte. Seiner hellen Hautfarbe nach zu schließen, war er in weiter Ferne von der griechischen Hauptstadt daheim; er war von schöner Figur und von kräftigem Bau: Vorzüge, für die man in Konstantinopel ein scharfes Auge hatte, denn bei den öffentlichen Spielen im Zirkus war man hier gewöhnt, die schönsten Menschen der Erde auftreten zu sehen, und hatte Gelegenheit genug zum Studium des menschlichen Körperbaues. Der Kriegsmann mochte zweiundzwanzig Jahre zählen. Was in seinem Gesicht hierzulande besonders auffiel, waren die tiefblauen Augen und das herrlich blonde Haar, das unter dem silberplattierten, mit einem züngelnden Drachen geschmückten Helme hervorquoll. Die Züge seines Gesichtes waren zart, aber nichts weniger als weichlich; die stolze Art, wie er die Wunder betrachtete, die sich vor seinen Blicken entfalteten, verkündete jenen regen Verstand, der zu durchdringen sucht, was ihm nicht auf den ersten Blick faßlich ist oder was er falsch aufgefaßt zu haben fürchtet. Gerade diese Art schien ihm bei den Leuten, die außer ihm vor dem Tore verweilten, Sympathieen zu erwecken; sie fühlten sich geneigt, ihm die Eigenschaft eines »Barbaren« nachzusehen, der aus irgend einem unbekannten, fernen Erdenwinkel den Fuß in die überzivilisierte Stadt gesetzt hatte oder setzen wollte, die sie ihre Heimat mit, wenn auch gerechtem, so doch in vieler Hinsicht übertriebenem Stolze nannten. Die Tracht, in welcher der junge Kriegsmann sich ihnen zeigte, ließ durch die seltsame Mischung von Pracht und Weichlichkeit auf Stand und Herkunft schließen. Schon der phantastische Helm mit dem züngelnden Drachen kennzeichnete ihn als einen Sohn des hohen Nordens

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