Wenn einer eine Reise...
Klappentext:
„Was früher ein Privileg für Wohlbetuchte war, ist heute ein Massenvergnügen: Kreuzfahrten. Ob AIDA, TUI Cruises, MSC oder andere - mit günstigen Preisen locken sie jedes Jahr mehr Menschen ...
Klappentext:
„Was früher ein Privileg für Wohlbetuchte war, ist heute ein Massenvergnügen: Kreuzfahrten. Ob AIDA, TUI Cruises, MSC oder andere - mit günstigen Preisen locken sie jedes Jahr mehr Menschen auf ihre Schiffe. Dabei erzielen die Reedereien Gewinne, wie sie sonst wohl nur beim Glücksspiel anfallen. Eine Erfolgsgeschichte? Wolfgang Meyer-Hentrichs ebenso kritisches wie unterhaltsam geschriebenes Buch macht klar: Das Geschäftsmodell der Kreuzfahrtunternehmen basiert auf Steuervermeidung, Ausbeutung des Personals und dem skrupellosen Umgang mit der Natur. Den Preis dafür zahlen letztlich wir alle.“
Wolfgang Meyer-Hentrich hat ein Thema aufgegriffen das derzeit viele Menschen beschäftigt. In seinem Buch geht er teilweise sehr scharf mit den Touristen ins Gericht. In meinen Augen differenziert er leider nicht mehr, sondern spricht irgendwann nur noch vom allgemeinen Massentourismus - hier geht es doch aber speziell um Kreuzfahrer?! Des weiteren sei gesagt, ist er nach meiner Ansicht nicht mehr neutral. Er vertritt seine negative Meinung so extrem, dass sich die Kreuzfahrer hier schon angegriffen fühlen könnten, wenn sie diese Zeilen lesen sollten. So etwas muss und sollte nicht sein. Auch sind seine Thesen bezüglich der Crew weit hergeholt. Da ich selbst lange Erfahrungen als Crewmitglied auf Kreuzfahrtschiffen sammeln konnte, kann ich nur aus derer Sicht sagen: es ist nicht so wie hier beschrieben. Natürlich ist bei den Verträgen nicht alles Gold was glänzt, das habe ich selbst festgestellt, aber jeder Mensch kann frei entscheiden ob er diesen unterschreibt oder es lässt. Für viele ausländische Crewmitglieder ist es der größte Gewinn dort zu arbeiten, da sie mehr verdienen als in ihren Heimatländern und damit ihre Familien ernähren können. Die Arbeitsbedingungen sind auf dem Schiff für diese Crewmitglieder zum Teil besser als in ihrer Heimat. Hier von Ausbeutung zu reden ist eine steile These die durch gute Recherche und Beispiele bitte belegt werden sollte und nicht einfach als Behauptung einfach in den Raum geschmissen werden sollte.
Reedereien wollen immer an jedem Gast etwas verdienen....das steht doch außer Frage?! Deshalb frage ich mich warum Meyer-Hentrich gerade dieses Thema so sehr beschäftigt. Welche Firma will denn nich mit ihrer Arbeit Geld verdienen?!
Wie an Bord mit Nahrungsmitteln umgegangen wird, ist ein Thema was er ebenfalls beleuchtet. Nur muss ich gestehen, mir ein wenig zu lasch. Was ich dort an Bord erlebt habe hat mich zu tiefst getroffen. Ja, es werden Tonnen von z.T. unverbrauchten Lebensmitteln vernichtet, dabei die Umwelt belastet....da fällt einem nichts mehr zu ein.
Ein ebenso wichtiges Thema was recht lau behandelt wurde ist das Thema Sicherheit an Bord. Sich auf eine Kreuzfahrt einzulassen bedeutet auch dem anderen, in diesem Fall der Crew, sein Leben anzuvertrauen. Die Crew soll im Notfall uns bei einer Rettung helfen, unterstützen uns Sicherheit geben. Auch hier gibt es in der Praxis sehr große Defizite die leider in diesem Buch nur in 12 Seiten behandelt werden und dann auch nur mit Katastrophen besprochen werden. Wichtiger wäre hier zu erwähnen wie die Crew ausgebildet wird, was für eine ständige und stetige Sicherheit an Bord getan wird und noch so viel mehr.
Andere Kapitel die sich mit Umwelt und Zerstörung der Natur beschäftigen treffen natürlich gerade jetzt den aktuellen Nerv der Leser - ABER....wir dürfen nicht vergessen das nicht nur Kreuzfahrtschiffe die Umwelt belasten sondern auch Frachter, Bulker etc.. Wir dürfen alle nicht vergessen wie unsere geliebten Südfrüchte zu uns in den Supermarkt kommen oder das Kinderspielzeug in den Handel das in China etc. produziert wurde. Auch diese und noch andere Waren werden per Schiff transportiert! Auch da wird genügend Schadstoffe in die Luft gepustet. Hier sollte eher mal die Forschung mehr angetrieben werden sich darum zu kümmern, eine umweltfreundlichere Lösung auf den Weg zu bringen. LNG ist ein wichtiger Schritt aber eben noch keine Wundermittel.
Ich bin sehr gespalten bei diesem Buch und auch zu diesem Thema. Auch wenn ich eine Zeit lang mein Geld mit dieser Branche verdient habe, würde ich heute nicht ohne weiteres eine Kreuzfahrt buchen. Da liegt einfach zu viel im argen. Vieles hat Wolfgang Meyer-Hentrich angesprochen wo ich definitiv zustimme aber viele Dinge sind aus der Luft gegriffen, zu spitz beschrieben oder einfach nur Quatsch. Das wichtigste was er nämlich nicht anspricht bzw. nicht intensiv beleuchtet ist der eigentlich Preis für solche Reisen und dessen Nachfrage! Ein Beispiel: sie bezahlen für eine Woche Mittelmeer pro Person 390.-€ inklusive Flug. Sie fliegen zu ihrem Hafen, besteigen ein Schiff auf dem sie eine Woche, z.T. All-inclusive, „leben“, sind mit ca. 2000 anderen Passagieren an Bord zzgl. Crew, besichtigen Städte/Inseln etc. Und wollen sich dabei sicher, zufrieden und wohl fühlen? Bestimmt....
„You get, what you pay for“ ein Spruch der hier passt. Solange Reedereien solche Reisen zu diesen Preisen und verschiedenen Reisezielen anbieten werden sie gebucht, solange Reedereien Reisen in die entferntesten Winkel dieses Planeten anbieten und diese bezahlbar sind, werden sie gebucht. Da stört es keinen der Passagiere wie die Crew behandelt wird, was mit der Umwelt passiert oder ob in China der bekannte Sack Reis umfällt. Sie werden nach wie vor alle reisen und auch Kreuzfahrten unternehmen. Der Preis macht die Musik und auch der Blick und der Umgang mit unserer Natur und deren Umwelt. Wenn wir wirklich alle so „Friday for Future“ wären wir wir alle tun und angeben, würden wir dieses Sparte recht schnell verlassen...denken Sie mal darüber nach!
Wie bereits gesagt, ich bin bei diesem sehr hin und her gerissen was eine Leseempfehlung betrifft. Hier sollte sich jeder selbst ein Bild machen. Ich bleibe hier neutral.