Cover-Bild Parzival I und II
Band 7 der Reihe "DKV Taschenbuch"
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35,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Deutscher Klassiker Verlag
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Literatur: Geschichte und Kritik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 1838
  • Ersterscheinung: 27.02.2006
  • ISBN: 9783618680079
Wolfram von Eschenbach

Parzival I und II

Eberhard Nellmann (Herausgeber), Karl Lachmanns (Herausgeber), Dieter Kühn (Übersetzer)

Wolframs Parzival ist einer der wichtigsten epischen Texte des deutschen Hochmittelalters. Gegenüber den romanischen Vorlagen und früheren deutschsprachigen Werken ist die Darstellung der ritterlichen Gesellschaft tiefgreifend verändert. Neu ist auch die Ebene des Erzählers, der souverän und mit überlegenem Humor die Fäden in der Hand hält, kommentierend und wertend eingreift, Beziehungen herstellt, Gegenwart und zeitgenössische Literatur mit einbezieht und das Publikum am Erzählvorgang beteiligt.
Auf der Grundlage der Parzival -Edition von Karl Lachmann, aber mit neuen, überzeugenderen Lesarten, bietet diese Ausgabe den besten erreichbaren Text. Der Kommentar führt in die Lebenswirklichkeit des Mittelalters, in Wolframs literarische Tradition, in Vorlagen und Quellen, in das Beziehungsgeflecht innerhalb des Romans, in Wolframs Sprachwelt mit ihren Neuschöpfungen und in die Verschiedenheit der Deutungsansätze.
Die vollständige und parallel zum mittelhochdeutschen Original gebotene Übertragung durch Dieter Kühn betont die zeitlose Modernität dieser Dichtung.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2020

Ein komplexer Artusroman

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Inhalt: Parzival und seine Mutter Herzeloyde leben fernab der Ritterwelt in der Waldeinöde, da Herzeloyde nicht möchte, dass Parzival das Schicksal seines Vaters ereilt. Doch als Parzival zufällig einer ...

Inhalt: Parzival und seine Mutter Herzeloyde leben fernab der Ritterwelt in der Waldeinöde, da Herzeloyde nicht möchte, dass Parzival das Schicksal seines Vaters ereilt. Doch als Parzival zufällig einer Gruppe von Rittern begegnet, ist es um ihn geschehen: Sie zunächst für himmlische Wesen haltend, erwächst in ihm der Wunsch, selbst in die Welt auszuziehen und Ritter zu werden. Höfische Tugenden sind dem isoliert aufgewachsenen Parzival fern, sodass sein Weg in die Artusgesellschaft und (später) in die Gralsgemeinschaft steinig wird.


Persönliche Meinung: Der „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach ist ein komplexer mittelhochdeutscher Versroman. Dies liegt einerseits daran, dass er anders als andere Versromane („Iwein“ oder „Erec“) nicht nur einen Ritter-Protagonisten besitzt, sondern neben dem titelgebenden Parzival noch zwei weitere: 1. Gahmuret, den Vater Parzivals, durch den die Herkunft Parzivals erzählt wird; 2. Gawan, der Höfischste aller Artusritter, dessen Handlungsbogen in seiner Breite mit dem von Parzivals vergleichbar ist und der (in Abgrenzung zu Parzival) keinen religiösen, sondern einen weltlichen Weg geht. Andererseits bricht „Parzival“ mit zeitgenössischen Erzählmustern. Als Strukturmerkmal des höfischen Artusromans wird in der germanistischen Forschung häufig der Doppelweg genannt (verkürzt gesagt: Der Ritter zieht aus, bestreitet episodische Aventiuren (=ritterliche Bewährungsproben), gewinnt so Frau und ére/Ehre, kehrt beim Artushof als scheinbar ehrenvoll ein, gerät dort aber in eine Krise und erkennt seine Verfehlungen im 1. Aventiureweg, sodass er erneut auszieht, bestreitet parallele Aventiuren und erhält so die immerwährende ére, was einem Happy End gleichkommt). „Parzival“ macht das bedingt anders: Zwar existieren einzelne Hinweise auf einen Doppelweg (episodische Aventiuren; Krise am Höhepunkt, bedingt parallele Konstruktion der beiden Wege), doch besitzt „Parzival“ kein direktes Happy End, seine Verfehlung wird nicht 100%ig deutlich, der doppelte Cursus ist komplexer und neben Parzival gesellt sich Gawan als ebenbürtiger Protagonist. Auch die Handlung ist vergleichsweise komplex: Sie ist in einem hohen Grad durchkomponiert und – was mich besonders überrascht hat – beinhaltet einzelne Aufdeckungen, die an ein modernes anachronistisches Erzählen erinnern. Man muss den „Parzival“ also mindestens zweimal lesen, um ihn in voller Gänze verstehen zu können (tatsächlich ist es so, dass man ihn, je öfter man ihn liest, umso mehr liebt). Mich hat an „Parzival“ besonders das Hervortreten des Erzählers begeistert. Dieser stellt sich in einzelnen Episoden in den Fokus und erläutert selbstbewusst, wieso er die gerade gelesene Szene so und nicht anders erzählt hat. Ich möchte in diesem Kontext nur kurz auf den Prolog eingehen, in dem der Erzähler ein recht modernes und (für das Mittelalter) progressives Selbstverständnis offenbar: Metaphernreich führt er dort aus, dass eine Geschichte nicht schwarz-weiß sein könne, sondern auch immer Grautöne vorhanden seien (was sich übrigens in den Protagonisten von „Parzival“ widerspiegelt). Die Vergleiche, die er im Prolog nennt, um diese These bildhaft zu untermauern, seien für „tumbe liute“ (salopp: für Einfältige) zu schwer. Wie diese Vergleiche werde auch seine Erzählung zwischendurch ausweichen, sich umkehren. Mit anderen Worten: hakenschlagen. Das hakenschlagende Erzählen ist im „Parzival“ Programm: Am Ende bleiben einzelne Fragen offen; es wird anachronistisch erzählt, bestimmte Handlungen erscheinen unmotiviert, bisweilen scheint die Handlung wirr, der Gawan-Parzival-Wechsel ist abrupt. Der Interpretationsspielraum ist dementsprechend groß, sodass Generationen von Germanisten am „Parzival“ herumgedeutet haben, nach Sinn suchten und ihre Deutungsansätze erklärten. Die Ausgabe vom Deutschen Klassiker Verlag umfasst zwei Bände, in der sich sowohl der mittelhochdeutsche Text als auch eine neuhochdeutsche Übersetzung finden. Der zweite Band besteht aus einem Stellenkommentar (360 Seiten!), einem Personenverzeichnis und einem kurzen wissenschaftlichen Beitrag, der in Autor, Werk, Interpretationsansätze und Rezeption einführt.

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