Wendepunkte im Leben
Meine Meinung
"Die Rückseite des Lebens" ist kein klassischer Roman, eher eine Sammlung von Beobachtungen, Gedanken und Gerichtsreportagen. Einzelne schockierende Geschichten. Was mich von Anfang an gepackt ...
Meine Meinung
"Die Rückseite des Lebens" ist kein klassischer Roman, eher eine Sammlung von Beobachtungen, Gedanken und Gerichtsreportagen. Einzelne schockierende Geschichten. Was mich von Anfang an gepackt hat, war die Art, wie Reza über Menschen schreibt. Sie schaut auf Momente, in denen etwas kippt, in denen Menschen plötzlich aus ihrem Leben fallen. Manche Geschichten gehen unter die Haut, weil sie so alltäglich anfangen und dann völlig aus dem Ruder laufen. Was mich besonders berührt hat, ist ihr Blick auf Menschen am Abgrund. Zum Beispiel eine Frau, die ihre Kinder vergiftet hat. Auch die Berichte über bekannte Persönlichkeiten vor Gericht wie Sarkozy wirken weder sensationsgierig noch verurteilend, sondern folgen einer feinen Beobachtungsgabe.Die Sprache ist einfach, aber genau.
Zwischen den einzelnen Fällen gibt es persönliche Gedanken und Erinnerungen der Autorin, was ich als positiv empfunden habe. Es lockert etwas auf und lässt die Geschichten besser verdauen.
Insgesamt fühlt sich das Buch an wie ein Mosaik aus Momenten, in denen das Leben sich verändert oder zusammenbricht. Die Texte regen zum Nachdenken an über Schuld, Zufall und wie zerbrechlich das Leben sein kann. Für mich ist das ein sehr gelungenes Buch, das ruhig und ehrlich erzählt, ohne großes Drama, aber mit viel Tiefe.
Klappentex
Seit Jahren beobachtet Yasmina Reza Strafprozesse. Es sind Geschichten, die man mit angehaltenem Atem liest. Ein Mann ermordet die vierköpfige Familie seines Schwagers und legt die Leichenteile seiner Frau zu Füßen. Eine Frau klagt wegen Vergewaltigung und schreibt dem Täter danach glühende Liebesbriefe. Lakonisch und beinahe zärtlich porträtiert Reza die Menschen. Es geht nicht um Schuld oder Unschuld, sondern um den Moment, in dem ein Leben aus der Normalität kippt. Ebenso knapp und eindrucksvoll erzählt sie von persönlichen Begegnungen mit guten Freunden oder in der Familie. Reza zeigt „die Rückseite des Lebens, in seiner Unvollkommenheit, aber auch Heiterkeit“. Ein Meisterwerk voller Tragik, Komik und Empathie. t
Über die Autorin
Yasmina Reza wurde 1957 in Paris geboren. Ihre künstlerische Laufbahn begann sie als Schauspielerin, wurde aber vor allem als meistgespielte zeitgenössische Theaterautorin, Regisseurin und Schriftstellerin bekannt. Ihr Theaterstück „Der Gott des Gemetzels“ wurde 2011 von Roman Polański mit Jodie Foster, Kate Winslet und Christoph Waltz fürs Kino verfilmt. Mit dem Roman "Eine Verzweiflung“ debütierte Yasmina Reza als Autorin. Inzwischen wurde eine ganze Reihe erfolgreicher Romane aus ihrer Feder veröffentlicht. Für ihren Roman "Babylon" wurde sie mit dem Prix Renaudot 2016 ausgezeichnet und ihre Theaterstücke wurden weltweit schon in über 30 Sprachen übersetzt.