Danzig - eine Zeitreise
Meine Mutter sagt, man muss sich um den Kehlkopf herum eine Grenzlinie ziehen: Augen und Ohren nehmen alles auf, das Gehirn verarbeitet alles, aber der Hals filtert und in die Brust rutscht nichts. Sie ...
Meine Mutter sagt, man muss sich um den Kehlkopf herum eine Grenzlinie ziehen: Augen und Ohren nehmen alles auf, das Gehirn verarbeitet alles, aber der Hals filtert und in die Brust rutscht nichts. Sie hat das in Frankreich gelernt, in ihrer Zeit im Widerstand.
60iger Jahre: Als Wanda an der Uni den resoluten Andras kennenlernt, bringt er sie dazu das Leben ihrer Mutter und deren Schwester zu hinterfragen. Auf welcher Seite haben sie während des Krieges gestanden?
20iger Jahre: Die lebenslustige, quirlige Gundi verbringt schon seit ihrer Kindheit jeden Sommer im Ostseebad Zappot bei Danzig und fühlt sich dort zuhause. Zusammen mit ihren Freunden Julius und Erik und ihrer Schwester Lori verfolgt sie nur einen großen Traum: mit ihrer Musik erfolgreich zu sein und einen großen Hit zu schreiben. Doch der Durchbruch gelingt ihnen erst mit einem "geliehenen" Lied und der Unterstützung der Nazis....
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Eine berührende Geschichte, der es leider an starken, sympathischen Charakteren mangelt.
Der Roman fängt sehr bewegend an, Wanda erinnert sich wie Matti ihr als Kind das Lebensband geschenkt hat, denn beim Spielen hat ihr das Tot-sein unheimliche Angst gemacht. Dieses Band soll sie immer daran erinnern am Leben zu sein.
Als ich diesen Auszug las, war ich schon hin und weg.
Leider ging es nicht so weiter, denn die Geschichte um die junge Gundi und ihre Freunde im Danzig der 20iger Jahre, hat mich nicht erreicht. Mir war und blieb Gundi durchweg unsympathisch. Ein sehr schwacher, oberflächlicher Charakter. Selbstbezogen kreist alles immer nur um sie, die Gefühle anderer, incl. ihrer Schwester und ihres Ehemannes sind ihr vollkommen egal. Bis zum Ende hin wächst sie nicht an der Situation und macht keine wirkliche Entwicklung durch. Ich hätte Gundi lieber beim erkennen und wachsen zugeschaut, grade weil ihre Situation zunehmend pikanter wird. Das hätte grosses Potential gehabt.
Aber auch Julius, Erik und Lore blieben viel zu blass und oberflächlich, so dass ich im Endeffekt zu keiner Person einen Zugang bekam. Sehr schade, denn das Thema an sich war sehr spannend und interessant und trotzdem ich habe mich durch den Mittelteil gequält und daran konnte dann auch der fulminante und wirklich gelungene Schluss nur noch wenig ändern.
Dabei ist der Schreibstil von Charlotte Roth eigentlich sehr angenehm und mir gefiel vor allem der Danziger Dialekt.
Die Geschichte wirkt durchaus authentisch und wenn mich jetzt noch die Charaktere berührt hätten, hätte es ein absolutes Highlight sein können.