Sehr einfühlsam
"Kaltblütig" von Truman Capote ist für mich eine Wiederbegegnung nach fast 50 Jahren. Ich hatte es als atemraubend spannend in Erinnerung, etwas Unerhörtes und nie Gelesenes. Dieser Eindruck hat sich, ...
"Kaltblütig" von Truman Capote ist für mich eine Wiederbegegnung nach fast 50 Jahren. Ich hatte es als atemraubend spannend in Erinnerung, etwas Unerhörtes und nie Gelesenes. Dieser Eindruck hat sich, angesichts der heutigen Bücher, abgeschwächt, aber das Buch hat sein Format, seine Klasse behalten.
Capote berichtet über ein wahres Verbrechen, bei dem uns als Leser, die Opfer und Täter bekannt sind. Ja, wir begleiten sogar die Täter, sind bei ihrer Tat hautnah dabei, obwohl das Buch nie ins reißerische abdriftet.
Truman befragt nach der Tat Nachbarn, Freunde, Polizisten, Juristen und begleitet auch die Täter bis zum Schluss und spricht sehr viel mit ihnen. So entsteht ein umfassendes Bild über die Auslöschung fast einer kompletten Familie. Truman behält eine Distanz bei, die beim lesen guttut, er ist Berichterstatter, kein Richter.
Mir gefällt diese Art des Erzählens, der Autor schafft es, dass man sich den Menschen nahe fühlt, dass man den kleinen Ort fast vor Augen sieht, er hat sehr feine Beschreibungen.
Auch mit den Tätern führt der Autor lange Gespräche, sie werden als Menschen beschrieben, nicht als Monster, obwohl die Taten natürlich trotzdem unbegreifbar bleiben.
Das Buch ist keine langweilige Recherche, es ist durchweg spannend geschrieben, ein absolut empfehlenswerter Klassiker.