Absolut empfehlenswertes Erstlingswerk
Das Lesen eines Erstlingswerkes ist immer ein wenig wie eine Wanderung durch neues Gebiet. Wenn man anfängt, weiß man nicht, ob einen öde, langweilige Landstriche oder ein abenteuerlicher Dschungel erwartet. ...
Das Lesen eines Erstlingswerkes ist immer ein wenig wie eine Wanderung durch neues Gebiet. Wenn man anfängt, weiß man nicht, ob einen öde, langweilige Landstriche oder ein abenteuerlicher Dschungel erwartet. Adrian Zeyher ist mit Schikane ein blühendes, lebendiges Meisterwerk gelungen, welches man ungern wieder verlässt. Wie bei einer Wanderung läuft man einfach los, ohne zu wissen, wo man ist, was man erlebt. Doch je mehr sich der Schleier lichtet, desto gefangener ist man in der Geschichte.
Leonard Kaczmarek ist ein ganz besonderer Kommissar. Nicht exzentrisch, eigenbrötlerisch oder extrem egoman, wie man es oft in anderen Büchern erlebt, sondern eher Typ Opfer. Leonard kämpft Zeit seines Lebens mit Mobbing und den Auswirkungen davon. Auch jetzt, bei der Polizei, ist er den Schikanen eines Kollegen ausgesetzt. Daher freut es ihn umso mehr, als sein Freund aus Jugendtagen sich in sein Revier versetzen lässt. Der erste gemeinsame Fall ist auch sogleich der Mord an einem Jugendlichen, welcher bekannt dafür war, seine Opfer zu schikanieren. Ein möglicher Täter, das Lieblingsopfer des Ermordeten, ist schnell gefunden. Doch ist der Fall wirklich so schnell gelöst?
Mit Leonard Kaczmarek ist Adrian Zeyher eine ganz besondere Figur gelungen. Er wirkt auf den ersten Blick unglaublich unscheinbar und geradezu langweilig und man möchte ihn so oft schütteln, damit er sich nicht ständig selbst im Wege steht. Er ist das perfekte Sinnbild dafür, was Mobbing in der Schule aus einem macht. Dass man es eben nicht später einfach ad acta legen kann, wenn man gerade in der prägenden Zeit des Lebens gelernt hat, wie gemein andere Menschen sein können. Seine Freunde aus der Schulzeit, die Brüder Viktor und Ragan, von denen einer im Gefängnis sitzt, sind das genaue Gegenteil und gerade diese beiden extremen Pole machen die Freundschaft und auch das Buch für die Leser spannend. Man verzeiht gerade Viktor vieles, was man anderen nicht verzeihen würde, eben weil er so gut zu Leo ist. Die psychologische Komponente gibt dem Buch eine ungeahnte Tiefe, ohne jemals belehrend zu wirken. Man kann sich drauf einlassen, muss es aber nicht.
Nicht nur die Protagonisten, auch die Story selbst ist nicht zu verachten. Ein packender Schreibstil gepaart mit einem hohen Spannungsbogen voller unerwarteter Wendungen sorgt dafür, dass man den Thriller nicht aus der Hand legen kann.
Ich bin von diesem Buch absolut überzeugt und begeistert und kann es nur empfehlen. Dem Autoren wünsche ich alles Gute und hoffe, bald wieder ein Werk von ihm in Händen halten zu können.