Das war wohl nichts...
Dieses Buch hat sich für mich beim Lesen so angefühlt, als ob man sich in einem einen freien Fall befindet: Die ersten paar Meter haben sich neu und aufregend angefühlt, bis man in der Hälfte des Falls ...
Dieses Buch hat sich für mich beim Lesen so angefühlt, als ob man sich in einem einen freien Fall befindet: Die ersten paar Meter haben sich neu und aufregend angefühlt, bis man in der Hälfte des Falls merkt, dass man den Fallschirm vergessen hat und am Schluss schliesslich ungebremst auf dem Boden aufprallt. Was ich damit meine, möchte ich im Folgenden natürlich genauer erläutern.
Auf das Buch habe ich mich sehr gefreut, weil ich endlich mal wieder eine Dystopie lesen konnte. Die Prämisse des Buches war typisch für das Genre, hat mich aber trotzdem neugierig gemacht: Es geht um eine junge Protagonistin, die in einer dystopischen Zukunft lebt. Das Worldbuilding sieht so aus, dass alle Menschen in Klassen zwischen I - VI eingeteilt werden, bis auf die Hart-Familie, die als einzige eine VII sein dürfen. Kurz vor dem 18. Geburtstag müssen die Menschen eine Prüfung absolvieren, durch die sie in eine der Klassen eingeteilt werden. Je höher man hier eingestuft wird, desto bessere Positionen sind einem möglich. Leider vergeigt Kitty ihre Prüfung, weil sie nicht lesen kann und wird in eine niedrige Klasse eingeteilt. Ihre Hoffnung liegt nun darauf, dass ihr fester Freund Benjy besser als sie abschneidet und sie ihn schliesslich heiraten kann. (Randnotiz: Warum hat man sich im Deutschen für diese merkwürdige Schreibweise entschieden, statt für 'Benji' wie im englischen Original?). Mehr oder weniger durch Zufall wird sie plötzlich von Daxton Hart aufgesucht, der ihr das Angebot macht, in die höchste Klasse aufzusteigen, wenn sie einwilligt, sich als seine Nichte Lila auszugeben, die vor kurzem verstorben ist, was die Öffentlichkeit allerdings nicht weiss. Kitty bleibt nichts anderes übrig, als dieses Angebot einzugehen, um ein besseres Leben führen zu können.
Dieser Einstieg fand ich sehr interessant und vielversprechend und das Worldbuilding hat mich neugierig gemacht. Doch nachdem Kitty bei den Harts ankommt und zu Lila gemacht wird, verliert die Story leider an Spannung. Kitty verbringt die meiste Zeit nur im Anwesen der Harts und lernt die verschiedenen Familienmitglieder kennen, die alle ein Geheimnis haben und ihre ganz eigenen Pläne verfolgen. Je mehr Kitty alias Lila darüber erfährt, desto gefährlicher wird die Situation für sie.
Das Erzähltempo ist sehr schnell und eher Handlungsgetrieben, so dass nicht wirklich auf das Innenleben der einzelnen Charaktere eingegangen wird, was leider dazu führt, dass es allen Charakteren an Tiefgang fehlt. Das macht ihre Handlungen teilweise sehr willkürlich und für mich unverständlich, gerade weil die Autorin in der zweiten Hälfte ständig mit neuen Plot Twists um die Ecke kommt, die für mich nicht immer Sinn ergeben haben. Diese Enthüllungen haben leider nicht dazu geführt, dass die Geschichte spannender geworden wäre, es war eher so, dass sie dadurch immer unglaubwürdiger geworden ist. Ich konnte die Beweggründe der angeblichen "Bösewichte" nicht nachvollziehen, ebenso wenig wie ihr Motiv. Es war so, als hätte es einfach Antagonisten gebraucht - Punkt. Statt einer stringenten Geschichte, die sich nach und nach entwickelt und in einem spannenden Showdown endet, werden immer wieder neue Dinge eingeworfen, die aber dann nicht näher beleuchtet werden. Die Reihe heisst "Blackcoat Rebellion" - es geht also um eine Gruppierung von Rebellen, die im Buch aber nur am Rande erwähnt wird. Mir war überhaupt nicht klar, welche Rolle sie in diesem Worldbuilding eingenommen haben und welche Ziele sie verfolgt haben. Aber das war mir bei den "Bösen" auch nicht klar.
Hier wäre weniger definitiv mehr gewesen. So sehr ich überraschende Plot Twists auch schätze, hier folgt eine überraschende Enthüllung auf die andere, was mich zunehmend verwirrt hat und in dieser Menge einfach nur noch unglaubwürdig war. Einen roten Faden habe ich der zweiten Hälfte komplett aus den Augen verloren. Damit hat die Autorin letztendlich eine eigentlich interessante Idee mit ihrem seltsamen Storytelling komplett zunichtegemacht. Im letzten Viertel hat mich die Geschichte dann komplett verloren und ich habe die letzten Kapitel nur noch quergelesen.
Fazit:
"Das Los der Drei" war ein anfangs vielversprechender Reihenauftakt, der sich dann durch etliche Plot Twists leider zu einer verwirrenden Handlung entwickelt. Die Charaktere bleiben ohne Tiefgang und es war für mich schwierig nachzuvollziehen, was die Motive hinter dem Verhalten der meisten Personen war. Vieles wurde nur angeschnitten, aber nicht weiter thematisiert, wodurch das Potenzial des Worldbuildings leider nicht wirklich genutzt wurde. Ein guter Anfang, der in einem desaströsen Abschluss endet und mich eher verwirrt, als begeistert zurückgelassen hat. Ich kann deshalb nur zwei Sterne vergeben und werde die Reihe auch nicht mehr weiterverfolgen.