Ein sehr gutes Buch.
Wie kann man sich ein Buch vorstellen, das in drei verschiedenen Jahrzehnten spielt? Ein Buch, mit drei verschiedenen Protagonisten und drei Fluchtgeschichten? Wie wird so ein Buch erzählt? Das habe ich ...
Wie kann man sich ein Buch vorstellen, das in drei verschiedenen Jahrzehnten spielt? Ein Buch, mit drei verschiedenen Protagonisten und drei Fluchtgeschichten? Wie wird so ein Buch erzählt? Das habe ich mich jedenfalls gefragt und mir vorgestellt, dass sie vielleicht nacheinander in chronologischer Reihenfolge erzählt werden würden. Dadurch kam natürlich auch die Frage auf, ob es nicht wie eine Sammlung Kurzgeschichten rüber käme. Doch all meine Vermutungen erwiesen sich als vollkommen falsch. In diesem Buch werden die drei Geschichten, so viel Zeit auch zwischen den Charakteren liegt, gleichzeitig erzählt und finden im Verlauf immer wieder kleine Überschneidungen und Berührungspunkte, die die einzelnen Geschichten miteinander verknüpfen können. So fängt das Buch zwar aus Josefs Sicht an, wechselt im zweiten Kapitel aber schon zu Isabel und im dritten zu Mahmoud. So geht es das gesamte Buch weiter, immer in gleicher Reihenfolge. Da habe ich mich zwischendurch richtig geärgert, wenn es an einer besonders gemeinen Stelle endete und musste mich gerade Anfangs erst daran gewöhnen, dass mit jedem Kapitel ein völlig anderes Geschehen in anderer Zeit und an anderen Orten gezeigt wird. Gleichzeitig macht gerade dieser Wechsel das Buch zu etwas besonderem und lässt es zu einem sehr guten Buch werden. Es ist einfach nur faszinierend wie die einzelnen Schicksale sich berühren, obwohl so viele Jahre dazwischen liegen. Alles ist miteinander verbunden. Wie berühren mehr Leben als wir glauben.
Dieses Buch war einfach gut und konnte mich im Verlauf wirklich von sich überzeugen. Die Geschichten selbst sind natürlich alles andere als schön und werden auch nicht beschönigt, aber immer noch passend für die empfohlene Altersgruppe rüber gebracht. Dennoch ist es wirklich gut geschrieben und kann die Schicksale der drei Protagonisten glaubwürdig und gut rüberbringen. Man hat das Gefühl, als bekäme man tatsächlich einen Einblick in die Situationen, wenn auch in abgeschwächter Form. Denn ich bilde mir nicht ein, dass ich dadurch sehe, wie es in der Realität aussieht.
Es sind traurige Geschichten. Tragisch, gemein und ungerecht. Man fragt sich, warum das alles so sein musste, sein muss? Warum sind Menschen so? Die Aussichtslosigkeit kommt hier auf jeden Fall rüber, aber auch die Hoffnung kann man spüren. Denn Hoffnung haben sie alle gemeinsam. Allgemein hat das Buch meiner Meinung nach viele Emotionen rüberbringen können, leider auch viel Traurigkeit und Wut, denn es ist nun mal kein schönes Erlebnis. Aber für mich ist ein Buch, das Emotionen transportieren und auslösen kann, das einen berühren und sogar zum Weinen bringen kann, ein gutes Buch ist. Es zeigt doch, dass es etwas in einem anspricht, dass einem etwas nicht ganz gleichgültig ist und es einem nah geht. Dass es bewegt.
Diese Geschichten bedeuten etwas. Und sie sollten gelesen werden. Man muss sie sehen. Hören. Wenn man immer alles ignoriert, kann sich ja auch nichts ändern, oder?
Übrigens kann ich auch das Nachwort des Autors empfehlen zu lesen. Er erzählt noch ein bisschen was zu dem Buch, zu den Figuren. Denn an sich sind die Charaktere zwar frei erfunden, aber es gibt eben auch welche, die real existiert haben und andere, die reale Vorbilder hatten. Auch erfährt man noch zu den allgemeinen Geschehnissen Dinge, die wieder einen ganz neuen Blick auf das Buch geben und auch sehr interessant sind.