Neues Meisterwerk des schwedischen Starautoren Alex Schulman
Harriet reist mit ihrem Vater im Zug nach Malma. Oscar reist nach Malma. Und Yana fährt nach Malma mit dem Zug. Dann wird klar, dass es sich um unterschiedliche Zugfahrten zu unterschiedlichen Zeiten handelt, ...
Harriet reist mit ihrem Vater im Zug nach Malma. Oscar reist nach Malma. Und Yana fährt nach Malma mit dem Zug. Dann wird klar, dass es sich um unterschiedliche Zugfahrten zu unterschiedlichen Zeiten handelt, die Protagonisten der Reise jedoch auf tragische, schmerzhaft klebende Weise miteinander und mit Malma verbunden sind. Über drei Generationen stellt Alex Schulman im Rahmen der Zugfahrten nach Malma eine verstrickte Familiengeschichte dar, die ihm typisch die Vererbung von familiären Lasten aufzeigt. Harriet sagt über sich, sie sei „eine Gefangene der Entscheidungen, die andere für sie getroffen hätten und übertrage lediglich das Gift an die nächste Generation“. Verletzungen, Vernachlässigungen, Unterlassungen, Schweigen über Unaussprechliches, emotionale Instabilität gegenüber Kindern mäandrieren durch die Zeit, übertragen sich in die neuen Leben der Kinder und Enkel und kleben an ihren Seelen wie ein Kaugummi des Schicksals. Und immer wieder fragen sich die Eltern neu „Wann hat man ein Kind verloren?“
Ich habe dieses Buch nicht aus der Hand legen können, in einem Atemzug völlig gebannt ausgelesen und jede Seite genossen. Der Schreibstil von Alex Schulman fesselt. Die sphärischen Situationsbeschreibungen lassen mich abtauchen in ein nachvollziehbares, authentisches und emotional aktivierendes Set. Wenn es heißt, ihr Bett ist schmal wie ein Sarg ohne Deckel oder eine zum Fenster hereinfliegende Hummel verbreitet Nervosität unter den Fahrgästen oder ein Kabel bildet zwischen zwei Masten etwas wie ein Lächeln, holt mich diese Sprache wie ein Sog in das Zugabteil. Besonders beeindruckt der Autor - wie auch in den anderen Romanen - mit einer ausgeklügelten Struktur des Plots. Dieser ist in sich dicht und kompakt, so dass mich fasziniert, wie so viel Inhalt auf gut 300 Seiten passt. Gekonnt verwebt der Autor Vergangenheit und Gegenwart auf drei Zeitebenen zu einem Ende, das auflöst, erlöst, erklärt und so fulminant dasteht, dass ich bewegt nach dem letzten Satz zurückbleibe.
Schulman-Fans sollten zugreifen und wer noch keiner ist, wird mit diesem Buch einer werden.