Regt zum Nachdenken an
"Das Haus der glücklichen Mütter" verbindet die Geschichten zweier Frauen. Priya, eine Halbinderin aus Kalifornien mit liebendem Ehemann und gutem Job, wünscht sich nichts sehnlicher als ein Baby. Nach ...
"Das Haus der glücklichen Mütter" verbindet die Geschichten zweier Frauen. Priya, eine Halbinderin aus Kalifornien mit liebendem Ehemann und gutem Job, wünscht sich nichts sehnlicher als ein Baby. Nach drei Fehlgeburten und zwei fehlgeschlagenen künstlichen Befruchtungen entschließt sie sich zu einer Leihmutterschaft. Ihre Wahl fällt auf die Inderin Asha, die aus armen Verhältnissen kommt und sich deswegen gezwungen fühlt, ihren Körper über das Haus der glücklichen Mütter" zur Leihmutterschaft zur Verfügung zu stellen. Nur dadurch sieht sie die Möglichkeit, ihrem hochbegabten Sohn Manoj eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.
Leihmutterschaft ist ein kontroverses Thema, das stark polarisieren kann. Es gibt viele Befürworter - und ebenfalls viele Gegner. Beide Seiten haben gute Gründe und Argumente. Der Roman "Das Haus der glücklichen Mütter" zeichnet sich dadurch aus, dass er eine perspektivenreiche Sicht auf das Thema ermöglicht, und zahlreiche gesellschaftliche Sichten aufgreift.
Der Roman beginnt mit Priya, die zu Beginn der Handlung davon überzeugt ist, mit der Leihmutterschaft nicht nur sich selbst zu helfen, sondern auch ein gutes Werk zu tun - denn Asha erhält für ihre Leistung einen vermeintlich hohen Geldbetrag. Sie sieht sich mit zahlreichen Meinungen zu dem Thema konfrontiert. So ist ihre Mutter strikt dagegen, weil Priya dadurch eine indische Frau ausbeutet. Viele Freundinnen scheinen das Thema nicht ernst zu nehmen und loben Priya für die Entscheidung, da sie so nicht zunehmen wird und ihre Figur behält. Während letzteres nie ein Thema für Priya war, erhält sie im Laufe der Handlung eine realistischere Einschätzung dazu, was Frauen zur Leihmutterschaft bewegt. Sie sieht außerdem, welchem Druck die Frauen seitens der Klinik ausgesetzt sind, und wie sie überwacht und manipuliert werden. Obwohl das Buch keine Information darüber gibt, ob Priya eine erneute Leihmutterschaft in Betracht ziehen würde, fällt deutlich auf, dass sich ihre Einstellung vom Blauäugigen ins Realistischere verlagert.
In Priyas Geschichte wird gleichermaßen auf ihr Leiden eingegangen. Die Autorin stellt mit vielen Details und vielen Gefühlen sehr überzeugend dar, welche Sorgen mit der Leihmutterschaft für Priya verbunden sind und wie hilflos sie sich fühlt - und wie wenig diese Sorgen vom Umfeld ernst genommen werden.
Ashas Geschichte ist noch faszinierender - und gerade ihre Kapitel haben mich sehr stark zum Nachdenken angeregt. Asha entscheidet sich nicht freiwillig dazu, ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Vielmehr wird sie von ihrem Umfeld, besonders ihrer Schwägerin, ihrem Schwager und ihrer Schwiegermutter dazu gedrängt, um das Familieneinkommen aufzubessern. Ihr innerer Konflikt zeigt sich durchweg im Buch. Auch über ihre Leidensgenossinnen werden zahlreiche Geschichten bekannt, die vermuten lassen, dass solche Entscheidungen in den seltensten Fällen freiwillig getroffen werden. Die Autorin beleuchtet die Schattenseiten der Schwangerschaft, die Veränderung des Körpers, möglicher Lebensgefahr und die damit verbundenen Gefühle - aber auch Ashas große Sorge vor dem Moment, das fremde Baby den richtigen Eltern übergeben zu müssen. Unheimlich spannend - aber gleichermaßen empörend - sind auch die Versuche die Leiterin der Klinik, Asha zu manipulieren und zu erpressen (mit Empfehlungsschreiben an teure Schulen für ihren Sohn), um sie zu positiven Aussagen und vielleicht zur erneuten Leihmutterschaft zu bewegen.
Der Roman greift ein ernstes Thema auf, spiegelt allerlei Perspektiven dazu wieder, ist aber flüssig, leicht und unterhaltsam zu lesen. Dennoch klärt er aus vielerlei Sichten über Chancen und Schattenseiten einer Leihmutterschaft auf. Ich würde den Roman jederzeit weiterempfehlen.