Berührend
Lange schon ist Andrea Sawatzki eine meiner deutschen Lieblingsschauspielerinnen. Dass sie sehr amüsant schreiben kann, ist mir spätestens bei ihrer Buchreihe um die Familie Bundschuh aufgefallen. Wobei ...
Lange schon ist Andrea Sawatzki eine meiner deutschen Lieblingsschauspielerinnen. Dass sie sehr amüsant schreiben kann, ist mir spätestens bei ihrer Buchreihe um die Familie Bundschuh aufgefallen. Wobei ich da zugegebenermaßen die Verfilmungen (mit ihr in der Hauptrolle) etwas bevorzugt habe, was daran liegt, dass ich nicht ein ganz so großer Fan des Romangenres ‚humorvolle Familiengeschichten‘ bin.
In einem Interview mit der Schauspielerin ist mir ihr neuer autofiktionaler Roman „Brunnenstraße“ aufgefallen. Der eher unauffällige Titel lässt nicht erahnen, was für eine schwierige Kindheit und Jugend Andrea Sawatzki hatte. Bis etwa zu ihrem 8. Lebensjahr verlebt sie zusammen mit ihrer Mutter eine unbeschwerte Kindheit, auch wenn in den 60er-Jahren eine alleinerziehende Mutter doch eher ungewöhnlich war. Der Vater, der eine andere Familie hat, taucht selten auf und ist der kleinen Andrea fremd.
Nach dem Tod seiner ersten Frau soll sich das ändern. Der Journalist Günther Sawatzki möchte endlich mit seiner Geliebten und seiner Tochter zusammenziehen. Bald schon stellt sich heraus, dass das Zusammenleben nicht so harmonisch ist, wie es sich Andrea und ihre Mutter erhofft haben, denn Günther Sawatzki ist an Alzheimer erkrankt. Schleichend wird die Krankheit immer schlimmer und die beiden Frauen müssen sich alleine um den Erkrankten kümmern, der mit seinen Launen und seinem Jähzorn Andrea und ihre Mutter an ihre Grenzen bringt.
Andrea Sawatzki erzählt in einem Interview, dass sie viele Jahre und Anläufe brauchte, um über diesen Teil ihrer Kindheit zu schreiben und die richtigen Worte zu finden. Mich hat sehr bewegt, wie sie geschafft hat, schonungslos und ehrlich ein so persönliches Buch über diese schlimme Zeit und ihre Gefühle zu schreiben und ihr Ton dennoch nie anklagend war. Als Hörbuch hat man noch den Bonus, dass die Autorin selbst liest.