Intelligent und toll geschrieben
Das Buch beginnt mit einem Prolog, in welchem eine der Hauptpersonen, Elizabeth Holland, beerdigt wird. Wir beginnen eigentlich am Ende der Geschichte und von Anfang an fragt man sich: Ist sie wirklich ...
Das Buch beginnt mit einem Prolog, in welchem eine der Hauptpersonen, Elizabeth Holland, beerdigt wird. Wir beginnen eigentlich am Ende der Geschichte und von Anfang an fragt man sich: Ist sie wirklich tot? Und wenn ja, wieso? Dass die beste Freundin der Verstorbenen überhaupt nicht unglücklich wirkt und ihre kleine Schwester sogar heimlich lächelt, sorgt dabei natürlich für noch mehr Verwirrung.
Die eigentliche Geschichte beginnt dann einen Monat vor den Ereignissen des Prologs. Vor jedem Kapitel steht entweder ein Brief eines Charakters an einen anderen, ein Ausschnitt aus der Zeitung, oder ein anderes, für dieses Kapitel wichtiges, Druckerzeugnis. Die Kapitel werden dabei jedes Mal aus der Perspektive eines anderen Charakters erzählt. Erzähler sind dabei Elizabeth, ihre Schwester Diana, ihre beste Freundin Penelope, ihr Verlobter Henry und ihr Dienstmädchen Lina. Durch den Blick von jedem dieser Charaktere bekommt man als Leser immer mehr das gesamte Bild, wie bei einem Puzzle, welches sich nach und nach zusammenfügt. Und mit jedem Kapitel steuert man mehr auf die Katastrophe zu.
Die Geschichte steckt voller Intrigen, Verrat, Eifersucht und Romantik. Es ist jedoch schwer, eine Zusammenfassung davon zu machen, ohne nicht zu viel zu verraten. Daher nur so viel: Elizabeth und Diana Holland sind die Töchter einer alten Adelsfamilie in New York 1899. Die ältere Elizabeth scheint nach außen hin die perfekte Verkörperung des alten Adels zu sein, heimlich führt sie jedoch eine Beziehung mit dem Kutscher der Familie, Will. Ihre jüngere Schwester dagegen hasst ihr privilegiertes Leben und stiehlt sich heimlich Küsse von Künstlern. Die Familie hat, nach dem Tod des Vaters, finanzielle Schwierigkeiten, weshalb Elizabeth gezwungen ist, den reichen Henry zu heiraten. Doch in den ist nicht nur ihre beste Freundin Penelope verliebt…
Mich hat das Buch mehrfach in die Irre geführt und immer wieder meine Erwartungen untergraben. Bis zum Ende, welches man ja eigentlich von Anfang an kannte, war ich mir nicht sicher, was nun wirklich passieren würde. Die Geschichte hat mir insgesamt sehr gut gefallen!
Die Charakterisierung der Personen in diesem Buch war phänomenal! Ganz besonders Elizabeth wurde von der Autorin großartig dargestellt. Sie ist die typische Protagonistin, in die sich der Leser hineinversetzen soll: Eine weiße Wand, mit so wenig eigenen Charakterzügen, wie nur möglich. Elizabeth selbst ist freundlich, zuvorkommend, auf das Wohl ihrer Familie bedacht, dabei aber auch klassenbewusst (was definitiv kein Kompliment ist…). Diese Eigenschaften zeigen sich aber nur selten. Meistens ist sie eben die Projektionsfläche für den Leser. Nun ist es aber normalerweise so, dass genau dieser Charakter von den meisten anderen Charakteren geliebt wird. Elizabeth wird zwar nach außen hin von allen vergöttert, sieht man jedoch genauer hin, kann eigentlich keiner sie lieben oder hassen. Und warum? Genau deshalb, weil sie eine weiße Wand und langweilig ist.
Schaut man sich dagegen die anderen Protagonisten an, so sind diese allesamt großartige Charaktere. Man versteht immer, wieso sie so handeln, wie sie es tun. Alle haben klare Eigenschaften und darunter auch eine Menge negativer – es handelt sich um eine sehr dekadente Gesellschaft – und sie handeln entsprechend dieser. Es gibt keinen Moment in welchem ein Charakter dumm handelt, um die Handlung voranzubringen, oder plötzlich andere Eigenschaften aufweist, als zuvor.
Natürlich gibt es auch charakterliche Entwicklung, besonders bei Henry. Diese steht zwar nicht im Fokus des Buches, ist aber dennoch besonders gut dargestellt. Auch die Nebencharaktere sind gut geschrieben.
Am Anfang des Buches kann es einem kurzzeitig so vorkommen, als ob man sich nie unter den vielen Charakteren zurecht finden könnte. Dies geht aber sehr schnell vorbei. Da jeder einzelne Charakter so klar und gut beschrieben ist, ist es gar kein Problem, sich schnell hineinzufinden.
Insgesamt ist die Charakterisierung dieses Buches eine der besten, die ich in langer Zeit gesehen habe!
Die Beschreibungen des Buches sind genauso ausschweifend, wie der dargestellte Luxus und die Feste. Ich persönlich finde, dass dies sehr gut zum Buch passt, kann aber auch verstehen, dass es Menschen gibt, die einen eher langatmigen Schreibstil nicht besonders mögen.
Insgesamt kann ich dieses intelligente Buch nur jedem weiterempfehlen, der historische Romance mag!